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Zitadelle des Wächters

Zitadelle des Wächters

Titel: Zitadelle des Wächters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas F. Monteleone
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Tes­sa und ih­rer nicht en­den wol­len­den Be­geis­te­rung über Ques’Ryad.
    Va­ri­an woll­te Tes­sa nicht ver­let­zen und be­müh­te sich da­her dar­um, ihr In­ter­es­se eben­falls auf den Ne­ben­tisch zu len­ken. „Guck dir mal den an“, sag­te er und zeig­te auf den al­ten Mann.
    „Das ist viel­leicht ein Uni­kum, was?“ sag­te Tes­sa la­chend.
    Der Mann saß am jen­sei­ti­gen En­de des Ti­sches. Er trug sein Fell-Ca­pe wie ein Kö­nig sei­nen Man­tel. Ein Halb­kreis von ge­spann­ten Zu­hö­rern um­gab ihn. An­schei­nend hielt er ge­ra­de ei­ne Er­zähl­stun­de ab. Sein Ge­sicht sah, rauh und son­nen­ver­brannt wie es war, der runz­li­gen Ober­flä­che ei­ner Man­del ähn­lich. Das Haar trug den glei­chen sil­ber­grau­en Schim­mer wie sein Fell­man­tel. Er hat­te wil­de, blaue Au­gen, die ei­gent­lich auf einen jün­ge­ren Mann hin­wie­sen, als er es zu sein schi­en. Die große Ha­ken­na­se war ge­bo­gen und spitz und si­cher­lich mehr als ein­mal ge­bro­chen wor­den. Sie er­streck­te sich über ei­nem großen, vol­len Mund, der von ei­nem sau­ber ge­trimm­ten, schwarz­wei­ßen Bart um­rahmt wur­de. Der Mann hat­te ei­ne lau­te Stim­me, aber er sprach mit Be­dacht und wähl­te ge­nau die rich­ti­gen Wor­te, um die Auf­merk­sam­keit sei­ner Zu­hö­rer nicht er­lah­men zu las­sen. Er hat­te Ta­lent zum Ge­schich­ten­er­zäh­len, und er ging ganz dar­in auf.
    Ihm zur Sei­te saß ein viel jün­ge­rer und klei­ne­rer Mann, der al­le Wor­te des Al­ten mit kon­zen­trier­ter Auf­merk­sam­keit ver­folg­te. Hin und wie­der stieß der Al­te ihn an oder frag­te ihn, ob er sich an ei­ne be­stimm­te Stel­le der Ge­schich­te noch mit Ver­gnü­gen er­in­nern kön­ne, und der Klei­ne nick­te, zwin­ker­te mit den Au­gen und lach­te mit der Ver­trau­lich­keit von je­man­dem, der mit ei­nem zu­sam­men durch dick und dünn ge­gan­gen ist. Va­ri­an be­ob­ach­te­te den Klei­nen ei­ne Zeit­lang und frag­te sich, ob er ihn nicht ir­gend­wo schon ein­mal ge­se­hen hat­te, ver­such­te das Ge­sicht ei­nem Na­men oder ei­nem Ort zu­zu­ord­nen. Er war ein klein­wüch­si­ger, aber stäm­mi­ger Typ, des­sen Mus­kel­pa­ke­te von der di­cken Klei­dung nicht ver­bor­gen wer­den konn­ten. Au­gen und Haa­re wa­ren kohl­ra­ben­schwarz, die Haut glänz­te von öli­gem Schweiß. Er hat­te ein ge­win­nen­des Lä­cheln, strah­lend wei­ße Zäh­ne, ei­ne scharf ge­schnit­te­ne, ecki­ge Na­se und ein eben­sol­ches Kinn. Der Klei­ne war ein schö­ner Mann, aber in ei­ner un­fer­ti­gen, kru­den Wei­se.
    Va­ri­an be­merk­te, daß der klei­ne Ge­fähr­te zwar sehr an­ge­tan wirk­te, aber nie ein Wort sprach. Ent­we­der tat er das aus Ehr­furcht oder Re­spekt vor dem al­ten Mann, oder er war stumm.
    „… und die Mu­tan­ten mu­tie­ren im­mer noch wei­ter im Baadg­hi­zi-Tal. Vor drei Win­tern wa­ren Raim und ich dort – nicht wahr, mein klei­ner Freund? –, und wir ha­ben Kü­chen­scha­ben ge­se­hen, so groß wie ein Stie­fel. Die krab­bel­ten dort her­um, als sei­en sie der Herr die­ses Or­tes. Und das sind sie auch! Aber die Kü­chen­scha­ben sind noch nicht das Bes­te, nein, mei­ne Freun­de. Es sind die Ei­dech­sen, bei Gott, die schreck­li­chen Ei­dech­sen!“
    Ei­ner der An­we­sen­den nahm den Kö­der auf und frag­te den Al­ten nach den Ei­dech­sen. Und schon spru­del­te der Mann wie­der los.
    „Große, häß­li­che Schup­pen­din­ger! Sie ge­bä­ren und ram­meln im Tal her­um, kos­te es, was es wol­le! Bald wer­den es so vie­le sein, daß sie sich nur noch über den Rücken der an­de­ren hin­weg­be­we­gen kön­nen, ja ihr gan­zes Le­ben so krab­beln, oh­ne je­mals den Bo­den zu be­rüh­ren. Und ich sa­ge euch, das sind viel­leicht Rie­sen­bies­ter. Ei­ni­ge von ih­nen ha­ben es schon ge­lernt, auf­recht auf den Hin­ter­bei­nen zu ste­hen wie ein Mensch. Die wer­den bis zu fünf oder sechs Ems hoch, und sie kön­nen einen über­ren­nen und zum Früh­stück ver­put­zen, noch ehe man ‚Heu­wä­gel­chen’ sa­gen kann!“
    „Wie konn­tet Ihr denn ent­kom­men?“ frag­te ein Zu­hö­rer lä­chelnd.
    „Ich? Ich ent­kom­me je­dem au­ßer dem Kno­chen­mann!“ Der Al­te im

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