Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zorn der Meere

Zorn der Meere

Titel: Zorn der Meere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Falconer,Colin
Vom Netzwerk:
verheiratete Frau. Ich finde ihr Verhalten schändlich.«
    »Was kann der Mann ihr denn tun, wenn er krank ist?«, wollte Sussie wissen.
    Tryntgen stieß sie in die Rippen.
    »Hört Euch diese Unschuld an!«, sagte Annie lachend. »Was kann der Mann ihr denn tun, wenn er krank ist?«
    Die anderen Frauen begannen zu glucksen.
    Sussie schaute unglücklich zu Boden. Es stimmte zwar, was Annie sagte, dennoch war es ungerecht. Schließlich lag es nicht an ihr, dass sie noch unschuldig war.
    Seit der Tafelbucht hatte Sussie Wiebe nur selten zu Gesicht bekommen. Er schien die meiste Zeit unter Deck zu verbringen, und selbst wenn sie ihn einmal erspähte, stellte sie fest, dass er seinerseits kein Interesse an ihr zeigte. Wie sollte sie ihm unter
    -114-

    solchen Bedingungen den Liebestrank verabreichen, den Jeronimus ihr zugesteckt hatte?
    Die Mahlzeiten für die Menschen an Bord wurden in der großen Schiffskombüse unten auf dem Batteriedeck gekocht.
    Dort war es heiß wie im Vorhof der Hölle, denn die Feuer unter den dreibeinigen Kupferkesseln wurden unentwegt geschürt.
    Auch der Lärm, der dort herrschte, schien niemals nachzulassen, denn selbst wenn der Koch einmal nicht brüllte, hörte man außer dem Klappern von Deckeln, Besteck und Geschirr das Kindergeschrei aus den umliegenden Unterkünften, das Schwatzen der Erwachsenen oder auch nur das fortwährende Rumoren, das entstand, wenn sich zu viele Menschen auf zu engem Raum bewegten.
    Da ist die Offiziersmesse doch etwas anderes, dachte Jan Pelgrom, der als Kabinenjunge auf dem Achterdeck seinen Dienst versah. Er hielt sich die weiße Leinendecke auf der Tafel des Kommandeurs vor Augen und die Zinn- und Silberschalen, aus denen man dort speiste, anstatt der hölzernen Näpfe, die dem niederen Volk genügen mussten.
    Ich hätte auch nichts dagegen, eines Tages zum Offizier aufzusteigen, dachte Pelgrom. Dann wäre ich derjenige, dem man die Speisen anreicht und dunkelroten Wein in die schweren Pokale einschenkt.
    Pelgrom ergriff eine Platte mit gepökeltem Schweinefleisch und schickte sich an, das Batteriedeck zu durchqueren. Sein Blick fiel auf Sussie Frederix. Er versuchte vergeblich, sie auf sich aufmerksam zu machen. Das Mädchen war ihm bereits des Öfteren aufgefallen, ein blutjunges Ding mit Haube und Schürze. Anfänglich hatte er sie für züchtig und fromm gehalten, bis er eines
    Tages das Aufblitzen in ihren Augenwinkeln bemerkt hatte.
    Seitdem dachte er unentwegt an sie.
    -115-

    Wäre ich Offizier, grübelte Pelgrom, könnte ich auch dieses kleine Luder bekommen - und ihre dicke, träge Schwester noch dazu.
    Er spürte, dass sein Blut in Wallung geriet.
    Wer weiß, was noch alles geschieht, dachte er. Vielleicht tritt ein Wunder ein, vielleicht wendet sich das Schicksal zu meinen Gunsten, vielleicht werde auch ich einmal leben wie ein Herr.

    -116-

    VII

    Ich glaube, ich ahne, welche Frage Sie beschäftigt.
    Kann es denn wirklich sein, überlegen Sie, dass der feine, kluge Herr Kommandeur sich unsauberer Machenschaften bedient? Tätigt so jemand krumme Geschäfte?
    Verzeihen Sie, wenn ich lache. Ich weiß, er ist Ihnen ans Herz gewachsen.
    Deshalb werden wir uns der Einfachheit halber einmal die Reisetruhe dieses Herrn vornehmen. Auf geht's.
    So, da wären wir in seiner Kajüte, und dort hinten steht die Truhe. Ich schlage den Deckel auf.
    Na, sehen Sie? Ganz zuunterst, unter allem anderen verborgen, befindet sich ein kleines Kästchen.
    Ich öffne es. Es ist mit rotem Samt ausgekleidet. Und nun, tatsächlich... auf seinem Grund liegt die berühmte Kamee aus dem Besitz des Malers Rubens. Sie hat einmal Kaiser Konstantin gehört und ist etwa zwölfhundert Jahre alt. Ihr Wert dürfte sich auf achttausend holländische Gulden belaufen.
    Der Kommandeur hat sie von Rubens erhalten, um sie auf eigene Rechnung einem der östlichen Potentaten zu verkaufen.
    Allerdings ist die Companie darüber unterrichtet. Von Pelsaerts Gewinn erwartet sie sich eine Provision.
    Da staunen Sie, was?
    Wie es aussieht, wird in der Tat mit zweierlei Maß gemessen.
    Und was haben wir hier? Ist in der Truhe etwa noch ein zweiter Schatz verborgen! Sieht beinahe so aus.
    Alle Achtung! Das ist ja ein prächtiges Objekt! Eine äußerst kostbare Vase, offenbar aus einem einzigen Stück Achat geschlagen. Sehen Sie einmal, wie ihr Honigton sich zum Fuße
    -117-

    hin zu cremigem Weiß verdickt! Die Henkel sind ebenfalls ganz entzückend. Sie sind dem ziegenfüßigen Gott Pan nachgestaltet,

Weitere Kostenlose Bücher