Zores
Bronstein den Satz, um danach einen markanten Pfiff vernehmen zu lassen. „Du, das klingt nach einer wirklich heißen Spur.“
„Genau das hab ich mir eben auch gedacht. Drum hab ich mir sicherheitshalber auch gleich die Meldeadresse vom Schönberger ausheben lassen.“
Bronstein lächelte verschmitzt. „Na dann, gemma, tät ich sagen.“ Bronstein erhob sich und griff nach seiner Jacke. Cerny legte die Papiere beiseite, kramte ein wenig in seiner Schublade, steckte ein eingewickeltes Etwas ein und stand dann gleichfalls auf. „Wo wohnt er denn?“, fragte Bronstein im Hinausgehen.
„Ned weit weg. Piaristengasse“, kam es knapp zurück.
Draußen dämmerte es bereits, als sie Schönbergers Wohnhaus erreichten. Sie sahen sich im Hausflur um und entnahmen dem schwarzen Brett, dass Schönberger im dritten Stock auf Tür 13 wohnte. In der dritten Etage angekommen, klopfte Bronstein an die Wohnungstür. Noch ehe er seine Hand wieder an der Hosennaht hatte, wurde die Pforte aufgerissen. „Da seids ja endlich …“, begann Schönberger, ehe er erkannte, dass es sich nicht um den von ihm offenbar erwarteten Besuch handelte.
„Haben S’ schon gewartet auf uns?“, flötete Cerny mit einer gehörigen Portion Ironie in der Stimme. Schönberger schien auf den Satz reagieren zu wollen, ehe er Bronstein wiedererkannte.
„Der Saujud von in der Früh“, entfuhr es ihm.
Bronstein bemühte sich um Haltung. „Jetzt bist fällig, Bürscherl“, raunte er.
„Das glaub ich weniger“, knurrte Bronsteins Gegenüber und setzte dazu an, Bronstein erneut einen Fausthieb zu verpassen.
„Na, na, na“, machte Cerny nur, „Obacht! Die is g’laden.“
Verdutzt sahen Bronstein und Schönberger auf Cerny, der tatsächlich eine Waffe in der Hand hielt. Jetzt erst dämmerte dem Oberst, was sein Kollege im Büro noch eingesteckt hatte. Derweil wurde sich Schönberger der Gefahr bewusst und trat instinktiv einen Schritt zurück. „Wir … werden doch … nicht …gleich … oder?“ Bronstein atmete erleichtert auf. Dank Cerny war die Situation wieder unter Kontrolle. „Hinsetzen!“, befahl der, und Schönberger tat, wie ihm geheißen.
„Du weißt, weshalb wir hier sind. Wir haben den untrüglichen Beweis dafür, dass du deinen Parteispezi umbracht hast. Und wenn wir erst einmal die Wohnung da auf den Kopf gestellt haben, dann finden wir sicher auch genügend Beweise für das Faktum, dass auch der Frank auf dein Konto geht.“
Schönberger bemühte sich um eine Steher-Pose. „Ihr könnts mir gar nix beweisen!“
„Können wir doch. Wir haben zwei Zeugen für die Tatsache, dass du zur Tatzeit am Tatort warst.“
„Gibt’s ned!“
„Doch. Ein Mieter hat dich g’sehen“, bluffte Bronstein, „und ein Arbeitsloser, der dich nach der Uhrzeit g’fragt hat.“
Ein kaum merkliches Zucken ging über Schönbergers Gesicht. Er fühlte sich sichtlich ertappt, was indirekt Witzmanns Alibi bestätigte. „Der Sandler“, kam es grollend aus Schönbergers Mund, „den hätt i ned …“ Endlich hielt er es für klüger zu schweigen.
„Also“, fasste Cerny zusammen, „wir wissen, wann du gekommen bist, wir wissen, wann du gegangen bist, und wir wissen, dass der Suchy um sieben noch gelebt hat. Und nach dem Bericht der Gerichtsmedizin ist der Suchy spätestens um Mitternacht gestorben. Wahrscheinlich also früher. Das heißt, gerade zu der Zeit, als du gegangen bist. … Du siehst, du kommst aus der Sache nicht mehr raus. Uns interessiert jetzt nur mehr, warum du es getan hast.“
Schönberger pfauchte. „Gar nix hab ich tan. Als wir gegangen sind, hat der Parteigenosse Suchy noch gelebt. Da können S’ den Gustl fragen, der war die ganze Zeit bei mir.“
„Der Gustl. So, so“, sagte Bronstein leichthin, „das ist der zweite Hitlerbub, was?“
„Ich verbitte mir diese Respektlosigkeit unserer Bewegung gegenüber. Von einem Juden schon überhaupt“, brauste Schönberger auf, ehe er von einem kleinen Wink aus dem Lauf von Cernys Waffe zum Verstummen gebracht wurde.
„Amen“, entgegnete derweilen Bronstein ironisch. Schönberger verschränkte die Arme vor der Brust und bemühte sich um eine möglichst zornige Miene.
„Schau“, begann Cerny von neuem, „was wir ned wissen, ist, warum du den Suchy ermordet hast. War’s wegen der Geschäfte in Osteuropa? Wegen seinem lockeren Umgang mit dem Geld, oder stecken doch die Kinder dahinter?“
Abrupt sah Schönberger auf. Und es dauerte einen Augenblick zu lange,
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