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Zitronentagetes

Zitronentagetes

Titel: Zitronentagetes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Orlowski
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schon gut. Sie fühlen sich also wohl hier?« Charly klang müde.
    »Ja, wirklich. Dabei hatte ich schon beschlossen, nicht mehr in diesem Beruf zu arbeiten. Ihre Anfrage kam dazwischen, Dr. Svenson.«
    »Das haben Sie nie erwähnt.«
    »Nein.« Janet schüttelte den Kopf. »In Baltimore arbeitete ich mit einer Chefin, die mit sich selbst nicht im Reinen war. Sie hatte ein echtes Problem mit ihrem Übergewicht und ihren dicken Oberschenkeln. Dabei war das gar nicht so tragisch. Sie hat ein sehr hübsches Gesicht und obenrum ist sie schlank. Der Hintern – die ganze Kiste ist einfach nur etwas breiter geraten, was soll’s. Aber in ihrem Inneren kam sie damit nicht klar und war sich dessen überhaupt nicht bewusst. Stattdessen versuchte sie, es zu kompensieren, indem sie ihre Macht über das Personal missbrauchte. Sie tut mir ehrlich leid, denn sie muss sehr einsam sein. Es wurde von Jahr zu Jahr schlimmer. Hinzu kamen die alltäglichen Querelen mit ihrem Nachwuchs. Aber die hatten wir schließlich auch. Bei ihr wusste man montags nie, wie sie drauf war. Entweder überschwänglich oder heimtückisch – nach Fehlern suchend. Wenn sie die Praxisschränke aufriss und in den Fächern hantierte, dass es nur so schepperte, gab es kein Entkommen mehr. Duckmäuser waren ihr am liebsten, darauf konnte man so herrlich herumtrampeln. Intelligente Angestellte mit Verstand und Kompetenz, die eigene Ideen hatten, Ideen, die zudem noch funktionierten, kamen nicht gut an. Der Chefstern sollte schließlich am hellsten leuchten. Ausgeprägte Machthaberei, falsche Sicht auf sich selbst – eine fatale Mischung. Wer sich selbst nicht kennt, kann auch seine Mitmenschen nicht einschätzen. Ich sehe das so: Wenn die Herzenswärme fehlt, nützt die Intelligenz kaum zur Schadensbegrenzung. Dann wird leicht der schmale Grat zur seelischen Grausamkeit überschritten. Vielleicht ungewollt – aber es passiert doch viel zu schnell.«
    »Da ist was Wahres dran«, sagte Charlotte. »Ich bin jedenfalls sehr froh, Sie in meinem Team zu haben, Janet.«
    »Danke schön. Lob tut immer gut.«
    »Ich werde es mir merken.«
    »So war’s nicht gemeint.«
    »Weiß ich doch.«
    »Ach, Dr. Svenson«, sagte Janet zögerlich.
    »Ja?«
    »Ich mache mir ein bisschen Sorgen um Sie. Sie wirken erschöpft.«
    Flo kannte den Grund. Charly wollte unbedingt ein Baby und musste sich Hormone spritzen, die sie nicht gut vertrug. Mit Kevin war Flo damals so schnell schwanger geworden, dass sie sich nie Gedanken über so etwas hatte machen müssen. Auch dafür war sie dankbar.
    Sie schloss die Fenster in den Praxisräumen und überlegte, ob sie ein Stück eines Halloween-Panels für den Oktober-Kalenderquilt verwenden sollte. Das ging flott und sah super aus.
    Ein Rums ließ sie aufhorchen. Wollte Bertha etwas von ihr? Das Praxispersonal war längst nach Hause gegangen. Sie lief in die Richtung, aus der sie das Geräusch vermutete. Da lag Charlotte – kreidebleich und regte sich nicht. Der Schreck fuhr ihr in die Glieder. Fast zeitgleich riss Marc die Tür auf. Sie hatte beinahe nicht registriert, dass sie seinen Namen gerufen hatte.
    Marc starrte sie an und suchte ihren Körper nach Verletzungen ab. Bevor er seine Inspektion beenden konnte, deutete sie auf den Boden. Charly trug ein T-Shirt und ihre weißen Praxishosen, die an den Innenseiten der Oberschenkel blutgetränkt waren.
    »Hat sie eine Fehlgeburt?« Marc keuchte erschrocken.
    »Glaub ich nicht. Hilf mir mal.«
    Er bückte sich bereits und bemühte sich, Charlotte aufzuheben. Sie trugen sie zum Sofa auf der Veranda. Es war nicht weit und dort gab es außerdem frische Luft.
    »Ach, meine Kleine.« Bertha war händeringend zu ihnen getreten. So rasch sie konnte, holte sie ein Handtuch, das sie mit einem Blick auf Marc über Charlottes Schoß legte.
     
    *
     
    Für »Tyler Undercover« , die neue CD, war ein weiterer Song aufgenommen worden. Orlando und er hatten alte Hits zu neuen Coverversionen arrangiert.
    »I’m a Believer« geht ins Blut, es klingt beinahe besser als das Original«, sagte Anna. »Dennoch gefällt mir »Sugar« am besten. Selten zeigst du dich so ausgesprochen fröhlich in deinen Liedern, Tyler. Sugar, mhmhmhmhm oh honey, honey« , sang sie leise vor sich hin.
    Spontan fiel Tyler in den Refrain mit ein.
    »Gute Arbeit.« Anna wandte sich ihrem Mann zu. »Gehen wir zum Strand?«
    »Moment noch«, sagte Tyler. »Orlando, du hast mal erwähnt, dass dein Großvater eine Pferderanch

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