Zonta-Norm regelwidrig
unterbrochen«, begann er. »Wie waren genau die Worte, die ZONTA in der vergangenen Nacht zu Ihnen sprach … als er endgültig verrückt wurde, wie Sie sagen?«
»Der Marsvogel weht, wenn der Südwind flieht«, antwortete ich.
»Das wurde auf Marsianisch gesagt, wie ich verstehe?«
»In der Tat.«
»Wie beurteilen Sie Ihre Kenntnisse der marsianischen Sprache?« erkundigte er sich ernsthaft.
»Als für den Hausgebrauch ausreichend«, grinste ich.
»Der Ausspruch kam Ihnen deswegen so unsinnig vor, weil ein Vogel natürlich nicht wehen kann«, dozierte Steamers. »Was für eine Vokabel wurde verwendet, um den Ausdruck ›wehen‹ darzustellen – ›oktati‹ oder ›palatik‹?«
Ich versuchte, mich zu erinnern.
»Es muß ›oktati‹ gewesen sein«, antwortete ich schließlich. »Wenn ›palatik‹ gebraucht worden wäre, hätte ich es wahrscheinlich mit ›blasen‹ übersetzt.«
Er nickte befriedigt.
»Es ist Ihnen bekannt, daß es von alters her – sozusagen aus dem prätechnologischen Altertum des Marsvolkes – eine Sakralsprache gibt, die ihr Vokabular zwar der Volkssprache entlehnt, den Wörtern jedoch mitunter eine andere Bedeutung gibt?«
»Ich habe davon läuten hören«, bekannte ich.
»In der Sakralsprache hat das Wort ›oktati‹ auch die Bedeutung ›flattern‹, wie Sie vielleicht nicht wissen«, fuhr Steamers fort zu dozieren. »Erscheint Ihnen ZONTAs Aussage im Lichte dieser Erkenntnis noch immer so verrückt?«
Er hatte es geschafft: ich war verblüfft. Ich ließ mir ZONTAs Worte noch einmal durch den Kopf gehen, diesmal unter Berücksichtigung von Steamers’ Sakralsprache: Der Marsvogel flattert, wenn der Südwind flieht …
»Wollen Sie vielleicht behaupten, daß eine Bedeutung dahintersteckt?« fragte ich den Psychologisten.
»Die Möglichkeit besteht, nicht wahr?« hielt er mir entgegen.
Das konnte ich nicht bestreiten. Aber wie sollten wir erfahren, ob ZONTA tatsächlich etwas hatte mitteilen wollen oder nur »laut vor sich hin gesponnen« hatte, wie Hannibal sich auszudrücken pflegte?
Reg Steamers lieferte mir die Antwort, ohne daß ich die Frage auszusprechen brauchte.
»Wir brauchen den Rat eines Mars-Historikers«, erklärte er. »Können Sie mich mit Josua Aich in Kontakt bringen?«
Da hatte er allerdings den Mann genannt, der mehr als jeder andere von der Geschichte der alten Marsianer wußte, einen Experten auf dem Gebiet der Mars-Historie. Aber Steamers mit ihm in Kontakt bringen?
»Sie meinen … jetzt gleich?« fragte ich.
»Am besten. Falls sich hinter ZONTAs Äußerung etwas verbirgt, müssen wir unbedingt davon wissen!«
Da hatte er allerdings recht. Ich konnte mich mit Kiny Edwards in Verbindung setzen und auf diese Weise Professor Aich herbeischaffen lassen. Aber die Soghmoler konnten unseren Telepathie-Kanal abhören. Ich würde die Nachricht kodifizieren müssen, und das war erstens schwierig und zweitens langwierig.
Eine gänzlich unerwartete Entwicklung enthob mich vorübergehend der Notwendigkeit, auf Steamers’ Verlangen zu antworten. Ich hörte plötzlich ein helles, charakteristisches Sirren, und im selben Augenblick stieß Captain Listerman unweit von mir einen lauten Fluch aus.
»Achtung … Transmitter!« brüllte er wütend.
Auf der weiten Fläche der Ringstraße waren schräg vor uns, etwa durch die Hälfte der Straßenbreite von uns getrennt, drei leuchtende Spiralfelder entstanden – genau wie Framus G. Allison es vor wenigen Minuten vorhergesagt hatte. Durch die Entsendung der Späher besaß unsere Gruppe nur noch die Hälfte ihrer Feuerkraft. Ich atmete zunächst auf, als ich sah, daß sich nur drei
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