Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zonta-Norm regelwidrig

Zonta-Norm regelwidrig

Titel: Zonta-Norm regelwidrig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K. H. Scheer
Vom Netzwerk:
al­len Sei­ten auf mich ein­drang. Der Luft­strom hat­te be­gon­nen, Wir­bel zu bil­den. Ich spür­te, wie der Druck, der bis­her auf mir ge­las­tet hat­te, schwä­cher wur­de. Statt des­sen pack­ten mich in im­mer kür­ze­ren Ab­stän­den wir­bel­ab­hän­gi­ge Kräf­te, die mich auf­zu­he­ben und in den Luft­strom hin­ein­zu­rei­ßen droh­ten.
    Ich konn­te nicht län­ger un­tä­tig hier lie­gen. Die rie­si­ge Hal­le war noch längst nicht mit Luft ge­füllt. Es moch­ten Stun­den ver­ge­hen, bis der töd­li­che Sturm en­de­te. In­zwi­schen hat­ten uns die wir­beln­den, wü­ten­den Gas­mas­sen längst in die Tie­fe ge­ris­sen. Ich muß­te han­deln. Ich – mit mei­nem In­di­vi­du­al­schirm – war au­ßer Han­ni­bal oh­ne­hin der ein­zi­ge, der in die­ser La­ge han­deln konn­te. Mein Plan stand fest, und es war kein Plan, der mir Ver­gnü­gen be­rei­te­te.
    »Hal­tet euch fest!« schrie ich ge­gen das oh­ren­be­täu­ben­de To­sen des Sturms. »Ich will Ab­hil­fe schaf­fen!«
    Han­ni­bal ver­such­te mit mir in Ver­bin­dung zu tre­ten. Ich spür­te sei­nen ste­chen­den Men­ta­lim­puls, rea­gier­te je­doch nicht dar­auf. Er woll­te mich war­nen, aber ich hat­te kei­ne Zeit mehr, auf War­nun­gen zu hö­ren. Vor­sich­tig mach­te ich mich auf den Weg. Zen­ti­me­ter um Zen­ti­me­ter schob ich mich seit­wärts, im­mer nä­her an die ge­fahr­dro­hen­de Kan­te hin­an, jen­seits de­ren es vier­hun­dert Me­ter weit in die töd­li­che Tie­fe ging.
    An was ich mich fest­hielt, dar­an er­in­ne­re ich mich heu­te nicht mehr. Um mich her­um war wal­len­der, irr­sin­nig rasch da­hin­strei­fen­der Ne­bel: Luft­feuch­tig­keit, die in der ei­si­gen Käl­te des Mon­din­nern kon­den­siert war. Die Sicht reich­te nicht ein­mal fünf Me­ter weit. Aber ich brauch­te kei­ne Sicht. Ich wuß­te, wo un­ten war, und mehr brauch­te ich in die­ser La­ge nicht zu wis­sen.
    Mehr­mals pack­te mich ein Wir­bel und droh­te mich in die Tie­fe zu schleu­dern. Aber je­des­mal schaff­te ich es durch ei­ne recht­zei­ti­ge Ge­wichts­ver­la­ge­rung, mich aus dem dro­hen­den Griff zu be­frei­en. Schließ­lich hat­te ich die Kan­te er­reicht. Müh­se­lig lös­te ich den Rak-Ka­ra­bi­ner aus der Öse. Der to­ben­de Luft­strom woll­te mir die Waf­fe aus der Hand rei­ßen; ich aber hielt fest. Mit un­glaub­li­cher Mü­he brach­te ich es schließ­lich fer­tig, den Lauf der Waf­fe nach un­ten in den Schacht zu rich­ten. Ei­nem in­ne­ren Im­puls fol­gend, schal­te­te ich mei­nen In­di­vi­du­al­schirm ein.
    Dann be­gann ich zu feu­ern. Peit­schend und heu­lend, deut­lich hör­bar jetzt, seit­dem der Schacht mit Luft er­füllt war, schos­sen die leuch­ten­den Pro­jek­ti­le in die Tie­fe. Ich hör­te, wie sie sich grol­lend und don­nernd auf der Soh­le des Schach­tes ent­lu­den. Der Lärm, den sie ent­fach­ten, über­tön­te so­gar das Heu­len des Sturms. Wa­bern­des, blau­wei­ßes Leuch­ten drang durch den mit Stur­mesei­le da­hin­zie­hen­den Ne­bel.
    Ich aber feu­er­te und feu­er­te. Ein Ma­ga­zin leer­te sich. Das war ein Pro­blem. Ich trug Er­satz­ma­ga­zi­ne bei mir; aber je­de Be­we­gung, die ich mach­te, setz­te mich von neu­em der Ge­fahr aus, von den wir­beln­den Böen mit­ge­ris­sen zu wer­den. Ich hör­te einen gel­len­den Schrei, der nach ei­ner hal­b­en Se­kun­de wie­der ab­riß: Spä­ter er­fuhr ich, daß ei­ner von Lis­ter­mans Leu­ten um ein Haar in die Tie­fe ge­ris­sen wor­den wä­re, wenn ihn sein Ne­ben­mann nicht recht­zei­tig am Bein ge­packt und fest­ge­hal­ten hät­te.
    Das neue Ma­ga­zin ras­te­te ein. Ich be­gann von neu­em zu feu­ern. Mi­ni­rak um Mi­ni­rak husch­te glu­tend in die Tie­fe. Wie lan­ge noch? Wie lan­ge brauch­te man, um den Grund des Schach­tes so mit Glut zu fül­len, daß sich die Mün­dung ei­nes drei Me­ter ho­hen Gan­ges schloß?
    Plötz­lich pack­te es mich. Der rei­ßen­de Wir­bel traf mich oh­ne je­de Vor­war­nung. Im Nu hat­te ich den fes­ten Halt un­ter mir ver­lo­ren. Ich fühl­te mich schwe­re­los, der Ma­gen drück­te mir ge­gen die Rip­pen. Um mich war nur noch trei­ben­der Ne­bel, die spi­ral­för­mi­gen Kon­tu­ren der

Weitere Kostenlose Bücher