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Zone One: Roman (German Edition)

Zone One: Roman (German Edition)

Titel: Zone One: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colson Whitehead
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Mark Spitz. Er war sich nicht sicher, ob er sich zu Wort melden sollte, ob er damit seine Kompetenz zur Geltung brachte, aber er wollte Bozeman aus der Klemme helfen. In den ersten Wochen in der Zone hatten die Sweeper die Planquadrate ohne die Kampfanzüge aus dem neuen Gewebe durchkämmt. Eigentlich ein unverzichtbarer Ausrüstungsgegenstand, um das mindeste zu sagen, aber die Sweeper standen nicht oben auf der Liste. Als die Lieferung endlich unterwegs war, hatte Bozeman Mark Spitz einen Tipp gegeben, sodass er bei der Verteilung an der Spitze der Schlange stand. »Du bist einer aus Long Island«, hatte er später erklärt, »genau wie ich.«
    »Das Schöne an diesen Boutique-Hotels ist, dass es egal ist, wo auf der Welt man sich aufhält«, sagte Ms. Macy. »Vor der Seuche hatten die das richtig raus – die internationale Sprache der Gastfreundschaft.«
    »Waren Sie mal in Barcelona?«, fragte Bozeman. »Da bleiben die Leute die ganze Nacht wach.«
    »Ich denke an Kinder«, sagte Ms. Macy. Sie setzte einen roten Strich auf ihre geistige Weißwandtafel: Konzentrieren wir uns, Leute. »Bilder von Phönie-Kindern in den Camps, wie sie herumtollen und mit anpacken. Sämlinge in die Erde drücken und Macheten schleifen. Nein, keine Macheten – Kindersachen. Wie sie lächeln und lachen und Kindersachen machen. Schließlich sind sie die Zukunft. Und darum geht es ja bei der ganzen Sache, um die Zukunft.«
    Die Zukunft erforderte vieles, aber dass sie auch Inneneinrichtung erforderte, war Mark Spitz noch nicht in den Sinn gekommen. Ja, Kinder würden dem Raum genau die richtige Note geben. Ihm war nicht klar gewesen, dass er auch das gepflegte Argot der urbanen, gutsituierten Klasse vermisste. Es war wie ein Lieblingspullover, den man bei der ersten Herbstkälte hervorholte, beruhigend und gemütlich. Die Zukunft war das, was man früher ein Übergangsviertel genannt hatte. Wesentliche Dienstleistungen dünn gesät, die Hundesalons und schäbigen Cafés, aber wenn man rechtzeitig reinkam, spielte es keine Rolle, dass es in dem Gebäude nebenan von Skels wimmelte. Irgendwann werden sie von steigenden Mieten drei Subwaystationen weit weg verdrängt, und man sieht sie nie wieder. Die boîtes kommen schon, nur Geduld, mein Liebling. »Warum sind Sie hier, Ms. Macy?«, fragte Mark Spitz.
    Die Besucherin überlegte. »Eigentlich darf ich noch nichts verraten«, sagte sie, »aber euch kann ich es ja sagen. Wir haben uns sehr dafür eingesetzt und erst letzte Woche erfahren, dass der nächste Gipfel in Manhattan stattfinden wird. Eine tolle Nachricht, oder?«
    Mark Spitz und Bozeman brachten eine angemessene Reaktion zustande.
    »New York ist die tollste Stadt der Welt. Stellt euch vor, was alle diese Staatsoberhäupter und Botschafter empfinden werden, wenn sie sehen, was wir geleistet haben. Was ihr geleistet habt. Wir haben diese Stadt von den Toten zurückgeholt. Allein schon die Symbolik. Wenn wir das können, dann können wir alles.«
    »Vielleicht sind wir dann sogar schon in Zone Two, wenn alles nach Plan läuft«, sagte Bozeman, der den Vorteil nutzte.
    »Wir sind hier in Amerika.«
    »Und ob.«
    »Ich weiß«, sagte sie. Sie hatte einen Heiligenschein, ein Lichteffekt. »Ist das nicht toll?« Sie strich mit dem Finger über die Platte des Empfangspults und malte Kringel in den Staub. »Eine Oase, sobald sie einen Fuß in die Zone setzen. Ich glaube, ich kann das Haus hier absegnen. Sie werden ihren Aufenthalt genießen. Wie das damals immer hieß.«
    Sie kehrten zum Jeep zurück. Ms. Macy ging rückwärts und hielt die Einzelheiten im Sammelalbum ihres Geistes fest. »Den Teppich herausreißen und etwas Rotes verlegen«, befahl sie ihrem unsichtbaren Assistenten. »Ein paar Bilder von Kindern mit Zahnlücken, wie sie grinsen und tun, was Kinder eben so tun.« Sie blätterte in ihrem Notizbuch weiter, bis sie eine frische Seite fand. »In Wonton hänge ich mich als erstes ans Funkgerät und lasse einen Fotografen nach Happy Acres und Rainbow Village fliegen, damit er ein paar Porträts macht. Irgendwo muss es doch ein paar fotogene Kinder geben.«
    Auf der kurzen Fahrt uptown erwachte die Zone um Mark Spitz herum zum Leben. Nach zwei Blocks bückte sich eine Soldatin, um sich die Schnürsenkel zu binden, und ihr Kopf mit der schwarzen Schutzbrille drehte sich mit dem vorbeischnurrenden Jeep mit der darin sitzenden Zivilistin mit. Nach drei Blocks schleppten zwei Soldaten einen ledernen Klubsessel den Bürgersteig

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