Zombie-Ballade
mir eine Zigarette angezündet und schaute Suko durch den Rauch an. »Hättest du mit deiner Vermutung recht, müsste es eine Verbindung zwischen dem Wang, dem verschwundenen Polizisten und dieser Mary Ann Baxter geben.«
»Wahrscheinlich.«
Ich schüttelte den Kopf und rauchte dabei versonnen. »Mensch, Suko, wenn das zuträfe…«
»Was wäre dann?«
Ich winkte ab. »Nichts. An so viele Zufälle kann ich einfach nicht glauben. Tut mir leid.«
»Zufall oder Schicksal, John, das ist hier die Frage.« Mein Freund lächelte wissend. »Ich gehe von meinem Gefühl aus. Der Wang ist in London, halten wir das einmal fest. Er hat eine Aufgabe zu erfüllen, die mit Zombies zusammenhängt. Dich ruft Tanner an, berichtet dir von einem verschwundenen Polizisten und erwähnt noch, dass es im Haus dieser Frau so seltsam gerochen hat.«
»Nach Verwesung«, präzisierte ich. »Exakt.«
Ich schlug mit der flachen Hand auf den Tisch. »Und diese Frau, in deren Tanzschule es nach Verwesung riecht, will dort ein großes Fest geben?«
»Möglich ist alles.«
»Vielleicht sogar mit irgendwelchen Zombies als Ehrengästen.«
Suko schaute zu Boden. »Ich meine«, so sagte er, »man sollte dich nicht allein hinfahren lassen.«
»Du hast keine Karte.«
»Ich komme schon rein. Machen wir folgendes. Falls ich bis zum Abend keine neuen Spuren finde, werde ich mich ebenfalls bei dieser Mary Ann Baxter umschauen. Klar?«
Ich war einverstanden. Suko erhob sich. »Dann lass dir die Zeit mal nicht zu lang werden, alter Tiger…«
»Kein Sorge, ich lege mich nur ein wenig aufs Ohr.«
»Soll ich dich wecken?«
»Nicht nötig. Wenn ich auf Parties gehe, schaltet sich mein innerer Wecker stets automatisch ein.«
»Und vergiss deine Beretta nicht.«
»Geladen und entsichert!«
»So ist es recht, großer Geisterjäger«, sagte Suko grinsend und schloss die Tür hinter sich.
***
Wie hatte Bill Conolly noch gesagt? Die Parties und Feste der Mary Ann Baxter sind ein gesellschaftliches Ereignis in London. Das stimmte schon, wenn ich mir die Luxuslimousinen anschaute, die im Park und auch vor dem Grundstück am Straßenrand abgestellt worden waren. Der Jaguar, der Mustang, der Mercedes und der Porsche waren ebenso vertreten, wie der Rolls und mein altersschwacher Bentley, für den ich nur vor dem Grundstück einen Parkplatz fand.
Ich hatte mich entsprechend umgezogen, trug eine dunkelblaue Hose, ein Streifenhemd, Krawatte und eine weiße Jacke aus Leinen. Das war zwar nichts für den Winter, aber auf solchen Festen wurde einem meist sehr schnell warm, das wusste ich aus Erfahrung.
Am Tor standen zwei Bedienstete in langen Mänteln und kontrollierten zum erstenmal die Karten. Vor mir ging ein Pärchen, bei dem sie schon fast seine Enkelin hätte sein können. Aber er hielt sich aufrecht, und seine weiße Löwenmähne wehte im Wind. Die Frau hatte sich in einen roten Pelz gehüllt und klammerte sich an ihrem Kavalier fest.
»Sind Sie ohne Begleitung, Sir?« fragte man mich.
»Ja.«
»Viel Vergnügen, Sir.«
»Danke.«
Die Frau vor mir beschwerte sich. »Im Sommer gibt es schon am Tor Champagner. Aber jetzt…«
Sie bekam die richtige Antwort von ihrem Begleiter. »Willst du das Zeug denn kauen. Das friert doch im Glas fest.«
»Ach ja.« Sie kicherte.
Ich ging kopfschüttelnd hinter den beiden her. Meinen Thermomantel hatte ich übergestreift. Bei diesem Wetter reichte sogar der Burberry nicht. Der Park, durch den ich schritt, lag im tiefen Frost einer knackigen Winternacht. Das Licht der aufgestellten Lampen fiel auch über die Bäume und ließ das Eis auf ihnen wie einen kostbaren Silberglanz erscheinen.
Die Vorderfront des Hauses war beleuchtet. Der Name der Tanzschule leuchtete als Halbkreis und in bunten Buchstaben. Leise Musik wehte durch den Park. Walzerklänge von Johann Strauß. Diese Musik erinnerte mich daran, dass ich mich gewissermaßen im Garten einer Tanzschule befand.
Vor meinen Lippen dampfte der Atem. Auch hinter mir gingen Gäste. Vier Pärchen zählte ich. Sie lachten, hatten Spaß. Die Männer im Smoking, die Frauen in langen Kleidern. An diesem Abend wurde wieder die neue Mode zur Schau getragen.
Von den Conollys sah ich draußen nichts. Wahrscheinlich waren sie schon eingetroffen. Ich hatte mich ein wenig verspätet, denn es war drei Minuten nach halb sieben.
Über die Treppe musste ich hoch zum Eingang gehen. Wegen der Kälte wurde die Tür sofort wieder geschlossen, wenn ein Paar das Haus betreten
Weitere Kostenlose Bücher