Zitadelle des Wächters
ist ein monströser Ozean. Ständig in Bewegung, türmt er Wellen bis zu dreißig Ems hoch auf, mit Wellentälern, die noch einmal so tief sind. Über ihm hängen die grauesten und kältesten Himmel westlich der Eisenfelder. Mehrere Expeditionen sind von den Meeresstaaten ausgerüstet worden, um zu versuchen, in das Sonnenlose Meer einzudringen oder es gar zu durchqueren. Aber kein einziges von den großen Schiffen kehrte je zurück. Einige arg optimistische Schiffskapitäne haben ihre Reisen als „Durchquerungen“ ausgegeben, aber wir Historiker haben immer vor positivistischem Denken dieser Art gewarnt, setzt es doch die Existenz einer Landmasse oder einer Küste oder von irgend etwas am anderen Ende des Ozeans voraus.
Doch in der modernen Zeit ist kein Bericht bekannt, der die Existenz von irgend etwas jenseits des Ozeans bestätigt.
Legenden, Volksmärchen und Fragmente aus der Ersten Zeit und mündliche Überlieferungen sind zuhauf vorhanden: Alle diese Quellen sprechen von Landmassen – Kontinente nennt man sie –, aber die Namen dieser Ortschaften, ihre Lage, ihre Ausmaße und alles andere, was die Echtheit bestätigen würde, sind verlorengegangen – vielleicht sind sie auch nie bekannt gewesen.
Fahren wir mit dem geographischen Bericht fort: Man findet im äußersten Nordwesten des Golfs eine riesige Wüste, die unter dem Meeresspiegel liegt und vom Wasser durch ein kolossales Gebirge, bekannt unter dem Namen Haraneen-Scheide, abgeschottet wird. Dieses große wasserlose Gebiet heißt Manteg Depression und wird im allgemeinen von allen Bewohnern der Welt gemieden. Wilde Sand- und Staubstürme suchen die Manteg Depression in fast regelmäßigen Abständen heim. Die Gewalt, die blanke Wucht dieser Stürme, sei stark genug, so wird gesagt, um einem Menschen das Fleisch mit solch sauberer und entschiedener Effizienz von den Knochen zu trennen, wie das vom Skalpell eines Chirurgen nie geleistet werden kann. Die Radioaktivität in dieser Gegend ist immer noch überraschend hoch, wenn man bedenkt, wie viele ungezählte Jahre schon vergangen sein mögen, seitdem in dieser Region thermonukleare Waffen gezündet wurden. Einige Legenden wollen wissen, daß in der Manteg Depression immer noch Silos und Abschußanlagen stehen, immer noch verrostete und versengte Militärfahrzeuge liegen sollen – doch auch hier liegt für solche Behauptungen nicht der geringste Beweis vor. (Hoffentlich kann die pictographische – oder, wie manche insistieren: photographische – Technik bald soweit perfektioniert werden, daß solche Behauptungen restlos und zweifelsfrei zu überprüfen sind.
Die Temperatur in der Manteg Depression kann bis auf 50° Centa ansteigen. Die jährliche Regenwassermenge in diesem Gebiet liegt etwas über zwei Cees.
Und trotzdem findet sich Leben in der Depression. Ein Nomadenstamm namens Idri zieht an den Wüstengrenzen entlang und durch seine Hochebenen. Sie reiten auf einem störrischen Tier, das Loka genannt wird. Es hat eine Außenhaut von solcher Dicke und Festigkeit entwickelt, daß der Sandkornbeschuß eines Sturms ihm nicht mehr ausmacht als ein erfrischender Regenschauer. Trotzdem sei an dieser Stelle warnend darauf hingewiesen, daß ein Tier von solcher physischen Stärke einen Hang zum Ungehorsam hat. Die Idri selbst sind ein übelriechender, sonnengebleichter, lederhäutiger Haufen, den man weder als Piraten noch als fahrende Händler bezeichnen kann, wohl aber als eine Bande einfacher, sich fortpflanzender Aasgeier, die sich bloß vermehren, um eine im Grunde genommen bedeutungslose
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