Zivilcourage - Keine Frage
Planeten, es geht also nur gemeinsam.
Fühlen Sie sich als Frau des öffentlichen Lebens verantwortlich, auf diese Zusammenhänge hinzuweisen?
Nein, das ist keine Frage meiner Öffentlichkeit, aber ich benutze sie. Sicherlich ist es in unserer marktschreierischen Welt für mich insofern einfacher, ein Thema in das Bewusstsein anderer zu bringen. Doch die Aufmerksamkeit nervt mitunter auch: Für die Öffentlichkeit bist du Projektionsfläche, die Medien nageln dich auf ein Thema fest, erwarten, dass du Position beziehst. Manchmal fühlt man sich wie eine Figur, die bei Bedarf aus der Schublade gezogen wird.
Sie haben ein Buch über Frauen geschrieben, die sich für die unterschiedlichsten Dinge engagieren. 27 Wollten Sie von Ihrer eigenen Person ablenken?
Ja, ein bisschen. Man hat mich immer wieder gedrängt, eine Autobiographie zu schreiben. Deshalb gefiel mir die Idee, engagierten Frauen eine Stimme zu geben, die nicht so bekannt sind wie ich. Also ein Sprachrohr zu sein für zivilcouragierte Frauen. Auch hier ist völlig offen, was und wen wir damit erreichen. Sicher gibt es einige Menschen, die in der Lesung zwei Stunden lang ergriffen sind, wenn sie hören, wie die Protagonistinnen gegen die Mafia gekämpft, den Genozid in Ruanda überlebt haben oder als Nonne in China gefoltert wurden. Wenn das Publikum dann zu Hause ist, hat die Hälfte den Grundgedanken des Buches – sich für etwas einzusetzen – längst wieder vergessen. Dennoch dokumentieren die Menschen eine Haltung, indem sie zur Lesung kommen oder sich das Buch kaufen.
Was also raten Sie jungen Menschen, die noch nicht wissen, wohin ihr Weg führen wird?
Hinhören, was die anderen sagen, und dann einen eigenen Weg finden. Kritische Fragen stellen, rebellisch sein, Bestehendes infrage stellen. Denn verändern kann man doch nur etwas, wenn man sich auch mal dagegenstellt. Wir können der nächsten Generation nur eine Idee, vielleicht ein Ziel vorgeben. Wie sie damit umgeht, entscheidet sie selbst.
8 Passende Worte, richtige Taten
» Stärke wächst nicht aus körperlicher Kraft – vielmehr aus unbeugsamem Willen. «
Mahatma Gandhi
8.1 | Die beste Strategie gegen Gewalt
Nachmittags an einer S-Bahn-Unterführung nahe der Innenstadt. Ein etwa 45 -jähriger Mann nähert sich einer jungen Frau. Er hält sie fest, drückt sein Gesicht an ihres, beschimpft sie: Du miese kleine Hure. Er beginnt das Mädchen zu würgen. Gurgelnde Laute dringen aus ihrer Kehle; sie scheint völlig hilflos. Plötzlich lässt der Mann von ihr ab.
Was wie ein echter Überfall aussieht, ist » nur « ein Experiment, das unter Psychologen durchaus umstritten ist. Initiiert vom Hamburger Zivilcourage-Trainer Jens Mollenhauer und seiner Tochter. Jens Mollenhauer ist Polizist bei der Hamburger Polizei; in seiner Freizeit bietet er Präventionstrainings für Kinder und Erwachsene an. Häufiger gehen Mollenhauer und seine Tochter gemeinsam unter die Leute, testen mit gestellten Szenen die Reaktionen von Passanten – und erleben immer wieder dasselbe: Meist greift niemand ein. Oder die Helfer reagieren in einer Weise, die sie in einem realen Überfall selbst in Gefahr gebracht hätte.
Bundesweit bieten Behörden, Schulen und Institutionen Präventionstrainings an, die den Bürger in seinem Alltag für eine potenzielle Gefahrensituation wappnen sollen. Die Trainings vermitteln, wie man sich gewaltfrei schützen und richtig sowie sicher helfen kann, wenn andere in Not sind: Welche körperlichen Signale kann ich aussenden, um gar nicht erst zum Opfer zu werden? Sollte ich den Täter ansprechen oder lieber nicht? Wie helfe ich am besten, ohne mich selbst in Gefahr zu bringen? Selbstverteidigungstechniken machen dagegen meist nur einen Bruchteil von seriösen Seminaren aus – oder werden gar nicht gelehrt. Trainer warnen zudem vor Crashkursen. Denn sowohl Selbstverteidigung als auch Intensivkurse führen mitunter zu einem trügerischen Sicherheitsgefühl. Die eigene » Leistung « wird überschätzt, eine Gefahrensituation schnell falsch bewertet.
Ein starkes Ich ist der beste Schutz
Ein Leben ohne Gefahren gibt es nicht. Doch jeder weiß dank seines gesunden Menschenverstandes, wie er bedrohliche Situationen abwendet, dass man bestimmte Orte und Menschen besser meidet und eine beleuchtete Hauptstraße nachts die bessere Wahl ist als der kurze Nachhauseweg durch den dunklen Park. Unser Alltag ruft uns ständig dazu auf, abzuwägen und Kompromisse einzugehen. Wer mit einem
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