Zonta-Norm regelwidrig
Sie war nicht besonders schwer, schon gar nicht unter der geringen Gravitation des Mondes, aber es ist doch nicht jedermanns Sache, mit unbeweglichen, an den Körper gefesselten Armen auf Erkundung zu gehen.
Ich näherte mich der Tür.
»Wohin willst du, um Himmels willen?« zeterte der Kleine.
»Mich umsehen«, antwortete ich kurz angebunden. »Halt den Schnabel und laß vor allen Dingen dein Mentalvisier zu! Die Soghmoler können uns telepathisch belauschen.«
Schon stand ich vor der Tür. Sie öffnete sich bereitwillig. Knossis mußte seiner Sache ziemlich sicher sein und ein felsenfestes Vertrauen in die kräftebindende Fähigkeit seiner Plastikfesseln haben. Ich trat hinaus in den schmalen Gang. Zu hören war nichts, also setzte ich mich vorsichtig in Marsch. Ich kam zu dem ersten der beiden Fenster und blickte kurz hinaus. Ich befand mich im zweiten oder dritten Stock eines Mehrparteien-Wohnhauses, wahrscheinlich unweit des Nordwestrands der Stadt. Aber das interessierte mich im Augenblick nicht besonders. Ich trottete weiter, und als ich fast das Ende des Ganges erreicht hatte, hörte ich vor mir dumpfes Stimmengemurmel.
Ich orientierte mich an dem Geräusch und fand rechts, dicht vor dem Gangende, eine Tür, durch die das Gemurmel zwar besonders deutlich, aber doch nicht so klar zu hören war, als käme es unmittelbar aus dem Raum hinter der Tür. Sollte ich es wagen? Sollte ich das Risiko eingehen, mit der Liege auf dem Rücken von den Soghmolern gefaßt zu werden? Es war kein großes Risiko, versuchte ich mir einzureden. Knossis wollte unsere Mitarbeit, weil er sie brauchte. Er würde sie auch dann noch brauchen, wenn er mich ertappt hatte, wie ich trotz seiner Fesselung hinter ihm herschlich.
Ich öffnete die Tür und blieb sofort stehen. Die Räumlichkeit, die ich von meinem Standort aus teilweise überblickte, war typisch für marsianische Wohnhäuser. An dieser Stelle gingen zwei Etagen ineinander über. Auf der tiefergelegenen befand sich ein großer, kreisrunder Raum. Die höhergelegene bestand dagegen nur aus einem Rundgang, der sich dicht unter der Decke rings um den etwa vier Meter tieferen Raum zog. Nicht weit von mir führte eine gewundene, schmalstufige Treppe vom Rundgang in den großen Raum hinab. Ansonsten besaß der Rundgang eine aus solidem Material bestehende Balustrade, über die ich hinwegblicken konnte.
Unten wurde soghmolisch gesprochen, und zwar ziemlich erregt. Ich trat zwei Schritte weiter vor, um einen besseren Überblick zu haben. Der Raum, der früher den Bewohnern dieses Hauses als Gemeinschaftsraum gedient hatte, war mit Produkten soghmolischer Technik vollgepfropft. Ich sah Meßpulte, Schalttische und Aggregate, deren Funktion ich nicht analysieren konnte. In der Mitte des Raumes saß Knossis hinter einem hufeisenförmigen, leicht überhöhten Pult, von dem aus er die Aktivitäten ringsum bequem überblicken konnte. Soeben unterhielt er sich mit einem Soghmoler, der wenige Meter vor ihm an einem kleinen Schalttisch hockte. Etwa zwölf Soghmoler befanden sich dort unten, und im Augenblick war jedermanns Aufmerksamkeit auf die Unterhaltung zwischen Knossis und dem anderen Soghmoler gerichtet. Niemand dachte daran, nach oben zu blicken, sonst hätte man mich sofort gesehen.
»Das ist unmöglich!« hörte ich Knossis sagen. »ZONTA reagiert nicht auf den kleinen Kodator der Terraner, solange unser Gerät in Betrieb ist!«
»Aber ich habe den Beweis vor mir liegen, Sorrang!« protestierte der Soghmoler. »Die Terraner treffen mit ZONTA Vereinbarungen, und soweit ich erkennen kann, beziehen sie sich auf uns!«
Sorrang ist ein soghmolischer
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