ZITRONENLIMONADE (German Edition)
Ihnen,
also warum sollten sie sich jetzt die Gegenwart vermiesen? Freuen Sie sich über
jeden Fortschritt. Sie sind gerade fünf Schritte in freier Natur gelaufen. Das
war ganz prima und nur der Anfang. Punkt. Aus. Schluss. Und wenn Sie nichts
dagegen haben, fahren wir zurück zu Mutter und stärken uns schnell mit einem
Kaffee, bevor wir unsere Inseltour fortsetzen."
Ich
war sehr einverstanden, und außerdem gerührt über seine Komplimente, die mir
tatsächlich enormen Auftrieb verschafften. Ha! Jetzt hätte mich mein Liebster
mal sehen sollen! Ich schaffte es sogar im Rollstuhl sitzend, männliche
Bewunderung auf mich zu ziehen!
Als wir zu Iris zurück kehrten, die sich - wie
es ihrer offenen herzlichen Art entsprach - angeregt mit der netten Schweizer
Familie unterhielt und die süße Kleine auf ihrem Schoß sitzen hatte, waren
meine depressiven fünf Minuten schon vergessen und ich löffelte genießerisch
den Milchschaum von meinem Cappuccino. Anschließend setzten wir unseren
Rundgang über die Insel fort und erreichten das eindrucksvolle
Deutschordenschloß der Familie Bernadotte mit einem herrlichen Blick durch
Palmen auf den blauen See im Hintergrund.
Beim
Anblick einet festlich gekleideten Hochzeitsgesellschaft vor der Kapelle wurde
ich gleich wieder sentimental. Die etwas rundliche Braut wirkte in ihrem
voluminösen weißen Rüschenkleid wie ein
Sahnepudding und der Bräutigam - im
schwarzen Smoking - hielt sie glücklich strahlend im Arm, während sie mit den
Gästen plauderten.
Ich wollte auch so zwanglos im Brautkleid da
stehen können und mir um nichts Sorgen machen müssen, verflixt! Dennoch wünschte
ich den beiden gedanklich alles Gute und dass ihre Ehe ewig halten möge. Robert
mit seinem untrüglichen Instinkt ahnte, was in mir vorging. Er beugte sich ein
wenig vor und flüsterte mir ins Ohr: "Keine Sorge, eines Tages stehen auch
Sie vor einer Kirche, sehen wunderschön aus und Ihre einzige Sorge an diesem
Tag wird die sein, ob ihre Frisur und Ihr Make-Up halten und dass Sie sich beim
Ja-Sagen nicht versprechen!"
Verdammt,
woher wusste der Mann so genau, was in mir vorging und fand immer die richtigen
Worte? Es war unheimlich! Jedenfalls war
es ihm wieder gelungen, mit einer lustigen Bemerkung schlagartig meine
aufkommende Wehmut und Melancholie zu vertreiben.
Als
wir abends gegen sieben wieder an der Klinik ankamen, bedankte ich mich bei den
Wallners aus tiefstem Herzen für diesen herrlichen Tag, von dem ich ohne
Übertreibung sagen konnte, dass ich seit meinem unseligen Schlaganfall heute
stimmungsmäßig - bis auf meinen kurzen Ausrutscher im Arboretum - am besten
drauf gewesen war.
Nach
dem Abendessen rief mich Mama an und erkundigte sich, ob Mark noch bei mir wäre.
Ich
gab mich unbekümmert.
"Nein, Mama, der liegt in München im Bett
und kuriert seine Erkältung aus."
Sie
klang erschrocken. "Aber dann hattest du ja den ganzen Tag keine
Unterhaltung, Kind? Und Therapien auch nicht. Du hättest uns anrufen sollen,
Papa und ich wären doch gekommen!"
Ich
beschwichtigte sie, indem ich ihr von meinem wunderschönen Ausflug erzählte und
ihr von der Mainau vorschwärmte. Sie kannte mich gut genug, um zu begreifen,
dass meine aufgekratzte Stimmung nicht nur mit der Insel zusammenhing, sondern
auch etwas mit meiner Begleitung zu tun hatte. "Ich will ja nicht
neugierig sein, Kind (natürlich nicht, Mama, das bist du doch niemals), aber
wer hat dich denn dorthin mitgenommen?"
Geduldig
erzählte ich ihr von Iris und Robert. Mama wäre nicht sie selbst gewesen, wenn
sie nicht gleich auf Robert angesprungen wäre. "Und wie alt ist dieser
Robert Wallner?" fragte sie betont unschuldig. Mich stach der Hafer.
"Mama, der ist uninteressant, als Mann, meine ich. (Ich hoffte, Gott würde
mir meine dreisten Lügen verzeihen!) Er hat etwas von einem zerstreuten Professor,
ist um einiges älter als ich und völlig vergeistigt, aber als Mensch ganz nett.
Iris hat gesagt, er unterrichte an der Uni Konstanz, mehr weiß ich auch nicht. Aber
es war sehr freundlich von den beiden, mich mitzunehmen und mit Iris kann man
sich toll unterhalten."
Mama
gab sich damit zufrieden und ich war es ebenfalls. Das hätte noch gefehlt, dass
sie jetzt dachte, ich würde mir in der
Reha wahllos Männer anlachen!
"
Kind, sollen wir morgen kommen? Damit du nicht so alleine bist, meine ich. Papa
hat zwar morgen ein Golfturnier, aber das könnte er mühelos absagen."
Sie
sprach zwar nur von
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