Zirkuskind
sagen können: ›Welche Empfindung haben Sie denn
eigentlich in Ihrer Vagina? Ich meine, fühlt sie sich irgendwie so an wie ein Penis?‹«
Der Schauspieler hielt inne; er brachte es nicht fertig weiterzusprechen, weil er
merkte, daß der Drehbuchdialog nicht funktionierte; Farrokh ging häufig recht unbekümmert
an seine Dialoge heran.
Außerdem
hatte Mrs. Dogar zu lachen aufgehört. »Dann sind Sie also nur neugierig, habe ich
recht?« fragte sie ihn. »Was Sie reizt, ist das Absonderliche daran.«
An der
dünnen blauen Vene an Rahuls Hals bildete sich ein trüber Schweißtropfen, der rasch
zwischen ihre straffen Brüste rann. So wild hatten sie nun auch wieder nicht getanzt,
fand John D. Er konnte nur hoffen, daß jetzt der richtige Zeitpunkt war. Er packte
sie ziemlich vehement um die Taille, und sie folgte seiner Führung. Als sie den
Teil des Parketts überquerten, den Mrs. Dogars Mann – und Mr. Sethna – überblicken
konnten, [826] registrierte Dhar, daß der alte Butler das Signal verstanden hatte.
Mr. Sethna eilte aus dem Speisesaal in die Eingangshalle, während der Schauspieler
Mrs. Dogar abermals in den weniger gut einsehbaren Teil des Ballsaals wirbelte.
»Ich bin
Schauspieler«, sagte John D. zu Rahul. »Ich kann genau so sein, wie Sie mich haben
möchten… ich kann absolut alles tun, was Sie möchten. Sie brauchen mir nur ein Bild
zu malen.« (Der Schauspieler zuckte zusammen, denn auch diesen Hammer hatte er Farrokh
zu verdanken.)
»Was für
ein ausgefallenes Ansinnen!« sagte Mrs. Dogar. »Was für ein Bild soll ich Ihnen
denn malen?«
»Geben
Sie mir nur einen Anhaltspunkt, was Ihnen gefällt. Dann kann ich es tun«, erklärte
Dhar.
»Sie haben
gesagt, ich soll Ihnen ›ein Bild malen‹… ich habe es genau gehört«, sagte Mrs. Dogar.
»Ich habe
gemeint, sie sollen mir einfach sagen, was Sie mögen… welche sexuellen Vorlieben
Sie haben, meine ich«, sagte der Schauspieler.
»Ich weiß
schon, was Sie meinen, aber gesagt haben Sie ›malen‹«, entgegnete Rahul kühl.
»Waren
Sie früher nicht mal Künstler? Haben Sie nicht eine Kunstakademie besucht?« fragte
der Schauspieler. (Was zum Teufel macht bloß Mr. Sethna? überlegte Dhar. Er hatte
Angst, Rahul könnte den Braten riechen.)
»Auf der
Kunstakademie habe ich nichts gelernt«, sagte Mrs. Dogar.
Am Sicherungskasten,
gleich hinter der Eingangshalle, hatte Mr. Sethna festgestellt, daß er die Beschriftungen
der einzelnen Sicherungen nicht ohne seine Brille lesen konnte, die er in einer
Schublade in der Küche aufbewahrte. Er brauchte einen Augenblick, um zu entscheiden,
ob er alle Sicherungen ausschalten sollte.
»Wahrscheinlich
hat sich der alte Esel von einem Stromschlag [827] umlegen lassen!« sagte Dr. Daruwalla
unterdessen zu Detective Patel.
»Wir wollen
versuchen, Ruhe zu bewahren«, meinte der Polizist.
»Wenn
die Lichter nicht ausgehen, soll Dhar doch ruhig improvisieren… nachdem er das angeblich
so gut kann«, sagte Nancy.
»Ich begehre
Sie nicht etwa, weil ich sie als Kuriosität betrachte«, sagte Dhar plötzlich zu
Mrs. Dogar. »Ich weiß, daß Sie stark sind, ich halte Sie für aggressiv, und ich
glaube, Sie können sich durchsetzen.« (Das war nach Ansicht des Schauspielers der
schlimmste Teil von Dr. Daruwallas Dialog – er tappte völlig im dunkeln.) Ich möchte,
daß Sie mir sagen, was Sie mögen. Ich möchte, daß Sie mir sagen, was ich tun soll.«
»Ich möchte,
daß Sie sich mir unterwerfen«, sagte Rahul.
»Sie können
mich fesseln, wenn Sie wollen«, sagte Dhar liebenswürdig.
»Ich meine
mehr als das«, sagte Mrs. Dogar. In diesem Augenblick wurde es im Ballsaal und im
ganzen ersten Stock des Duckworth Club schlagartig dunkel. Überall ertönten erstaunte
Rufe, und die Musiker tasteten unsicher auf ihren Instrumenten herum; nach ein paar
Tönen und Schlägen verstummten sie ganz. Aus dem Speisesaal erklang ehrlich gemeinter
Applaus; aus der Küche drangen chaotische Geräusche. Dann begannen Messer, Gabeln
und Löffel ihre improvisierte Musik auf den Wassergläsern.
»Paß auf,
daß du den Champagner nicht verschüttest!« rief Mr. Bannerjee.
Das backfischhafte
Kichern stammte wahrscheinlich von Amy Sorabjee.
In der
Dunkelheit versuchte John D., Mrs. Dogar zu küssen, doch sie war schneller. Kaum
hatte sein Mund den ihren berührt, packte sie mit den Zähnen seine Unterlippe. Während
sie ihn so [828] festhielt, an der Lippe, schlug ihm ihr übertriebenes Keuchen ins
Gesicht. Ihre
Weitere Kostenlose Bücher