ZITRONENLIMONADE (German Edition)
okay?" Und mit diesen Worten spürte ich auch schon, wie ich
scheinbar mühelos hochgehoben werde. Zurück in meinem "Beinersatz",
schwankte ich zwischen Stolz, dass ich tatsächlich fünf! Schritte gelaufen war und dem Frust,
dass meine Beinmuskulatur nach ebendiesen fünf lächerlichen Schritten schlapp gemacht
hatte. Immer noch "tanzte" der Fuß in wilden Zuckungen auf und ab und
ich beugte mich wütend nach vorne, um ihn auf die Beinstütze zu heben und mit
dem Klettband wieder festzumachen.
Wie ich es hasste, behindert zu sein! Ich
wollte jetzt sofort aufstehen, laufen, ausgelassen herumspringen, gesund sein! Wider Willen fühlte ich entsetzt, wie mir die
Augen nass wurden. Das fehlte noch! Nach all den Umständen, die sich dieser
nette einfühlsame Mann mit mir gemacht hatte, saß ich blöde Kuh jetzt hier und
weinte. Echt klasse, genau so etwas lieben Männer: Frauen, die völlig
unmotiviert losheulen. Der würde mich garantiert nirgendwohin mehr mitnehmen,
der arme Kerl!
Ich
blieb nach vorne gebeugt und gab vor, den Klettverschluss an meinem Schuh neu
schließen zu müssen, in der Hoffnung, er würde meine nassen Augen nicht
bemerken. Leider war mein Begleiter von der aufmerksamen Sorte. Er ging vor mir
in die Hocke und fragte: " Stimmt was mit dem Verschluss nicht? Kann ich
helfen?" Notgedrungen sah ich ihn an, als ich stumm den Kopf schüttelte. Als
er meinen aufgelösten Zustand bemerkte, umfing er mit seinen Händen sanft mein
Gesicht und wischte mir mit den Daumen
ganz vorsichtig die Tränen ab.
"
Hey, nicht weinen! Ich wusste gar nicht, dass mein Anblick derart deprimierend
ist!" Zwischen Weinen und Lachen stieß ich hervor:
"
Es ist ganz und gar nicht Ihr Anblick, der mich heulen lässt. Im Gegenteil,
wäre ich gesund und munter, würde ich mit Ihnen auf Teufel komm raus flirten.
Sie sind ein wahnsinnig netter, einfühlsamer und gutaussehender Begleiter. Und
Sie haben wahrlich Besseres verdient, als mich behinderte Heulsuse hier durch
die Gegend zu schieben, zu schleifen, zu tragen und zu ertragen!" Er ließ
mein Gesicht immer noch nicht los. Dann beugte er sich vor und gab mir ganz
unvermittelt einen sehr zärtlichen sanften Kuss auf den Mund.
"
Wenn Sie sich noch einmal behinderte Heulsuse schimpfen, lasse ich Sie hier
mitten im Wald stehen!" Abrupt gab er mich - leider - frei und sprang auf.
Dann hüpfte er unmotiviert auf einem Bein vor mir auf und ab und stampfte mit
dem anderen mehrmals fest auf. "Verdammt,
ich habe einen Krampf in der Wade!" japste er mit kläglichem
Gesichtsausdruck. Ich musste über seine verzweifelte Miene lachen, dachte aber,
dass er einfach Theater spielte, um mich auf andere Gedanken zu bringen.
"
Hören Sie auf damit, Robert. Sie brauchen nicht den Clown zu spielen, meine
depressiven fünf Minuten sind dank Ihnen vorbei!" Der Krampf schien real
gewesen zu sein. Während er weiter aufstampfte, blickte er mich gespielt empört
an. "Aha, sie dürfen Ihre depressiven fünf Minuten ausleben, aber mir wird
nicht einmal ein Wadenkrampf abgenommen. Von wegen Clown spielen! Christina,
ich bin sechsunddreißig, also nicht mehr der Jüngste. Da wird man doch in
Gottes Namen auch mal ein Gebrechen haben dürfen!" Jetzt lachte ich ihn lauthals aus. "Meine
Güte, ich wusste nicht, dass ich mit einem Greis unterwegs bin. Eigentlich
sollte ich Sie im Rollstuhl herum schieben!"
Erstaunt
stellte ich gleichzeitig fest, dass sich mein rechter Fuß plötzlich völlig
beruhigt hatte. Auch Roberts "Gebrechen" war vorüber, er stand
jedenfalls ruhig vor mir. Dann setzte er sich mir gegenüber auf die Bank und
drehte meinen Stuhl so hin, dass ich ihn direkt ansehen konnte.
"
Christina, ich weiß, dass Sie verlobt sind und heiraten wollen. Ich sage es nur
jetzt und einmal: Sie sind - Rollstuhl hin oder her - eine sehr attraktive anziehende Frau - und es
ist mir völlig egal, ob Sie derzeit laufen können, ob Ihr Bein zittert, ob sie
einen Pickel auf der Stirn haben…"als ich erschrocken an meine Stirn fasste,
um zu überprüfen, wo der sich befand, lachte er mich lauthals aus "….das
war jetzt ein Witz und nur als Beispiel gedacht, also kurz gesagt, mir geht es
um Sie als Mensch. Und ich bin sehr gerne mit Ihnen zusammen und freue mich,
dass Sie Ihre Skrupel überwunden haben und mit uns mitgekommen sind. Also hören
Sie endlich auf, sich selbst ständig klein zu machen und sich Ihre Laune durch
diesen Stuhl verderben zu lassen. Sie kommen da raus, ich versprech´s
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