Zonta-Norm regelwidrig
zurück, woher sie gekommen waren: nach oben. Noch bevor ich in die Glutzone stürzte, war ich von den aufwärts strömenden Gasmengen mitgerissen und aus der Gefahrenzone befördert worden. Weiß der Himmel, was mit mir geschehen wäre, wenn ich nicht noch im letzten Augenblick die Kante der Rampe zu fassen bekommen hätte.
Im aufsteigenden Luftstrom war ich jedenfalls an unseren Männern vorbeigesegelt. Deswegen fand man mich, zu diesem Zeitpunkt noch bewußtlos, weit oberhalb der Stelle, bis zu der unsere Vorhut vorgedrungen war. Wir marschierten nicht gleich weiter, sondern gönnten uns eine Ruhepause. Wir hatten einen Mann verloren – den, dessen Schatten ich an mir hatte vorbeisegeln sehen. Es war zwecklos, nach ihm zu schauen. Er lag auf der Sohle des Schachts unter glutflüssigem Felsgestein begraben. Ich faßte den bitteren Vorsatz, denjenigen zur Rechenschaft zu ziehen, der für seinen Tod verantwortlich war … wenn ich ihn jemals zu fassen bekam.
Die Luft im Schacht beruhigte sich allmählich. Wir hätten jetzt die Helme öffnen können, denn die Meßgeräte identifizierten die Schachtatmosphäre als ein atembares, wenn auch vorläufig noch kochendheißes Gemisch. Aber angesichts der Überraschungen, die wir hier schon erlebt hatten, zögerte ich, die entsprechende Erlaubnis zu geben. Ebenso wie es in der alten Marsstadt Hochdruckreservoirs gab, aus denen sich weite Stadtteile atmosphärisch fluten ließen, gab es auch Vakuumtanks, in die die künstliche Atmosphäre zurückflutete, wenn die Ventile geöffnet wurden. Dieses Risiko ließ sich vermeiden.
Es war mir fast schon zur Routine geworden, von Zeit zu Zeit den Kodator einzuschalten, um zu probieren, ob ZONTA schon wieder ansprechbar sei. Ich tat es auch diesmal ohne viel Hoffnung auf Erfolg. Um so größer war meine Überraschung, als der Marsrechner sich plötzlich meldete.
»Es geschehen in dieser Stadt Akte des offenen Verrats an einem Marsquotenberechtigten!« beschwerte ich mich. »Ich werde dich dafür zur Rechenschaft ziehen müssen.«
ZONTA antwortete:
»Handlungen des bewußten Verrats sind mir einem Erbberechtigten gegenüber unmöglich. Ich weise jedoch darauf hin, daß periphere Elemente nur bedingt meinem Kommando unterstehen.«
Ich war verblüfft. Was meinte er mit peripheren Elementen? Doch wohl die Roboter, die Ventile der Druckreservoire und ähnliche Dinge!
»Wie kann das sein?« wollte ich wissen.
»Der Mangel an Kontrolle ergibt sich aus der Interferenz zweier Befehlsströme«, erklärte ZONTA.
»Sprich deutlicher!« befahl ich. »Ich verstehe dich nicht!«
»Ich gehorche …«, sagte ZONTA noch, dann war es plötzlich still.
Die kleine Kontrollampe auf der Oberfläche des Kodators, die das Bestehen einer Verbindung mit dem Marsrechner anzeigte, erlosch. Der Kontakt war unterbrochen. Verwirrt versuchte ich, den Kodator von neuem zu aktivieren. Ein Erfolg wollte sich jedoch nicht einstellen. ZONTA meldete sich nicht mehr. Es fiel mir schwer, das eigenartige Verhalten des Rechners zu erklären. Wenn er mit mir in Verbindung stand, gebärdete er sich, wie ich als »bedingt Erbberechtigter« es verlangen durfte: nicht unbedingt unterwürfig, aber immerhin doch willfährig. Dann aber gab es Zeiten, in denen ich keinen Kontakt mit ZONTA aufzunehmen vermochte und in denen Dinge geschahen, die für uns gefährlich waren.
War der Rechner, wie Framus G. Allison vermutete, wirklich übergeschnappt? Besaß er sein ungetrübtes Funktionsvermögen nur noch während kurzer Zeitspannen, die von immer länger und häufiger werdenden Perioden der
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