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ZITRONENLIMONADE (German Edition)

ZITRONENLIMONADE (German Edition)

Titel: ZITRONENLIMONADE (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marleen Reichenberg
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Ärzte
sagen, ich müsse halt Geduld haben. Und - ich übe ja schon dauernd." Ich
deutete auf das Kinderanziehbuch. "Das da ist mein neuestes Projekt. Und
nein, Mama, um deine Frage zu beantworten, ich habe es eben erst bekommen und
noch gar nichts ausprobiert."
    Mutter nahm es erneut in die Hand und
schlug es auf. In ihrer   pragmatischen
Art stellte sie fest:
    " Das ist prima für deine rechte
Hand, Kind. Und vor allem eine sehr praktische Übung, bei der du auch weißt,
warum du übst." Und der Rest ihres Besuches verging wie im Flug damit,
dass sie rechts und links von mir saßen und mich bei meinen ersten kläglichen
Versuchen, zwei große Knöpfe in die dazugehörigen Knopflöcher hinein zu fädeln,
aufmunternd anfeuerten und mir dazwischen lustige Geschichten von ihrem Urlaub
erzählten. Als sie mich nach drei Stunden verließen, verstand ich selber nicht
mehr, warum ich solche Angst vor ihrem Besuch gehabt hatte.
      "Christina,
wir kommen dich morgen und am Sonntag wieder besuchen, wir wohnen übers
Wochenende im Holiday Inn in Schwabing."
    Meine Mutter war wie ausgewechselt.
Anstatt nervtötender Selbstgerechtigkeit hatte sie heute -   nachdem ich die Fronten geklärt hatte - nur
Besorgnis und Mitgefühl an den Tag gelegt. Sie hatte mir kein einziges Mal mehr
Vorhaltungen gemacht oder versucht, etwas über meinen Kopf hinweg zu bestimmen.
Sollte mein Schlaganfall in dieser Hinsicht etwas Gutes bewirkt haben? Oder war
ich nicht mehr so unversöhnlich ihr gegenüber? Vielleicht, so dachte ich mir,
ist es gar nicht so einfach, als Eltern seine Kinder los zu lassen. Sie bleiben
immer Kinder. Meine Oma hatte im Alter von 70 Jahren von ihren über
vierzigjährigen Töchtern immer noch als von "ihren Mädels" gesprochen.
Als meine Tante sie mal besuchte und etwas aus ihrem Auto von der anderen
Straßenseite holen wollte, hatte ihr Oma allen Ernstes erklärt, sie solle auf
den Verkehr aufpassen, wenn sie über die Straße ginge.
     
    Und dann fiel mir ein, wie mich Mark
beeinflusst hatte, indem er mir kurz nach der Operation erklärte, es sei
besser, sie würden mich in diesem Zustand noch nicht zu sehen bekommen, weil
meine Mutter ohnehin nur das ganze Krankenhaus       "aufmischen" würde. Hat sie
aber nicht gemacht, sinnierte ich nachdenklich. Sie machten sich Sorgen um
mich. Das ist für Eltern normal. Nur weil Mark in einer gefühlskalten Umgebung
aufgewachsen war, besaß er nicht das Recht, sich in mein Verhältnis zu meinen
Eltern einzumischen. Gut, aber mich traf natürlich eine gewisse Mitschuld, da
ich mich bei ihm oft genug über Mama beschwert hatte….Und dafür schämte ich
mich jetzt ganz gewaltig!

Kapitel Zehn
     
    Der Samstag wurde für mich zur
emotionalen Achterbahn. Mark und meine Eltern trafen beinahe gleichzeitig in
meinem Zimmer ein und umkreisten sich nach einer äußerlich höflichen Begrüßung
wie zwei Preisboxer im Ring, von denen jeder auf den ersten Schlag des anderen
gefasst war. Meine Mutter eröffnete honigsüß:
    " Mark, wir hatten nach Ihren
telefonischen Berichten leider überhaupt nicht damit gerechnet, dass unsere
Tochter noch derart in ihrer Gesundheit beeinträchtigt ist."
    Das hatte sie sehr elegant formuliert!
Ich kam mir vor wie ein Zuschauer in der VIP-Loge, ganz dicht am Geschehen dran
und hörte gespannt zu. Sie holte einmal tief Luft und wurde deutlicher:
"Um genau zu sein, sind wir völlig entsetzt darüber, wie Sie alles derart
verharmlost und uns getäuscht haben."
    Jetzt übernahm mein Vater den
Fehdehandschuh. Wie die Zuschauer bei einem Tennismatch drehte ich meinen Kopf
automatisch in seine Richtung und wartete auf den nächsten Schlag.
      "Zudem waren Sie wohl nicht allzu oft bei
ihr, wenn man den Äußerungen des Pflegepersonals Glauben schenken darf."   Wow, sie hatten sogar Erkundigungen bei
Dritten eingeholt. Bevor sich Mark von dem Doppelangriff erholen   und Kontra geben konnte, war nochmals Mutter
am Zug: "Wir wissen natürlich, dass Sie als vielbeschäftigter Anwalt
beruflich sehr eingespannt sind. Aber" sie zog fragend ihre Brauen hoch, "ist
es denn zu viel verlangt, in so einem Ausnahmefall, wenn die Frau, die man
liebt und heiraten will, todkrank und hilflos daliegt, ein paar Tage Urlaub zu
nehmen? So einen verständnislosen Chef können Sie doch gar nicht haben." Jawohl,
klatschte ich ihr im Stillen Beifall, genau mein Gedankengang. Wir hatten definitiv
die gleichen Gene!
    Meine Erzeuger waren noch nicht mit
Mark fertig:
    "Selbst wenn ihr

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