Zodiac - Auf der Spur eines Serienkillers
noch hatte, zusammen mit dem Schlüssel. Der vermummte Fremde steckte das Kleingeld ein, warf den Autoschlüssel auf die Decke und steckte seine Pistole in den Holster.
Vielleicht braucht der Kerl wirklich dringend Hilfe, dachte Bryan und sagte: »Hören Sie, ich habe wirklich nicht mehr Geld bei mir, aber wenn Sie so dringend Hilfe brauchen, kann ich ja vielleicht etwas für Sie tun.«
»Nein«, erwiderte der Fremde, »so viel Zeit habe ich nicht. Ich bin aus dem Gefängnis in Deer Lodge, Montana, ausgebrochen. Ich habe dort einen Wärter erschossen. Jetzt bin ich mit einem gestohlenen Wagen unterwegs, habe kein Geld in der Tasche und absolut nichts mehr zu verlieren.«
»Immer mit der Ruhe«, erwiderte Bryan. »Sie können die Knarre ruhig wieder einstecken.«
»Spiel bloß nicht den Helden«, entgegnete der Mann. »Versuche ja nicht, mir die Waffe abzunehmen.«
»Ich habe nicht geglaubt, dass die Pistole wirklich geladen war«, erzählte mir Bryan später. »Ich habe oft gehört, dass solche Typen meistens mit einer ungeladenen Waffe bluffen. Aber ich wollte es trotzdem nicht drauf ankommen lassen.«
»Sie verschwenden wirklich nur Ihre Zeit mit mir«, beharrte Bryan. »Mehr Geld habe ich nun mal nicht bei mir.«
»Ich habe einfach irgendwas dahergequasselt«, berichtete er hinterher. »Ich hatte ja keine Ahnung, wie Kriminelle so reagieren - schließlich war ich im wirklichen Leben noch nie einem begegnet. Also, ich dachte mir, dass ich von dem Kerl nichts zu befürchten hätte und dass er nur auf unser Geld aus wäre. Aber ich glaube, er hat es nachher gar nicht mitgenommen, und der Autoschlüssel blieb auch auf der Decke liegen. Er erzählte mir, dass sein Wagen ›heiß‹ sei, und ich dachte, er meinte, dass es ein schneller Wagen sei, aber er sagte, dass er gestohlen wäre. Er sprach über seine Zeit im Gefängnis und sagte noch, dass er sich vielleicht später bei mir melden würde. Wir redeten eine ganze Weile.«
Der Mann mit der Kapuze nahm schließlich die Wäscheleine, die er bei sich hatte, zur Hand. Bryan betrachtete das Messer des Mannes, das in einer Holzscheide steckte, etwas genauer; die Klinge war zwei bis drei Zentimeter breit und fünfundzwanzig bis dreißig Zentimeter lang. Es handelte sich möglicherweise um ein Brotmesser, dessen Holzgriff mit zwei Nieten verziert und mit Fixierpflaster umwickelt war. Die Klinge war auf beiden Seiten scharf.
Hätte Bryan jemals den Film »The Most Dangerous Game« gesehen, so hätte er sofort erkannt, dass es sich um eine Kopie des Messers handelte, das Graf Zaroff auf seinen Jagden bei sich trug.
»Legt euch mit dem Gesicht nach unten auf den Boden«, befahl der vermummte Mann schließlich. »Ich muss euch fesseln.«
Bryan stand von der Decke auf, worauf der Mann ihn aufforderte, sich wieder hinzulegen. »Sie werden’s nicht glauben, Robert«, erzählte Bryan, »aber ich war einfach nur sauer, weil er uns fesseln wollte. Ich wollte es ihm ausreden und überlegte, ob ich nicht versuchen sollte, ihm die Pistole abzunehmen. Ich hatte das Gefühl, dass es mir gelingen könnte. Der einzige Grund, warum ich es nicht versuchte, war, dass ich das Risiko nicht eingehen wollte. Wenn jemand dabei verletzt worden wäre, hätte man mir vielleicht vorgeworfen, dass ich unnötigerweise den Helden spielen wollte.«
»Ich glaube, ich kann ihm die Pistole abnehmen«, flüsterte Bryan Cecelia zu. »Hast du was dagegen?«
»Der Vorschlag schien ihr irgendwie Angst zu machen«, erzählte mir Bryan, »also ließ ich es sein, weil es ja nicht nur um mein Leben allein ging, sondern auch um das ihre. Ich dachte mir, gehen wir auf Nummer Sicher. Wenn dich jemand ausraubt, dann gib ihm dein Geld und geh kein Risiko ein. Der Kerl wirkte irgendwie abgedreht, aber man konnte einigermaßen normal mit ihm reden. Ich dachte mir, dass er wirklich nur auf Geld aus war.«
Der Mann mit der Kapuze wandte sich Cecelia zu. »Du fesselst den Jungen«, befahl er ihr.
Cecelia schlang die Leine um Bryans Hände und Füße und knotete sie so, dass sie sehr locker saß. »Sie hat mich gar nicht fest gefesselt«, berichtete Bryan, »und ich hielt die Hände weit auseinander, so wie man es in Filmen sieht.«
Während Cecelia Bryan fesselte, griff sie in seine Hosentasche, zog die Brieftasche hervor und warf sie dem Mann hin. Er fing sie aber nicht auf. Als sie fertig war, fesselte der stämmige Mann sie ebenfalls. Als er das Mädchen berührte, begannen seine Hände zu zittern, doch er
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