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Zopfi, Emil

Zopfi, Emil

Titel: Zopfi, Emil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Spitzeltango
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Zwei oder drei hielten die Gewehre mit dem Gummischrot im Anschlag. Hinter ihnen staute sich der Verkehr. Ein Hupkonzert setzte ein.
    «Sie gehen gegen uns, die Skinheads lassen sie ziehen!»
    Einer der Glatzköpfe schleuderte noch eine Büchse, sie schlug auf den Randstein, spritzte die Vordersten mit Bier voll. Dann marschierten sie im Gleichschritt ab wie eine militärische Einheit. Dazu sangen sie.
    Die Fahne hoch! Die Reihen fest geschlossen!
    Zum Kampfe stehn wir alle schon bereit!
    Die Polizei sah zu, wie sie abzogen.
    Hermann gab Pippo einen Stoss in die Rippen, der wie versteinert dastand. «Komm, wir trinken noch was.»
    Pippo spuckte auf den Boden.
    «Komm schon, jetzt wo unser Genosse Robert auferstanden ist.»
    «Halt doch den Latz!»
    Pippo fuhr sich mit der Hand über seinen von Stoppeln umkränzten kahlen Schädel. Sieht aus wie einer von denen, dachte Hermann. Verbittert, enttäuscht, versteht die Welt nicht mehr. Er wandte sich an Robert, der wie belämmert dastand, die Hände in den Taschen seines Regenmantels vergraben. Seine Begleiterin war verschwunden.
    «Wo ist denn deine Freundin?»
    Robert hob die Schultern.
    «Was stehen wir im Regen herum. Kommt, feiern wir Wiedersehen.»
    Hermann steuerte auf die Cafébar des Volkshauses zu. Pippo, Robert und ein paar andere folgten ihm.

    Sie setzten sich auf eine Bank mit Lederpolster in einer Ecke der Cafébar. Aus Leder genäht war auch eine Nashornpuppe über dem Eingang. Was diese Figur zu bedeuten hatte, konnte sich Robert nicht erklären. Kunst oder politische Metapher? Nashörner stürmten blind voran, wenn sie in Wut gerieten, und sie waren vom Aussterben bedroht.
    Die Stühle schienen noch die gleichen zu sein wie früher, als das Volkshaus einem Wartesaal glich. Arbeiter, Gewerkschafter, Parteifunktionäre, Arbeitslose sassen herum, diskutierten mit Studenten, die den Kontakt zur Basis suchten. Alle schienen auf etwas zu warten, auf Arbeit, auf bessere Zeiten, auf den Umsturz, die Neue Zeit, die klassenlose Gesellschaft. Lenin wartete hier auf den Zug, der ihn nach Sankt Petersburg und zur Revolution in Russland führte. Die Bar mit Spirituosen vor Spiegeln hatte es noch nicht gegeben, aber vielleicht den Kronleuchter, der zwischen schwarzen Lüftungsrohren und Leuchtstofflampen hing, so irritierend wie das lederne Nashorn.
    Robert und Pippo bestellten Bier, Hermann einen Espresso. Er schwatzte ohne Pause, Pippo starrte stumm vor sich hin, sein Kiefer bewegte sich, als kaue er an der Vergangenheit. Er vermisste wohl seine Zigaretten, der Qualm von einst fehlte, der hier Lungen und Köpfe vernebelt hatte.
    Robert fühlte sich unwohl, etwas Unverdautes lag ihm im Magen, bleierne Schwere lähmte seine Glieder. Er hatte Hermann und Pippo im Blauen Saal fast nicht mehr erkannt. Zwei alte Männer. Auch ich, dachte er, bin so alt und verbraucht wie sie. Doch je länger sie zusammensassen, desto jünger schienen sie zu werden. Hermann mit seinen Sommersprossen, den roten Haaren, der Krähenstimme. Pippo bärbeissig, mit beinahe kahlem Schädel, Stoppelbart und grauem Schnauz. Die Zeit schien sich rückwärts zu bewegen. Hermanns Geplauder plätscherte dahin wie einst, immer mehr glich er dem Hermi der Erinnerung. Es kam Robert vor, als seien sie erst gestern im Keller des Café Boy gesessen und hätten eine Aktion der Revolutionären Zelle geplant. Flugblätter oder eine politische Broschüre oder das Sprayen von Slogans an die Fassade einer Bank oder eines Konzerns.
    US raus aus Vietnam .
    Schah an den Galgen .
    Tod der griechischen Junta .
    Chile – Mörder Pinochet .
    Es lebe Salvador Allende .
    Der faschistische Putsch in Chile war die Wende gewesen.
    Das Kommando Victor Jara.
    Hermann erzählte von einem Filmprojekt, an dem er arbeite, «Tanguerilla». Er kam ins Schwärmen, sprach von politischen Bezügen, bis ihn Pippo anschnauzte: «Tango und Politik! Was soll der Schmarren?»
    «Alles ist politisch, haben wir doch früher gesagt.»
    «Auch Ficken und Fressen.»
    «Tango ist proletarische Kultur. Arbeiter und Emigranten haben ihn getanzt in den Hafenvierteln und Bordellen von Buenos Aires. Während der Diktatur war Tango in Argentinien verboten!» Hermanns Gesicht glühte vor Begeisterung. So war er immer gewesen, überschwänglich, überdreht. Strohfeuer, das aufflackerte und gleich wieder erlosch.
    «Wir hätten also Tanzstunden nehmen sollen statt Kurse in Marxismus-Leninismus.»
    «Porqué no? Auch Che Guevara war ein grosser

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