Zores
ich ihm über. Aber der perverse Hund hat ned aufhör’n können. Beschwerden sind kommen, dass er sich immer noch an die Gschrapperln aufganselt.“
„Von wem sind diese Beschwerden gekommen? Von den Eltern?“
„Nein“, schüttelte Schönberger den Kopf, „die haben das wahrscheinlich gar nicht mitgekriegt.“ Und nach einem kurzen Zögern: „Vom Parteigenossen Frank!“
Na, da schau her, dachte sich Bronstein, hielt es aber für besser, vorerst zu schweigen.
„Na ja, g’warnt war er, also ist es dann vorgestern ernst geworden. Die Parteileitung hat uns einbestellt und hat gemeint, dass in diesen entscheidenden Tagen ein Verhalten wie jenes vom Parteigenossen Suchy nicht tolerabel ist. Ein Exempel sollten wir statuieren, hat’s g’heißen“, betonte Schönberger.
„Die Parteileitung“, fragte Bronstein nach, „am End’ gar der Minister?“
„Na sicher, wer sonst. Der Suchy hat sich echt überschätzt. Der hat glaubt, nur weil er seit der Monarchie bei der Bewegung ist, kann er sich alles erlauben. Hat sich wahrscheinlich gedacht, er kennt Gott und die Welt, und deswegen kann ihm nichts passieren. Da hat er sich aber schön getäuscht, der widernatürliche Kretin.“
„Und da hat der Minister einfach einen Fememord angeordnet?“
„Ja, klar! Was denn sonst?“
„Eine Anzeige vielleicht?“
Schönberger lächelte schmal: „Jetzt sind S’ aber noch naiver als S’ sein dürften! So eine Frage überlässt man doch nicht der Polizei eines zugrunde gehenden Dreckstaates. Das regelt man selber. Außerdem, was weiß man, was für Lügen euch der Verräter erzählt hätt! Na na, gegen selbstvergessene Apostaten gibt’s nur eine Lösung. Radikal, das heißt, mit der Wurzel ausreißen, so ein Unkraut, so eines.“
„Ihr hattet also einen klaren Mordauftrag?“
„Was heißt schon Mord, gell. Ein Parteiurteil haben wir vollstreckt. Nicht mehr und nicht weniger. Dabei war er ja selbst schuld, dass es so weit gekommen ist. Wenn er ein bisserl vernünftiger g’wesen wär, dann hätten wir ihn vielleicht einfach nur aus dem Reich gejagt. Dann hätt er sich in Abessinien oder wo mit den kleinen Negerburlis vergnügen können. Aber der Oasch war ja vollkommen wahnsinnig!“
„Inwiefern?“
„Als wir zu ihm in die Wohnung kommen, ist das Schwein echt pudelnackert und fummelt an sich umadum wie ein Klosterbruder.“ Schönberger richtete sich wieder auf. „Na, simma natürlich heißg’rennt, der Gustl und ich. Wir wollten ihn nach Strich und Faden verdreschen. Doch auf einmal hat der ein Messer in der Hand. Den Gustl hätt er beinahe erwischt, doch ich bin dazwischen und hab ihm das Messer entwunden. Dann tritt der Kerl mich wie ein Irrer. … Ich sag ihm noch, er soll froh sein, wenn wir ihn leben lassen, doch wissen S’, was der Kerl dann g’macht hat? Wissen S’ das?“
„Wir sind ganz gespannt!“
„Der greift nach meine Kronjuwelen. Schon wieder, die Sau! Und grinst hat er deppert dabei, der Bachene. Hab i eamreflexartig auf d’ Nasen g’haut. Darauf tritt der mir in die Eier und will stiften gehen! So wie er war. Na, da bin ich endgültig auszuckt. Ich hab’s Messer g’nommen und eam die Gurgel aufg’schlitzt. Das hast jetzt davon, du Sau, hab ich mir noch denkt.“
Bronstein und Cerny sahen einander an. Schönberger klaubte ein Staubkorn von seiner Jacke und meinte nur lakonisch: „So war des.“
„Und was haben S’ dann g’macht?“
„Was soll’ ma schon g’macht haben? Der Suchy war hin, ned?! I hab das Messer eing’steckt, und wir san gangen. Was anderes hättest ja eh ned machen können! Hätt i mi vielleicht stellen sollen?“ Dabei lachte Schönberger gekünstelt auf.
„Vielleicht. Wenn das Gericht die G’schicht’ glaubt hätt, dann wär das wahrscheinlich nicht einmal Mord im Affekt g’wesen, sondern vorsätzliche schwere Körperverletzung mit Todesfolge. Und wenn dein Gustl die richtigen Worte g’funden hätt, vielleicht gar nur Notwehrüberschreitung. Da wärst nur ein paar Monat’ im Häfen g’sessen …“
„Warum den Frank aa?“, unterbrach Cerny Bronsteins Mutmaßungen.
„Weil er uns g’seh’n hat und gierig worden ist, der Trottel, der!“
„Wollt er euch erpressen?“
„Aber uns doch ned“, lachte Schönberger auf, „die Partei natürlich, der Narr, der. Er wollt, dass ihm die Partei das Haus endgültig schenkt. Und einen g’scheiten Posten wollt er auch. Der hat echt zum Parteigenossen Seyß-Inquart g’sagt, bevor die Partei
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