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Zitadelle des Wächters

Zitadelle des Wächters

Titel: Zitadelle des Wächters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas F. Monteleone
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Töp­fer­wa­ren aus Asir, Mu­sik­in­stru­men­te aus San­da, Ei­sen­holz von den Kirchow­wäl­dern und Glass­kulp­tu­ren aus dem Schla­cken­land. Die Reich­tü­mer der Welt flos­sen und wir­bel­ten wie Was­ser zwi­schen den Kais und Piers her­um, wur­den ein- und aus­ge­la­den und wech­sel­ten von ei­nem Schiff zum nächs­ten. Ques’Ryad war der Kno­ten­punkt, der Um­schlag­platz, an dem al­le Ge­gen­stän­de und al­le Men­schen schließ­lich zu­sam­men­zu­strö­men schie­nen.
    An die­sem Abend, ih­rem ers­ten Abend in die­ser Ha­fen­stadt, war Tes­sa von der Idee ge­fes­selt, den Ort zu be­sich­ti­gen. Va­ri­an be­glei­te­te sie durch die ge­wun­de­nen Stra­ßen, die lan­gen Bou­le­vards ent­lang und durch die ge­räu­mi­gen Parks und Gar­ten­an­la­gen. Die­se wur­den von den Kirchtür­men und Obe­lis­ken der Stadt um­ge­ben. Tem­pel und Mu­se­en, Mo­nu­men­te und an­de­re Ge­bäu­de von ho­hem Al­ter tauch­ten über­all auf. Die Luft war an­ge­füllt vom Sprach­ge­wirr der Men­schen al­ler nur denk­ba­ren Haut­far­ben, Grö­ßen und Glau­bens­rich­tun­gen, ver­mischt mit dem Duft von ge­rös­te­ten Nüs­sen, ge­bra­te­nem Fleisch, Blu­men und Flüs­sig­kei­ten.
    Als die Stun­de der Mit­ter­nacht kam, fühl­te sich selbst Va­ri­an von all dem er­schöpft, und er bat Tes­sa um ei­ne kur­ze Pau­se, um zwecks ei­nes wei­chen Stuhls und ei­ner wär­me­n­den Tas­se Kaf­fee mit Rum ei­ne Ta­ver­ne auf­su­chen zu kön­nen. Tes­sa lä­chel­te und stimm­te ihm zu, als Va­ri­an plötz­lich auf ei­ne be­kann­te Knei­pe zu­steu­er­te, die in ei­ner Sei­ten­stra­ße lag, ab­seits der aus­ge­tre­te­nen We­ge der Haupt­stra­ßen und Ver­kehrs­rou­ten. An der Kreu­zung von zwei klei­nen, sich win­den­den Gas­sen, um­ge­ben von meh­re­ren Ge­schäf­ten, gab es ei­ne Gast­stät­te na­mens Der Wei­ße Don­zell. Das Lo­kal war mit ei­nem großen, be­weg­li­chen Schild ge­schmückt, auf dem ei­nes die­ser wun­der­ba­ren ge­hörn­ten We­sen un­ter den Buch­sta­ben ab­ge­bil­det war.
    In­nen wa­ren auf ei­ner großen Flä­che lan­ge Ei­chen­holz­ti­sche in ge­ra­den Rei­hen auf­ge­stellt. Die Wän­de be­stan­den aus gel­ben Stei­nen, die von brau­nen Bal­ken zu­sam­men­ge­hal­ten wur­den. Dar­an hin­gen Wand­tep­pi­che und Bil­der aus al­len Län­dern und Zei­ten. Staub und Teer von den auf­wal­len­den Ta­bak­wol­ken be­deck­ten in ei­ner fei­nen Schicht den gan­zen Raum und ver­lie­hen ihm ein mil­des, be­leb­tes Flair. Auf dem Bo­den lag ei­ne Schicht Sä­ge­spä­ne, so dick wie das Moos ei­nes schat­ti­gen Wal­des. Mu­sik er­tön­te von ei­nem hoch über al­lem ge­le­ge­nen Stock­werk, wo ei­ne klei­ne Ka­pel­le auf Streich­in­stru­men­ten spiel­te. Und na­tür­lich be­fand sich dort ei­ne rie­si­ge The­ke, wo drei Bar­kee­per kei­nen Mo­ment Ru­he fan­den. Hun­der­te von Män­nern und Frau­en hiel­ten sich hier auf und tran­ken, lach­ten, rauch­ten, leb­ten eben.
    Va­ri­an und Tes­sa tra­ten ein. Bei­de tru­gen die all­ge­mein be­kann­te Kluft von Han­dels­see­fah­rern. Nie­mand brach­te ih­rem Ein­tritt über­mä­ßi­ges In­ter­es­se ent­ge­gen. Sie steu­er­ten, oh­ne von je­man­dem auf­ge­hal­ten zu wer­den, auf einen Tisch zu, ne­ben dem sich ei­ne grö­ße­re An­zahl von Men­schen auf­hielt. Die Men­ge lausch­te atem­los ei­nem großen, laut­star­ken Mann in ei­nem Man­tel aus sil­ber­grau­em Pelz.
    „Ist ja groß­ar­tig hier!“ sag­te Tes­sa. „So et­was ha­be ich noch nie zu­vor ge­se­hen.“
    Va­ri­an sah sie an. Sie war ganz au­ßer sich vor Stau­nen und Be­wun­de­rung – Be­wun­de­rung für all das Be­zau­bern­de in die­ser Welt. Tes­sa konn­te sich wie ein Kind dar­über freu­en, und Va­ri­an be­merk­te, daß er die­sen Zug an ihr be­son­ders moch­te.
    Sie be­spra­chen den gan­zen Tag in Ques’Ryad. Manch­mal muß­ten sie fast schrei­en, um die Mu­sik, die Lach­sal­ven und die Scher­ze der Leu­te am Ne­ben­tisch zu über­tö­nen. Nach ei­ner kur­z­en Wei­le fiel Va­ri­an auf, daß er der rau­hen, hoch­tö­nen­den Stim­me des al­ten Man­nes im Pelz mehr Auf­merk­sam­keit schenk­te als

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