Zombie-Ballade
schimpfte hinter mir her.
Dann sah ich Mary Ann Baxter. Fast wäre ich ihr in die Arme gelaufen, sie sah mich gleichfalls und blieb stehen. Die Frau hatte sich umgezogen, sie trug eine lange Bluse und dazu die passende Hose. Wieder lächelte sie.
»Hallo, Polizist«, sagte sie und hakte sich bei mir ein. Dabei drückte sie sich so eng an mich, dass ich ihre fraulichen Formen spüren konnte. »Amüsieren Sie sich gut, Mr. Sinclair?«
»Ja, danke.«
»Ich finde es schade, dass Sie als Single gekommen sind, aber Polizisten sind im Dienst ja immer allein.« Es lag eine Frage hinter dieser Bemerkung.
Ich gab eine lockere Antwort. »Woher wollen Sie wissen, dass ich im Dienst bin?«
»Das ist bei Polizisten immer so.«
»Meistens«, gab ich zu. Sie drehte sich aus meinem Arm. Vor mir blieb sie stehen und schaute mich ein wenig lauernd an. »Welcher Auftrag hat Sie zu meiner Feier geführt, Mr. Sinclair?«
Ich zierte mich ein wenig. »Ich habe gehört, dass Sie sich mit der Erforschung des Jenseits beschäftigen.«
Sie lachte, ging einen Schritt zurück und hielt die Hand vor den Mund.
»Hat sich das schon herumgesprochen?«
»Ja.«
Mary Ann nickte mir ein paar Mal zu. »Das hat Ihnen sicherlich Mr. Conolly gesagt.«
»Ja.«
»Da hat er nicht gelogen.«
»Das dachte ich mir. Darf man fragen, wie weit Ihre Forschungen schon gediehen sind?«
»Ich stehe erst am Beginn.«
»Jeder fängt mal an…«
Sie spielte mit Ihrem Strass-Schmuck und begrüßte gleichzeitig mehrere Gäste, indem sie ihnen zunickte. »Was schätzen Sie denn, Mr. Sinclair, womit ich mich beschäftige?«
»Es ist ja jetzt Mode geworden, über das Sein nach dem Tode nachzudenken. Ich nehme stark an, dass Sie in dieser Richtung tätig sind.«
»Ein Irrtum, Mr. Sinclair.«
»Dann klären Sie mich auf.«
Aus der Handtasche holte sie eine Zigarette und klemmte sich das Stäbchen zwischen die Lippen. »Es ist schwer, es Ihnen zu sagen, Mr. Sinclair. Was halten Sie davon, wenn Sie mich für eine Viertelstunde begleiten? Dann kann ich Ihnen über mein Forschungsgebiet erzählen.«
»Ich bin einverstanden.«
»Wir müssten allerdings in meine Privaträume.«
»Dagegen habe ich auch nichts. Ich glaube, jeder würde sich glücklich schätzen, mit einer so attraktiven Frau, wie Sie es sind, ein Fest zu verlassen.«
»Sie Schmeichler. Haben Sie das gelesen? Ich wusste gar nicht, dass Bullen… pardon, das ist mir herausgerutscht.« Sie streichelte schnell meine Hand, »dass Polizisten so höflich und auch galant sein können.«
»Ich bin eben eine Ausnahme.«
»Das habe ich bemerkt.«
Wir sahen Spiro. Er blieb aus dem Lauf heraus stehen, als er uns entdeckte. Staunen zeichnete sein Gesicht. Wahrscheinlich hätte er nicht so ausgesehen, wäre seine Chefin mit einem anderen gegangen. So aber lief er noch rot an, kam mir so vor, als wollte er etwas sagen, verschluckte die Worte aber.
»Ich bin mit Mr. Sinclair in der ersten Etage«, erklärte Mary Ann Baxter.
Spiro nickte nur. Wir passierten ihn.
»Es scheint ihm nicht zu gefallen, dass Sie mit mir weggehen«, sagte ich.
»Was soll's. Außerdem haben wir nichts Verbotenes vor - oder?« Ich hob die Schultern.
»Wer weiß.«
Sie lachte hell auf. »Sie sind mir ja ein ganzer schlimmer Typ, Mr. Sinclair.«
»Das scheint nur so.«
Über eine breite Treppe gelangten wir in die erste Etage, wo die Privaträume der Frau lagen. Jedes Zimmer war durch eine Tür mit dem anderen verbunden, und Mary Ann führte mich in ihr Arbeitszimmer, das sehr modern mit italienischen Möbeln eingerichtet war. Die Farben rot und weiß wechselten sich ab. Ich konnte durch die Fenster in den beleuchteten Garten schauen.
Mary Ann Baxter war an den Schreibtisch getreten. »Nehmen Sie sich ruhig etwas zu trinken!« rief sie.
»Danke.«
Flaschen und Gläser standen auf einem zweistufigen Wagen, von dem ich mich bediente. Ich goss mir einen trockenen Martini ein.
Währenddessen zog Mary Ann die obere Schublade ihres weißen Schreibtischs auf, suchte etwas und holte schließlich ein altes Buch hervor. Triumphierend hielt sie es hoch. »Das ist es, Mr. Sinclair.«
»Was?«
Sie hielt das Buch noch immer hoch. Das Licht fiel schräg auf sie und zeichnete einen langen Schatten ihrer Gestalt. Noch immer hatte sie den rechten Arm ausgestreckt, die Hand hielt das Buch mit dem schwarzen Umschlag. »Das ist meine Zombie-Ballade«, sagte sie.
Ich schlenderte näher. »Zombie-Ballade?« wiederholte ich. »Was bedeutet
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