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Zitronentagetes

Zitronentagetes

Titel: Zitronentagetes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Orlowski
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kannst einem wirklich die Stimmung verderben, mein Lieber.«
    »Ich habe das alles so satt.«
    Während Josh mit seiner Sekretärin tanzte, sah sich Marc gelangweilt um. Es war genau diese Stimmung, die ihn am liebsten nach einer Zigarette greifen ließ. Das Rauchen hatte er jedoch vor Jahren aufgegeben. Er beschloss, ein wenig frische Luft zu schnappen. Der Regen hatte aufgehört, aber offensichtlich die Milde des Abends fortgespült. Die Temperatur war merklich abgekühlt. Sein Atem hinterließ Dampfwölkchen in der Luft. Als er zurück ins Foyer trat, erhaschte er einen Blick auf Floriane. Sie saß auf einem Hocker und gähnte.
    »Das Büffet sieht großartig aus.«
    »Du hast bestimmt Hunger, entschuldige. Geh und nimm dir, was du möchtest.«
    »Ich arbeite hier, das kann ich nicht machen.«
    »Sagt wer?«
    »Hm …«
    »Dann lade ich dir was auf den Teller. Magst du irgendetwas ganz und gar nicht?«
    »Erbsen und Meeresfrüchte.«
    Ihre prompte Antwort verriet ihm, wie hungrig sie war. Im Stillen freute er sich, ihr etwas Gutes zukommen zu lassen.
    Als er nach einem Hähnchenschenkel griff, überlegte er, wie oft er in den vergangenen Wochen ein schlechtes Gewissen bezüglich seiner Mutter gehabt hatte. Sie hatte sich ungeschickterweise mit heißem Wasser verbrannt. Angeblich war der Wasserkocher defekt, sodass Marc ihr einen neuen besorgte. Kurz darauf stieß sie sich an einer Bettkante im Schlafzimmer und konnte infolgedessen zwei Tage lang den Fuß nicht aufsetzen. Daher erledigte er ihren Einkauf. Waren diese Verletzungen Zufall oder steckte mehr dahinter? Wieso war ihm das nicht schon früher aufgefallen? Er würde zukünftig genauer darauf achten. Doch wie um alles in der Welt sollte er ihr sagen, dass sich George wieder auf freiem Fuß befand? Natürlich könnte er die Tatsache einfach unter den Tisch fallen lassen. Früher oder später würde sie jedoch davon erfahren. Und wenn sie begriff, dass er längst davon gewusst hatte, würde es ein Riesentheater geben. Er kannte das zur Genüge. Wie er es auch anstellte, es war stets falsch. Zum Verrücktwerden. Frustriert lud er zwei verschiedene Salate auf den Teller. Die gebackenen Kartoffeln machten keinen schlechten Eindruck, daher gesellten auch sie sich zu den Leckerbissen.
    Flo putzte sich gerade die Nase, als er sich vor ihr aufbaute.
    »Oh, danke. Du hast sogar an das Besteck und eine Serviette gedacht.« Sie biss in den Hähnchenschenkel. »Und was mache ich, wenn mich jemand von der Geschäftsleitung erwischt?«, nuschelte sie mit halb vollem Mund.
    »Soll ich so lange Wache schieben, bis du aufgegessen hast?«
    »Das wäre wohl das Beste.«
    »Ich hole uns rasch etwas zu trinken.«
    »Für mich einen Saft, bitte.«
    »In Ordnung.«
    »Oder ist auch etwas gegen Halsschmerzen da?«
    »Echter Jamaikarum.«
    »Gott bewahre.«
     
    Marc genehmigte sich einen alkoholfreien Longdrink. Ein Jammer, dass er noch fahren musste. Ein Whisky würde jetzt Wunder wirken. Das Telefonat mit seinem alten Herrn lag ihm schwer im Magen. Der Druck in seinen Eingeweiden verstärkte sich. Es war frustrierend, dass er nicht mal richtig wütend sein durfte auf dieser vermaledeiten Weihnachtsfeier. Er sah auf seine Uhr und beschloss, nach Hause zu fahren. Selbstverständlich hätte er Flo in der Lincoln Street abgesetzt, doch Joshua hatte sie bereits fortgeschickt, nachdem er mitbekommen hatte, dass sie sich kaum noch auf den Beinen halten konnte. Die sich rasch ausbreitende Erkältung hatte sie sich ziemlich schlapp fühlen lassen.
    Er stieg in den BMW und fuhr aus der Tiefgarage. Mit zügigem Tempo passierte er eine Querstraße. Er gab Gas, weil er es gern tat. Bereits von Weitem sah er die rote Ampel und bremste ab, doch dann schaltete sie auf grün und er beschleunigte wieder.
    Wie aus dem Nichts tauchte am Fußgängerüberweg jemand auf und betrat die Fahrbahn.
    Marcs erschrockene Hirnzellen kreischten einen einzigen Befehl: Bremsen!
    Die Welt taumelte. Angst lief ihm wie Eiswasser das Rückgrat hinunter. Das dumpfe Geräusch des Aufpralls war furchterregend. Viel zu spät riss er das Lenkrad herum. Eine Menge Blech wickelte sich quietschend um den Ampelmast.
    Blitzartig schoss ein Schmerz von seinem Bein hinauf in den Kopf – und dann nichts, nur Dunkelheit und schemenhafte Schatten um ihn herum. Die darauf einsetzende Stille war fast noch gespenstischer als das Gekreische sich verbiegenden Metalls.
     
    *
     
    Floriane tat die klare, kalte Luft gut, daher lief sie

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