Zirkus zur dreizehnten Stunde
ihm direkt in die Augen, „wie kann ein Inkubus von der Liebe leben?“
Aramis stockte. Inkubus? Ein Schattenwesen. Ein Wesen, das das Leben von Frauen stahl. Er hatte von ihnen gehört. War er wirklich …
Es würde alles Sinn ergeben. Sein Verlangen nach Frauen, seine Gier. „Ich wüsste nicht, was dich das angeht.“ Seine Stimme blieb kalt. Er wusste nicht, wer sie war oder was sie hier wollte. Aber er wollte es auch nicht wissen. Ihre Aura war seltsam. Kalt und verdorben. Im Moment sehnte er sich nach der Aura von jemandem, der nicht hier war.
„Es geht mich sehr viel an.“ Vorsichtig hob sie die Hand zu seinem Kinn und strich darüber.
Eis! Sofort riss Aramis die Hand weg. „Lass mich in Ruhe“, er wollte sie zur Seite schleudern, sich seinen Weg mit Gewalt bahnen, wenn es sein musste.
Im nächsten Moment war er derjenige, der aufschrie. Er wurde an die Wand geschleudert. Seine Finger, nein, seine ganze Hand war taub. Sie steckte in einem Eisblock, der ihn an der Mauer festfror.
„Wer … bist du?“, stieß er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
„Im Moment wohl dein Untergang.“ Die Fremde lächelte, kam auf ihn zu.
„Nein“, mischte sich Mia ein. „Du … du hast gesagt …“
„Was?“ Die Frau fuhr zu ihr herum und funkelte das Zirkusmädchen an.
„Du … du hast …“, Mia schluckte. Die Freundlichkeit der Frau war wie weggeblassen, ihre Augen schimmerten und schienen so unergründlich wie das Meer selbst zu sein. „Du sagtest …“ sie raffte sich sichtlich zusammen, „dass … dass er … er würde …“ ihre Worte schienen sich zu verdrehen, kein geordnetes System mehr zu finden.
„Ach … richtig“, ein Lächeln erschien wieder auf den Lippen der Fremden. „Ich sagte, er würde alle anderen Frauen vergessen. Nicht wahr?“ Sie sah zu Aramis. „Keine Sorge, das wird er. In den Schatten wird er keine Zeit haben, an Frauen zu denken!“
Sie holte aus, ließ in ihrer Hand einen gewaltigen, spitzen Eiszapfen entstehen und warf ihn direkt auf Aramis, der völlig gelähmt war.
Schrecken fuhr ihm durch die Glieder. Kaum hatte er etwas, wofür er leben wollte, kaum hatte er erfahren, was er war, schon sollte alles zu Ende sein?
Ein Klirren war zu hören.
Das Eis zersprang!
Einen Moment war alles still. Dann landete der Fuchs mit dem Rest des Zapfens im Maul auf seinen Pfoten und knurrte die Frau an.
„Was …?“ Die Sukkubus wirkte verwirrt. „Du wagst es, dich mir in den Weg zu stellen, kleine Füchsin?“
Die Gestalt des Tieres veränderte sich. Sie wurde größer, richtete sich auf, und Lillian warf schließlich ihren Kopf zurück und schüttelte das Haar aus.
„Du wagst es mir Aramis nehmen zu wollen?“ fragte sie im Gegenzug. Ihre Augen funkelten, ihre Zähne waren wie bei einem wilden Tier gebleckt.
„Lillian.“ Aramis’ Stimme ließ offenbar wieder etwas Sanftmut zurückkehren. Ihre Blicke trafen sich. Blicke, die so unendlich viel aussagten, die so viele Gefühle transportierten, die sie nicht in Worte fassen konnten. Die Hände der beiden streckten sich entgegen, berührten sich und ein Funkeln entsprang an der Stelle.
Aramis’ triumphierte, ließ die Eisfesseln zerspringen. Seine Kraft war zurück. Das Eis hatte ihn überrascht, die Entfernung von Lillian hatte ihm die Kraft geraubt. Jetzt war alles wieder, wie es sein sollte.
Sie war zu ihm gekommen, hatte ihn gefunden. Welches eindeutigere Zeichen brauchte er noch, dass sie nur für ihn bestimmt war?
Seine Lippen verzogen sich zu einem kriegerischen Grinsen.
***
Mia stand zitternd am Ende der Gasse.
Sie hatte es gesehen, hatte diesen unendlich liebevollen Blick gesehen, die Berührung und das Knistern gespürt.
Sie würde niemals einen Weg in das Herz von Aramis finden.
Der Gedanke schnürte alles in ihr zu. Sie hatte es versucht, hatte daran geglaubt und hatte nicht aufgeben wollen. Das Angebot dieser Frau war so verlockend gewesen. Der Gedanke, dass Aramis alle Frauen außer ihr vergaß, diese Vorstellung, dass er nur noch sie bemerken würde …
Doch Aramis gehörte ihr nicht, würde niemals einer anderen Frau außer Lillian gehören. Diese Magie, dieser endlose Zauber, der zwischen den beiden herrschte. Diese unglaubliche Energie, die alles andere um sich herum einfach ausschloss, war so gewaltig, dass keine Macht jemals dagegen würde ankommen können.
Und schon gar nicht sie …
Langsam bewegte sie sich zurück, weg von einem geplatzten Traum, weg von Aramis. Nur einmal
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