Zombie-Ballade
geglaubt? Wäre er zu den Bullen gelaufen, die hätten ihn höchstens ausgelacht. Da bekam er also auch keine Chance. Was blieb dann? Die Flucht?
»Bevor du dich entscheidest«, sagte Mary Arm, »solltest du aus dem Fenster schauen. Die Polizei fährt soeben vor. Wir werden den Leuten das Tor öffnen.«
Spiro lachte krächzend. »Wollen Sie tatsächlich die Bullen ins Haus lassen?«
»Weshalb nicht?«
»Aber wir haben einen ihrer Kollegen…«
Sie ging auf Spiro zu und legte zwei Finger unter sein Kinn. »Was haben wir, mein Lieber?«
Spiro versteifte. »Nichts«, presste er hervor. »Gar nichts.«
»Eben.« Mary Ann swingte an ihm vorbei. Jede Bewegung glich einem Tanzschritt. Sie hörte das Signal der Klingel und löste vom Flur in der oberen Etage den Kontakt aus, damit das Tor zur Seite wich. Spiro wartete im Flur und hörte die Stimme seiner Chefin, als diese erklärte:
»Ich werde nach unten gehen und sie empfangen.« Leichtfüßig lief sie die breite Treppe hinab.
Spiro blieb zurück und raufte seine Haare. Sein hölzern wirkendes Gesicht war verzogen. Er sah aus, als würde er jeden Moment anfangen zu weinen. Er hatte ein schlechtes Gefühl. Andererseits traute er dieser Frau durchaus zu, mit den Polizisten fertig zu werden. Mary Ann Baxter hatte inzwischen die Treppe hinter sich gelassen. Sie erkannte, das die Polizisten mit ziemlich großer Besatzung gekommen waren und durch den Park gingen. Sechs Uniformierte und ein Beamter in Zivil, der aussah wie ein alter Penner, einen speckigen Hut aufhatte und trotz der Kälte den Mantel nicht geschlossen hatte. Im ersten Augenblick musste man über solche Typen lachen. Mary Ann hütete sich allerdings davor. Sie kannte die alten Profis, und als sie in die Augen des Mannes schaute, da wurde ihr klar, dass dieser Mensch ziemlich gewitzt war und sie sich in seiner Einschätzung nicht getäuscht hatte.
»Mein Name ist Tanner. Ich bin Chiefinspektor von Scotland Yard.«
»Bitte, kommen Sie.«
Tanner ging allein. Seine Leute blieben in der Kälte. »Ich will Sie auch nicht lange aufhalten«, sagte er, »aber einer unserer Leute ist verschwunden. Normalerweise kümmere ich mich nur um Mordfälle…«
»Nehmen Sie an, dass er tot ist?« fragte die Frau.
Tanner lächelte breit. »Nein, Madam, auf keinen Fall. Aber wie ich hörte, ist er mit Ihnen gefahren.«
»Das stimmt.«
»Können Sie mir den Grund sagen?«
»Aber klar. Der Mann war sehr besorgt um uns. Er kannte mich, ich kannte ihn. Sie hätten die Menschenmenge sehen sollen, vor ihr hatte er uns beschützen wollen.«
»Sehr edel.«
»Meine ich auch.«
Tanner schaute sich in der eleganten Halle um. »Hat er hier gestanden?«
Mary Ann wusste nicht, was der Chiefinspektor mit dieser Frage bezweckte, deshalb blieb sie vorsichtig. »Ich muss mal nachdenken. So genau weiß ich das nicht. Ich fühlte mich nämlich nicht gut. Dieser Unfall hat auch bei mir einen gelinden Schock ausgelöst.«
»Sie waren nicht allein.«
»Nein, ich habe einen Chauffeur.«
»Kann ich den sprechen?«
»Selbstverständlich, Sir. Nur frage ich mich, was das alles soll? Ich komme hier nicht mit. Ist etwas geschehen? Sie sind doch bestimmt nicht wegen des lächerlichen Glatteis-Unfalls gekommen?«
»Nein, nein, da ist noch etwas anderes.«
»Und was?«
Tanners Faltengesicht zog sich in die Breite. »Holen Sie doch bitte Ihren Fahrer.«
»Natürlich.«
Mary Ann Baxter rief den Namen hoch und hörte Spiro auf der Treppe. Tanner schob seinen Hut in den Nacken. Vor der Treppe war er stehen geblieben und schaute die zahlreichen Stufen hoch. Er machte sich immer gern ein erstes Bild von einem Menschen. Dieser Spiro war ein Kämpfer, ein Kraftprotz, aber auch ein etwas unsicherer Mensch, wie Tanner mit geschultem Polizistenblick erkannte. Der Chiefinspektor lächelte freundlich. »Sie sind also Mr. Spiro?«
»Ja, Sir.«
Tanner reichte dem Mann die Hand. Er fühlte den Schweiß und sah auch den unsteten Blick seines Gegenübers. »Haben Sie Angst, Mr. Spiro?«
»Wovor?«
»Vor dem Glatteis.«
Der Fahrer lachte. »Sie sind wegen des Unfalls gekommen, klar. Aber es war keine Fahrerflucht…«
»Das weiß ich. Ein Kollege ist ja mitgefahren.«
»Stimmt, Sir.«
»Und den suche ich.«
Spiro schwieg. Er wurde bleich. Das stellte auch Mary Ann Baxter fest. Bevor Spiro die Nerven verlor, griff sie ein und wandte sich an Tanner.
»Chiefinspektor, Sie wollen doch nicht behaupten, dass wir etwas mit Ihrem Kollegen angestellt
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