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ZITRONENLIMONADE (German Edition)

ZITRONENLIMONADE (German Edition)

Titel: ZITRONENLIMONADE (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marleen Reichenberg
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Mit meiner linken Hand machte ich es
mir selbst vor. Endlich lag der Stift zwischen rechtem Zeige- und Mittelfinger
und wurde vom Daumen fixiert. Fühlte sich total seltsam an. Langsam hob ich die
rechte Hand ein wenig und setzte die Spitze des Bleistifts am linken oberen
Rand des Blocks an.
    Ich hatte vor, ein simples C in
Druckbuchstaben zu schreiben (Sie haben es sicher schon erraten, ich wollte
meinen Namen zu Papier bringen). Aber meine rechte Hand beschloss, da nicht mit
zu spielen.
      Als ich den Bogen nach außen machen wollte,
führten meine Muskeln mal wieder ein Eigenleben und schwupp - hatte ich einen
krakeligen Strich von links nach rechts oben über den Rand hinaus und auf die
Bettdecke geschmiert, außerdem war mir der Stift aus der Hand in die Falten
meiner Bettdecke geflutscht.
    Ich erspare ihnen die weiteren
Einzelheiten, es dauerte über zwei Stunden, bis ich - über die gesamte Größe
des Blocks - ein halbwegs lesbares großes A malen konnte, die Rundung eines C
war zu schwierig. Kleiner ging beim besten Willen nicht, da die Feinmotorik
überhaupt nicht funktionierte.
     
    Wütend und frustriert schleuderte ich
den Block samt Stift in meine Nachttischschublade und fragte mich ernsthaft,
warum ich Ehrgeizling in der ersten Klasse als astreine Linkshänderin mit
rechts angefangen hatte, zu schreiben. Musste mein Bestreben gewesen sein,
alles genau so wie alle anderen zu machen. Unsere Lehrerin, Frau Walz, hatte
ausdrücklich erklärt, wir sollten mit der Hand schreiben lernen, die sich für
uns gut anfühlte. Und als alle neben mir den Füller rechts ergriffen, tat ich
das halt auch. Da sieht man mal wieder, wohin man mit zu wenig Individualismus
kommt!
    Allen Ernstes überlegte ich mir kurz,
ob ich jetzt auf Linksschreiben umsteigen sollte. Vor allem, wenn ich meine
kläglichen Schreibversuche Revue passieren ließ. Ich war ja nicht mal in der
Lage, ein Formular zu unterschreiben, weil ich, selbst wenn ich eine
unleserliche Unterschrift fälschen wollte, diese nicht derart klein hinbrächte,
dass sie auf einer vorgedruckten Zeile Platz hätte.
    So verlockend diese Idee aber war, ich
verwarf sie. Nein, Christina, du willst genauso werden wie vorher. Und da hatte
ich rechts geschrieben! Also, Augen zu und durch. Wieder hatte ich etwas
gefunden, was ich exzessiv übte und womit die langen Stunden im Krankenhaus
schneller verstrichen. Da ich anfangs nur riesige ungelenke Buchstaben fertig
brachte, war mein Papierverschleiß enorm!
     
     
    Und dann erlebte ich endlich meinen
ersten richtigen Durchbruch in Sachen Genesung. Am Dienstag kam Karina zur
Übungsstunde. Sie trug eine kleine Box in der Hand; wie sich heraus stellte,
eine Kühlbox.
    "Heute probieren wir mal aus, ob
wir ihr rechtes Bein nicht doch in irgendeiner Art und Weise dazu bringen,   ein Lebenszeichen von sich zu geben",   verriet sie mir auf meinen fragenden Blick
hin. Sie schlug meine Bettdecke zurück, trat an meinen rechten nackten
Oberschenkel und öffnete die Box. Ein etwa zehn Zentimeter langer und dicker
Eisklumpen an einem Holzstab kam zum Vorschein. "Oh", freute ich
mich, " bekomme ich heute Eis am Stiel?". "Das ist nur reines
gefrorenes Wasser. Wenn Sie darauf Appetit haben, überlasse ich Ihnen das Eis
gerne, "grinste sie. "Aber eigentlich will ich damit was
ausprobieren." Und mit diesen Worten legte sie ein Handtuch unter und
strich die kalte Masse immer wieder mit einer Engelsgeduld über meinen großen
Oberschenkelmuskel, den "musculus quadrieceps femoris", wie sie mir
erklärte. Das war der vierköpfige Oberschenkelmuskel, der Kniegelenkstrecker.
Ich sah gespannt zu, spürte aber überhaupt nichts von der Kälte des Eises und
glaubte deshalb auch nicht, dass diese "Schocktherapie" irgendetwas
bringen würde. Doch plötzlich, der Eisklumpen war durch die Körperwärme   bereits zur Hälfte geschmolzen und das Wasser
im Handtuch versickert - zuckte es da, wo Karina immer wieder langsam drüber
strich, kaum wahrnehmbar. Ich traute meinen Augen nicht und fürchtete, es sei
Wunschdenken gewesen.
    Aber Karina strich sofort wieder drüber
und diesmal war das Zucken noch intensiver als vorher. Deutlich konnte ich
sehen, wie sich die Haut blitzschnell zu einer kleinen Beule hob und wieder
glatt wurde! Zum ersten Mal erlebte ich die sonst so ausgeglichene ruhige
Karina, wie sie triumphierend ihren freien Arm in die Höhe reckte und ganz laut
"Ja!" rief. Sie strahlte übers ganze Gesicht, als sie mich anblickte.
    "Ich wusste

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