Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
ZITRONENLIMONADE (German Edition)

ZITRONENLIMONADE (German Edition)

Titel: ZITRONENLIMONADE (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marleen Reichenberg
Vom Netzwerk:
besser, dank meiner engagierten Ergotherapeutin", freute sie
sich und zeigte mir, wie hoch sie die linke Hand schon wieder heben konnte. Als
ich ihr auf ihre Nachfrage erzählte, warum ich hier war, reagierte sie
beschämt:      
      "Und ich jammere ihnen was wegen meinem
Arm vor! Da haben Sie ja ganz schön was mitgemacht. Sie sind noch so jung! Und
wirken immer so positiv. Ich bin mir völlig sicher, Frau Salten, dass Sie
wieder gesund werden und den Rollstuhl dann in die Ecke stellen
werden!"  
    Ihre optimistische Einschätzung tat mir
gut. Obwohl ich selbst auch fest daran glaubte, dass sich die Lähmungen, vor
allem meines rechten Beins, wieder irgendwann geben würden, war es schön, dies
auch von Außenstehenden zu hören.
     
    Frau Wallner war einundsechzig und seit
fünf Jahren verwitwet. Sie und ihr Mann hatten in Zürich ein Haus, wo sie jetzt
allein lebte. "Mein Mann war Schweizer, und als wir uns kennengelernt
haben, besaß er seine Firma in Zürich bereits, deshalb bin ich von Würzburg zu
ihm gezogen und habe das auch nie bereut." Wie sie mir weiter erzählte,
hatte sie einen erwachsenen Sohn, der als Professor an der Uni in Konstanz
arbeitete und bei Meersburg wohnte.
      "Ich hätte sehr gerne mehr Kinder gehabt,
aber es sollte wohl nicht sein. Zwei weitere Schwangerschaften endeten mit
Totgeburten und dann hatte ich Angst vor einem erneuten Versuch und der Trauer,
wenn es wieder nicht klappt."
    Was mich faszinierte, war ihre
unaufgeregte Art, diese Geschichte zu erzählen. Sie sprach wehmütig, aber nicht
selbstmitleidig oder verbittert. "Dafür hatte ich ansonsten viel Glück im
Leben; mein Mann und ich haben uns sehr geliebt und mein Sohn kümmert sich auch
intensiv um mich." Sie lächelte mich an.
    "Und was ist mit Ihnen, Frau
Salten? Sie sind so eine attraktive Frau, sind Sie verheiratet und haben Sie schon
Kinder?" Ich schüttelte den Kopf.
    "Nein, aber mein Freund und ich
wollen im Sommer heiraten, und dann will ich - das ist mir jetzt durch meine
Gehirnblutung aufgegangen   -   sobald wie möglich Nachwuchs! Ich muss nur
Mark noch davon überzeugen, er hat bis jetzt zumindest keinen Draht zu Kindern."
    Ich erzählte ihr von Sabine und deren
Familie. Mittendrin wurde ich zu meiner Therapie gerufen und verabschiedete
mich bedauernd von Frau Wallner. Sie war eine angenehme Gesprächspartnerin, ich
hätte mich gern weiter mit ihr unterhalten. Es gab in dieser Klinik zwar viele
Patienten, aber wenige, mit denen ich   tiefergehende Gespräche führen konnte.

Kapitel Neunzehn
     
    Bereits am folgenden Tag traf ich Frau
Wallner am späten Nachmittag vor der Physiotherapieabteilung wieder. Sie schien
sich genauso wie ich darüber zu freuen und diesmal verabredeten wir uns
gezielt. Wir trafen uns nach dem Abendessen in einem der Seminarräume; dort gab
es einen auf Plakaten angekündigten Diavortrag eines ehemaligen Patienten über
eine Reise nach Ägypten zu den Pyramiden.
     
    Der Raum war bis auf den letzten Platz
gefüllt und der Mann, der den Vortrag hielt, berichtete spannend und
unterhaltsam über geschichtliche Hintergründe, Klima, politische Verhältnisse
und Reiseerlebnisse. Da ich noch nie in Ägypten gewesen war, hörte ich
interessiert zu und sah mir die gestochen scharfen Dias an. War schon
faszinierend, was unsere Vorfahren mit vergleichsweise primitiven technischen
Hilfsmitteln für monumentale Bauwerke zustande gebracht hatten. Andererseits
gab es keine Sicherheitsvorschriften, bekanntlich wurden die Pyramiden mithilfe
von tausenden Sklaven gebaut und ein Menschleben zählte damals nicht viel. Da
konnte man als Pharao durchaus mit Riesengrabsteinen protzen!
     
    Da das Wetter gerade sehr schön war, täglich
blauer Himmel und Sonnenschein, erzählte Frau Wallner mir nach dem Vortrag, sie
würde jeden Mittag einen Spaziergang unternehmen. "Das fehlt mir so sehr",
seufzte ich wehmütig, "ich würde auch so gerne mal wieder spazieren gehen
und frische Luft genießen! Aber weiter als bis auf den Vorplatz komme ich noch
nicht, da alle Wege im Park leicht abschüssig sind und ich nicht die Kraft
habe, mich selbst   allzu weit zu
schieben!"  
    "Wissen Sie was, Frau Salten? Das
Gehen kann ich Ihnen leider nicht beibringen, aber wie wäre es, wenn ich Sie im
Rollstuhl mit nach draußen nehmen würde? Ich schiebe Sie, soweit ich kann, Sie
helfen ein bisschen mit. Wir laufen einfach so weit, wie wir es schaffen und
können uns dabei unterhalten, vorausgesetzt natürlich, Sie wollen

Weitere Kostenlose Bücher