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Zirkuskind

Zirkuskind

Titel: Zirkuskind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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Regenschauer ziehen vorbei. Schwere Tropfen prasseln in
den Rinnstein vor dem Fenster, aber sie sind in einem Taubenschlag, sie sind Tauben
unter dem Dachgesims. Ringsum rauscht der Regen herab. Tief in den Federn, leise
schnaufend, liegen sie da. Sein Sperma schwimmt langsam in ihr, sickert zwischen
ihren Beinen hervor.‹«
    »Ja, das ist schon
besser«, sagte Julia. Als er sie ansah, stellte er fest, daß sie ihm ihr Gesicht
zugewandt hatte und ihn anschaute; das gelbe, unstete Licht der Kerosinlampe war
nicht so gespenstisch bleich wie das Mondlicht, das in den ersten Flitterwochen
auf ihr Gesicht geschienen hatte, aber selbst dieses [297]  matte Licht ließ ihre Bereitschaft
erkennen, ihm zu vertrauen. Ihre Hochzeitsnacht, im österreichischen Winter, hatten
sie in einem dieser verschneiten Alpenstädtchen verbracht, und ihr Zug aus Wien
war so spät angekommen, daß man sie um ein Haar nicht mehr in den Gasthof gelassen
hätte, obwohl sie ein Zimmer bestellt hatten. Es mußte zwei Uhr morgens gewesen
sein, bis sie sich ausgezogen und gebadet hatten und in das Federbett gestiegen
waren, das sich, weiß wie die verschneiten Berge, wie das Mondlicht, zeitlos leuchtend,
in ihrem Fenster widerspiegelte.
    Doch in ihren zweiten
Flitterwochen war Dr. Daruwalla gefährlich nahe daran, die Stimmung zu ruinieren,
als er zu einer behutsamen Kritik Salters ansetzte. »Ich bin nicht sicher, ob es
richtig ist zu sagen, daß Sperma ›langsam‹ schwimmt«, sagte er, »und genaugenommen
ist es semen, nicht Sperma, was zwischen ihren
Beinen heraussickert.«
    »Meine Güte, Farrokh«, sagte seine Frau, »gib mir das Buch.«
    Sie hatte keinerlei
Mühe, die Stelle zu finden, die sie suchte, obwohl sie nicht eingemerkt war. Farrokh
lag auf der Seite und betrachtete sie, während sie vorlas. »›Sie ist so feucht,
bis er ihr die Kissen unter den schimmernden Bauch geschoben hat, daß er mit einer
langen köstlichen Bewegung ganz in sie eintaucht. Sie beginnen langsam. Als er nahe
daran ist zu kommen, zieht er seinen Schwanz heraus und läßt ihn abkühlen. Dann
fängt er wieder an, lenkt ihn mit einer Hand, führt ihn wie ein Seil. Sie beginnt
mit den Hüften zu rollen, kleine Schreie auszustoßen. Es ist, als würde er einer
Verrückten behilflich sein. Schließlich zieht er ihn wieder heraus. Während er wartet,
ruhig, ganz bewußt, fällt sein Blick auf Gleitmittel – ihre Gesichtscreme, Fläschchen
im Schrank. Sie lenken ihn ab. Ihre Anwesenheit ist beängstigend, wie Beweismittel
kommen sie ihm vor. Sie beginnen wieder, und diesmal hören sie nicht auf, bis sie
aufschreit und er in langen [298]  bebenden Anläufen kommt, wobei es ihm so vorkommt,
als stieße die Spitze seines Schwanzes auf Knochen.‹«
    Julia gab ihm das
Buch wieder zurück. »Du bist dran«, sagte sie. Sie lag ebenfalls auf der Seite,
betrachtete ihn, doch als er zu lesen begann, schloß sie die Augen; ihr Gesicht
auf dem Kissen sah beinahe genauso aus wie an jenem Morgen in den Alpen. St. Anton,
so hatte der Ort geheißen, und Farrokh war aufgewacht vom Stapfen der Skistiefel
auf festgepreßtem Schnee; anscheinend marschierte ein ganzes Heer von Skifahrern
durch die Stadt zum Skilift. Nur Julia und er waren nicht hier, um Ski zu fahren.
Sie waren hier, um zu ficken, dachte Farrokh, während er das schlafende Gesicht
seiner Frau betrachtete. Und so hatten sie die Woche damit verbracht, kurze Vorstöße
in die verschneiten Gassen der Stadt zu unternehmen und dann zurück in ihr Federbett
zu eilen. Am Abend stürzten sie sich nicht weniger heißhungrig auf das herzhafte
Essen als die Skifahrer. Während Farrokh vorlas und dabei Julia betrachtete, erinnerte
er sich an jeden Tag und an jede Nacht in St. Anton.
    »›Er denkt an die
Kellner im Kasino, an das Publikum im Kino, die düsteren Hotels, während sie auf
dem Bauch liegt und er sich, ungezwungen, als würde er an einem schön gedeckten
Tisch Platz nehmen, aber nicht mehr als das, in sie hineinschiebt. Sie liegen beide
auf der Seite. Er versucht, sich nicht zu bewegen. Da sind nur die kleinen, unsichtbaren
Zuckungen, wie wenn ein Fisch beinahe anbeißt.‹«
    Julia schlug die
Augen auf, als Farrokh nach einer anderen Stelle suchte.
    »Hör nicht auf«,
sagte sie.
    Dann fand Dr. Daruwalla,
wonach er suchte – eine ziemlich kurze und einfache Passage. »›Ihre Brüste sind
hart‹«, las er seiner Frau vor. »›Ihre Möse trieft.‹« Der Doktor hielt inne. »Ich
nehme an, daß es Leser gibt, die

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