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ZITRONENLIMONADE (German Edition)

ZITRONENLIMONADE (German Edition)

Titel: ZITRONENLIMONADE (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marleen Reichenberg
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also hob ich meinen linken Arm. Worauf sich der rechte
ungewollt automatisch leicht mit nach oben bewegte (verdammt, war vielleicht
doch nicht so gut, dieser Trick beim Üben, mit dem gesunden Arm alles vor zu
machen. Mein Gehirn hatte das wohl schon abgespeichert - aber wie würde das
beispielsweise aussehen, wenn ich mich mal irgendwo mit Handzeichen melden musste
und gleich   beide Hände dann in die Höhe
wanderten??) - und spielte die Mediatorin. "Okay, okay, Leute. Ihr meint
es alle gut mit mir." Irgendwie war es ja süß, oder? Alles nur wegen
meiner Wenigkeit. Mark liebte mich, und meine Eltern wollten ebenfalls nur das
Beste für mich. Ich lächelte freundlich in die Runde.
    "Aber wisst ihr, dieser Disput ist
doch völlig überflüssig. Es ist schön, dass ihr alle da seid und ich würde
jetzt so gerne in die Cafeteria runter gehen und endlich mal wieder einen
richtigen Latte Macchiato trinken!°
    Das Gesöff, welches sie hier zum
Frühstück als Kaffee servierten, schmeckte wie zu dünner Pulverkaffee   - spülwasserähnlich - und ich sehnte mich nach
einem Latte mit ordentlich Koffein und richtig viel Milchschaum zum Löffeln.  
    Die Kampfhähne begruben das Kriegsbeil.
Ich spürte förmlich, wie die feindselige Stimmung im Raum verpuffte, als sie
mich alle erst verdutzt, dann verstehend anguckten.   Mutter zog mir meinen Bademantel über und -
sie hatte dazu gelernt - fragte tatsächlich, bevor sie die Griffe meines
Rollstuhls anfasste, "Darf ich dich schieben?"
    Mark und Papa bildeten die Nachhut. Das
diensthabende Pflegepersonal winkte mir mit meiner Eskorte auf dem Gang zu und
ich kam mir vor wie die englische Queen, als ich huldvoll zurück grüßte. Mühsam
verkniff ich mir   die Bitte, mich nicht
so schnell zu schieben. Noch immer war mir im Sitzen schwindelig und wenn sich
der Rollstuhl so wie jetzt rasch vorwärts bewegte, verstärkte sich diese
Empfindung. Und das, obwohl meine Eltern und Mark, wie ich bemerkte, ein völlig
normales Gangtempo vorlegten und sich dabei noch unterhielten. Ich unterdrückte
also meine phobischen Anwandlungen, um mich nicht lächerlich zu machen -
rausfallen konnte ich wegen des aufgesteckten Tischbrettchens vor meinem Bauch
gottseidank nicht - und war froh, als wir die Cafeteria erreicht hatten. Sie
lag im Erdgeschoss,   direkt gegenüber vom
Eingang der Klinik und da Samstagnachmittag war, strömten die Besucher gerade
in Massen durch die breiten Glastüren in das Gebäude. Und unversehens war ich -
so kam ich mir jedenfalls vor - die Attraktion bei allen Ankommenden. Jeder
starrte mich (arme Behinderte) im Rollstuhl an.
     
    Musste äußerst gefährlich aussehen,
einen relativ jungen Menschen im Rollstuhl sitzen zu sehen, dachte ich mir. Die
meisten warfen ängstliche verstohlene Blicke in meine Richtung und sahen dann
schnell zur Seite, manche guckten mitleidig   und einige wenige starrten mich ganz offen an.
    Ich kam mir vor, als hätte ich Aussatz
und hasste es, derart im Mittelpunkt zu stehen. So mussten sich im Mittelalter
Delinquenten gefühlt haben, die an den Pranger gestellt wurden! Vor allem
überragten mich die anderen alle, sogar Kinder waren plötzlich mit mir auf
Augenhöhe oder darüber. Und das mir, die mit ihren einsachtzig früher immer
eine der Großen gewesen war (zumindest körperlich).
     
    Ein Mann mittleren Alters, sehr korpulent,
mit einer riesigen Warze mitten auf der Knollennase,   kam direkt auf mich zu, als wir auf den
Eingang des Restaurants zusteuerten und blieb vor mir stehen, sodass meine
Mutter gezwungen war, ebenfalls anzuhalten. Neugierig starrte er mich an. Ich
dachte zuerst noch, dass er höflich sein und uns vielleicht die Tür aufhalten
wollte,   aber nein, weit gefehlt. Er
streckte seinen dicken Zeigefinger in meine Richtung, wandte sich aber über
meinen Kopf hinweg an meine Mutter   (Mark
und Vater waren schon voraus gegangen, um uns einen der begehrten Tische zu
reservieren): " Was hat sie denn?" fragte er in unverschämten
Tonfall. Jetzt reichte es mir. Noch bevor Mutter ihm den Marsch blasen konnte,
beugte ich mich vor.
    "Achtung, ich bin
gemeingefährlich. Ich komme von der Psychiatrie und wenn man mich reizt,
garantieren die Ärzte für nichts", zischte ich ihn wütend an. " Sie
sind ziemlich übergewichtig und ihre Warze sollten Sie auch mal wegmachen
lassen, die macht Sie nicht gerade schöner!"  
    Erschrocken blickte er zur Seite und
suchte schnell sein Heil in der Flucht. Hinter mir hörte ich ein

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