Zonta-Norm regelwidrig
unsere Sprache beizubringen: sie hatten sie von sich aus erlernt, sobald wir zum erstenmal mit ihnen in Kontakt traten. ZONTA verstand jedes meiner Worte, und er würde mir auf Englisch antworten … wenn er überhaupt reagierte! Eine Minute verstrich, dann noch eine. Im Kommandoraum der »1418« herrschte vollkommene Stille. Ich aber kam mir vor wie ein Schauspieler, der mitten in einer kritischen Szene seinen Text vergessen hat.
»Hier spricht ein Erbberechtigter!« unternahm ich einen neuen Anlauf. »Marsquotenberechtigt, Kommandeur des Planeten Okolar-drei, Vollstrecker der Befehle des Ersten Befehlshabers Heimatflotte, Admiral Saghon. ZONTA – melde dich!«
Das war schweres Geschütz. Mit denselben Worten hatte ich mich schon einmal gemeldet, damals jedoch in meiner wahren Gestalt als Thor Konnat. Jetzt stand ich vor ZONTA in der Aufmachung des machtlüsternen Nang-Tai, der im Begriff stand, sich zum Diktator der Erde zu machen. Wie würde ZONTA darauf reagieren?
Hinter mir atmete jemand hastig auf, als ein kleiner Bild schirm in der Nähe des Pilotenpults plötzlich zum Leben erwach te. Ein marsianisches Farbsymbol erschien auf der Bildfläche: ZONTAs Zeichen.
»Ich kann Sie nicht als erbberechtigt anerkennen«, sagte eine laute, klare Stimme, deren Worte plötzlich mitten im Raum zu stehen schienen. »Sie sind nicht der als marsquotenberechtigt ausgewiesene Befehlshaber von Okolar-drei.«
Ich wußte nicht, was die Leute hinter mir jetzt dachten und wie groß ihre Enttäuschung war. Ich jedenfalls atmete auf, und wer mich sehen konnte, der wunderte sich wahrscheinlich über das Grinsen, das plötzlich auf meinem Gesicht stand. Oh, ZONTA … so schwierig ist es nun auch wieder nicht, dich zu durchschauen! Wenn du nicht im Hintergrund deines vertrackten elektronisch-positronischen Bewußtseins schon so halb und halb gewillt wärst, mich als erbberechtigt anzuerkennen, hättest du mir handfest gedroht, vielleicht sogar schon den Bildschirm explodieren lassen, auf dem dein Erkennungszeichen leuchtet. So aber …
»Dein Versuch der Irreführung durch Unerheblichkeiten wird durchschaut!« erklärte ich mit überheblicher, schnarrender Stimme. »Befehlshaber von Okolar-drei war bis vor kurzem Generalmajor Thor Konnat, dessen Bewußtsein ich übernommen habe. Ich weiß sehr wohl, daß du über die Mittel verfügst, mich einwandfrei als marsquotenberechtigt zu identifizieren.«
Marsquoten – das war eine Art Intelligenzquotient, nach dem die alten Marsianer die Verstandestauglichkeit ihrer Bürger bemessen hatten. Befehlsberechtigt – oder marsquotenberechtigt – waren nur solche Leute, deren Quotient oberhalb eines gewissen Grenzwertes lag. Auf unserer IQ-Skala, die wir aufgrund der marsianischen Erkenntnisse vor kurzem umstrukturiert hatten, entsprach dieser Wert der 50-Neu-Orbton-Marke. Hannibal und ich hatten uns auf dem Mars einer alten marsianischen Prozedur unterzogen, die bewirkte, daß unser terranisch-dürftiger Intelligenzquotient auf einen Wert von über 50 Neu-Orbton-Einheiten aufgestockt wurde. Diese Aufstockung hatte bis heute ihre Wirkung nicht verloren. ZONTA mußte das anerkennen.
»Ihre Angaben bedürfen weiterer Überprüfung«, ließ der Rechner sich nach einer auffällig langen Pause wieder vernehmen. »Die Überprüfung ist aus der Nähe durchzuführen.«
Wieder zögerte er. Warum sprach er nicht weiter? Wer oder was war es, den oder das er zu Rate ziehen mußte, bevor er seine Entscheidung treffen konnte? Ich dachte an die Soghmoler. War es möglich, daß sie sich bereits Zugang zu ZONTA verschafft hatten? Lauerten sie in
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