Zitronentagetes
George ein Schauder. »Was gibt es?«, forderte er schroffer als beabsichtigt.
»Nicht doch so unfreundlich. Weiß Ihr Sohn, dass ausgerechnet sein eigener Vater seine Bremsen manipuliert hat?«
Mit einem Tastendruck wurde das Gespräch beendet. George begann am ganzen Körper zu zittern.
9. Kapitel
E twas an ihr war anders, grübelte Marc. Nein, halt. Sie war wie immer, aber sie sah anders aus. Ihr Haar war eindeutig geschnitten worden und sie hatte sich dezent geschminkt. Es stand ihr hervorragend. Und erst das Top, das sie anhatte, Donnerwetter. Trug sie einen Push-up? Marc spürte, wie nervös Floriane war. Sie plapperte nicht nur wie ein Wasserfall, sie trippelte ihm ständig vor die Füße. Er musste höllisch aufpassen, dass sie seinen hart erkämpften Laufrhythmus nicht aus der Balance brachte. Kurz entschlossen nahm er ihre Hand fest in seine.
»Hoffentlich bekommt meine Sommerazalee keine Ohrläppchenkrankheit«, palaverte sie.
»Klingt nicht gut.«
»Genau. Es irritiert mich ein bisschen, dass wir Hand in Hand durch die Lincoln Street schlendern. Du … äh …«
Erwartungsvoll schaute er in ihr Gesicht.
»Du verteidigst mich doch, im Fall eines Falles, oder?« Ihre Stimme klang so bang, dass er abrupt stehen blieb.
»Darin bin ich ein Meister. Ich hätte Anwalt werden sollen. Ständig breche ich eine Lanze: für meine Mom, für meinen Dad, für Jenny, für Rosie.«
»Für Rosie?«
»Na ja.«
»Ist ja süß.«
»Mach dir keine Sorgen, ich passe auf.«
»Wie sehr hatte ich damals gehofft, dass Val so etwas zu mir gesagt hätte. Inzwischen bin ich klüger geworden. Wenn ich meine Anliegen und Bedürfnisse nicht formuliere, kann der Mann an meiner Seite nicht wissen, was ich brauche.«
Sachte strich er mit dem Daumen über ihren Handrücken. Seltsam, dass er einen Herzschlag lang glaubte, sie gehörten zusammen. »Danke«, flüsterte er. Wofür – stand in ihren Augen. »Meiner Mom ist es sehr wichtig, dass wir kommen.«
Ein zartes Lächeln zuckte um Flos Mundwinkel. »Wird schon gut gehen. Immerhin habe ich meinen Lieblings-Schlüppi an. Der bringt mir bestimmt Glück.«
Marc prustete leise.
»Da seid ihr ja.« Megan begrüßte sie herzlich.
Wie konnte sie bei dieser Hitze eine langärmlige Bluse tragen, fragte sich Marc.
»Ist dir nicht heiß?« Er zupfte an ihrem Kragen.
»Ach was, es ist ein ganz leichtes Gewebe. Außerdem hat bereits mein Großonkel gesagt: Was gegen Kälte hilft, ist auch bei Wärme gut.«
»Na dann.«
»Sie kommen aus Deutschland, wie Marc berichtete«, wandte sich Megan an Flo.
»Genau, aus Rathenow im Havelland. Das liegt im Land Brandenburg.«
»Ist das im Osten?« Es klang nicht wie eine Frage. »Nach dem Mauerfall ist es dort sicher viel besser für Sie geworden.«
Warum sind Sie dann hier? , las Marc zwischen den Zeilen.
Flo sah ihn seltsam an. »Klar, endlich gab es Klopapier, das nicht am Po kratzte.«
Megans Lippe zitterte leicht vor Empörung. »Marc, möchtest du Mrs. Usher nicht dein altes Zimmer zeigen? Ich stelle rasch die Blumen ins Wasser.« Damit verschwand sie von der Bildfläche.
»Ja, Buddy, zeig mir dein Kinderzimmer, forderte Flo ihn kichernd auf.
»Das willst du nicht sehen.«
»Doch.«
Ein Stöhnen unterdrückend stieg er die Treppe hinauf.
Flo folgte ihm.
»Sag bloß nicht, wer als Erster oben ist …«, maulte er.
»Ich verliere nicht gern.«
Ein ersticktes Lachen stieg bei ihrer Antwort aus seiner Kehle und eine unbekannte Sehnsucht streifte sein Herz.
»Der Raum unterscheidet sich kaum von dem meines Sohnes.« Ihr Blick blieb am Regal neben dem Bett hängen. Vorerst behielt sie ihre Entdeckung für sich. »Hübsch, und so normal.«
»Was hast du denn erwartet?« Marc grübelte über ihren Gesichtsausdruck nach. »Etwas nicht in Ordnung?«
Sie bewegte wiegend ihre Hüften. »Mein Schlüpfer klemmt.«
»Darf ich behilflich sein?« Er setzte sein Chorknabenlächeln auf.
*
Charly bereute augenblicklich, dass sie so hastig ihre Blickrichtung geändert hatte. Sofort drehte sich alles um sie herum. Sie holte tief Luft und zählte behutsam bis zehn. Langsam wuchs ihre Verzweiflung. Ihre Regel war eine Woche überfällig, doch der morgendliche Gang zur Toilette zerstörte alle ihre Hoffnungen – wieder einmal. Sie wurde einfach nicht schwanger, verdammt.
Die Tür zur Küche schwang auf und spuckte einen vollkommen verdreckten Ryan herein, dicht gefolgt von einem nassen, tapsigen
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