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ZITRONENLIMONADE (German Edition)

ZITRONENLIMONADE (German Edition)

Titel: ZITRONENLIMONADE (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marleen Reichenberg
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Wort, wenn meine Mutter am Zug war und das war sie eigentlich
dauernd.  
    Ich
hatte übrigens auch noch kein Wort gesagt, fiel mir gerade auf. Ich verdaute
eben, dass Mark mit ihnen anscheinend Dauerkontakt gehabt hatte, es aber für
unnötig befunden hatte, mir davon auch nur ein Sterbenswörtchen zu erzählen.
Aber Mutter merke es gar nicht.
      "Ich werde mit Mark mal ein ernstes
Wörtchen reden müssen," sie lachte gekünstelt auf, "er hat bei jedem
Telefonat Grüße von dir ausgerichtet und erklärt, dir ginge es ganz gut und du
wärst auf dem Weg der Besserung, aber vermutlich wollte uns der arme Junge ja
nur schonen!" Mich und sich selber wollte er schonen, aber das würdest du
ohnehin nicht kapieren, dachte ich böse.
    Endlich
machte sie eine Pause, um Luft zu holen und diese Gelegenheit nutzte mein Vater
in jahrelanger Übung aus, indem er mir einen Strauß wunderschöner gelber Rosen
entgegen streckte.   "Chris, wir
haben dir ein wenig Sonne mitgebracht, damit es dir bald wieder besser
geht." Mutter schnitt ihm das Wort ab.
    "
Hansjürgen, schau doch mal auf dem Gang nach einer Vase, du siehst doch, dass
das Kind dazu nicht in der Lage ist."   Mit diesen Worten brachte sie es tatsächlich
fertig, meinen Rollstuhl an den Griffen zu packen und mich ungefragt in
Richtung Bett zu schieben.  
    "Das
Kind" war mittlerweile megasauer: Ganz fataler Fehler, man darf einen
Rollstuhlinsassen nie, aber auch niemals einfach so irgendwo hin schieben, ohne
ihn vorher zu fragen. Das ist gerade so, als würde man einen gesunden Menschen,
der irgendwo steht, einfach   absichtlich
zur Seite schieben! Man TUT es einfach nicht! Mit ungeahnter Kraft" haute"
ich die Feststellbremsen rein, so dass sie abrupt anhalten musste und drehte
mich zu ihr um."Muttetterr," stotterte ich, weil ich mich so aufregte.
Wie fast immer fiel sie mir ins Wort:
    "
Christina, bitte streng dich nicht so an und lass das Reden sein. Du musst
zurück in dein Bett. Du sitzt ganz schief, dein Arm hängt, deine Finger bewegen
sich dauernd unkontrolliert und dein rechtes Bein ist nach links innen gekippt.
Es ist unverantwortlich, dass sie dich hier so allein im Zimmer lassen und
keiner nach dir sieht." Eines musste man ihr lassen, sie war eine
brillante Beobachterin! Ich räusperte mich und brüllte, so laut ich konnte:
" Hör mir zu, zum Donnerwetter, und halt endlich mal den Mund!"
    Verdutzt
blickte sie mich an. Das hatte sie jetzt nicht erwartet, schon gar nicht von
einer lädierten Behinderten im Rollstuhl…Mein Vater kam gerade wieder mit
Strauß samt Vase herein und grinste mich hinter ihrem Rücken verständnisvoll
an. Schnell verkniff ich mir ein Lächeln, denn er hob anerkennend den Daumen. Ich
sah Mutter durchdringend an.
    "
Erst   mal hallo, liebe Mama. Schön, dass
ihr mich besuchen kommt. Aber dann benimm dich doch auch bitte wie Besuch und
nicht wie ein Feldwebel, der seine Truppen inspiziert! Und schiebe mich niemals
wieder ungefragt in diesem Stuhl irgendwohin!" Ich war stolz auf mich,
dass ich das schwere Wort "inspiziert" wider Erwarten fehlerlos
aussprechen konnte. Mama klappte den Mund auf.   
    "
Nein, lass mich ausreden, ich bin noch nicht fertig! Das Pflegepersonal ist
hier sehr aufmerksam und kümmert sich vorbildlich um mich. Ich entscheide, wann
und ob ich ins Bett zurück möchte, kapiert? Ich muss so ziemlich alles wieder
neu lernen, auch das bloße Sitzen. Aber wenn ich nicht trainiere, dann bleibe
ich ein Pflegefall."   Sie gab noch
nicht auf, und wie immer sagte sie genau das Gegenteil von dem, was ich
aussprach, selbst wenn das wie in diesem Fall auch von ihrer Ursprungsmeinung
(ich sähe fürchterlich aus) abwich. Das war eine Art Reflex bei ihr, niemals
und unter keinen Umständen gleicher Meinung wie ich zu sein. Im Recht war
natürlich immer nur sie!
      "Du bist doch kein Pflegefall, nur weil
du gerade in einem Rollstuhl sitzt. Das   ist doch blanker Unsinn, Kind, du übertreibst mal wieder. Du hattest ja
schon immer einen Hang hin zum Theatralischen." Das haute doch dem Fass
den Boden raus! Ich und Theatralik? Sie führte hier das Drama   "arme behinderte Tochter und fürsorgliche
Mutter, die sich ab sofort um alles kümmert" auf und ich war theatralisch?
Mich überkam für Sekunden die unbezähmbare Lust, mit den Füßen aufzustampfen
wie ein trotziges Kleinkind. Da das aber nur mit dem linken Fuß und dazu im
Rollstuhl vermutlich nicht die erhoffte Wirkung gehabt hätte, verwarf ich diese
Anwandlung

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