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Zorn der Meere

Zorn der Meere

Titel: Zorn der Meere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Falconer,Colin
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bis hin zu den kleinen Hörnern und dem lüsternen Grinsen.
    Diese Vase entstammt übrigens auch Rubens' Sammlung. Ihr Wert lässt sich nicht ermessen.
    Von dieser Vase weiß die Companie indes nichts.
    Ein schlauer Bursche, unser Kommandeur, finden Sie nicht?

    Einundvierzig Grad und vierzig Minuten südlicher Breite achtundzwanzigster Tag des April im Jahre des Herrn, 1629

    Lucretia betrachtete Francois' schweißglänzendes Gesicht.
    Die Krankheit hatte ihn ausgezehrt. Seine Schädelknochen traten scharf hervor.
    Das Nachthemd klebte Francois auf der Brust, während er sich in seinen Fieberträumen wälzte und unsichtbare Dämonen zu bekämpfen schien. Dann wieder packte ihn der Schüttelfrost so heftig, dass seine Zähne aufeinander schlugen.
    Lucretia wusste, dass Aris Janz ihn aufgegeben hatte.
    Sie erhob sich, um feuchte Tücher zu holen und Francois'
    heiße Stirn zu kühlen.
    »Ich weiß, dass du nicht stirbst«, ermutigte sie ihn leise, nachdem sie sich wieder bei ihm niedergelassen hatte. »Du gibst nicht auf, nicht wahr? Du bist stark und wirst um dein Leben kämpfen... Francois!« Sie strich ihm über die Hand.
    An manchen Tagen las Lucretia Francois auch aus der Bibel vor, wobei ihr allerdings nicht ganz klar war, ob sie auf diese Weise ihm oder sich selbst Trost spenden wollte. Sie ahnte jedoch, dass die Bibel ihr auch als Ausrede diente, denn niemand konnte etwas dagegen einzuwenden haben, dass sie Francois daraus vorlas. Sie war einfach eine gute Christin und tat ihre Pflicht.
    -118-

    Die kleine Tochter der Hardens stellte an Bord jedermanns Geduld auf die Probe. Während andere Kinder auf dem Boden mit ihren Klötzchen und Windmühlen spielten, gebärdete Hilletje sich wie eine Wilde und tollte lärmend über das Deck.
    Einzig und allein ihre Mutter schien ihr Verhalten nicht zu stören. Sie verfolgte das Treiben ihres Kindes mit andächtigem Blick.
    Judith hatte sich zu den anderen Frauen unter die Sonnensegel begeben, von wo aus sie die Jonkers, die an Bord herumspazierten, heimlich beobachten konnte. Wenn ihr Blick dabei auf den von Conrad van Huyssen traf, blieb er für einen Moment haften, und zuweilen fiel es ihr richtig schwer, ihn wieder abzuwenden.
    Aus den Augenwinkeln wurde Judith nun gewahr, dass Hilletje mit gesenktem Kopf auf Conrad van Huyssen zustürmte und in vollem Lauf mit ihm zusammenstieß. Der junge Mann verzog das Gesicht. Seine Hand war an seinen Schritt gefahren.
    Die Kadetten neben ihm lachten laut.
    Bei dem Zusammenprall hatte Hilletje ihren Kreisel verloren, ein buntes Holzstück, das sie seit dem Kap der Guten Hoffnung besaß. Er war ihr Lieblingsspielzeug.
    Conrad bückte sich und hob den Kreisel auf.
    Hilletje sprang hoch, um danach zu haschen, doch er hielt ihn außerhalb ihrer Reichweite in die Luft.
    »Ei, was haben wir denn hier Schönes?«, fragte er leise.
    »Gebt ihn zurück!«, brüllte Hilletje, indem sie wie eine Besessene in die Höhe sprang. »Ich will ihn wieder haben.«
    »Du hast gar nichts zu wollen«, beschied Conrad sie.
    »Ich will aber meinen Kreisel!«, heulte Hilletje.
    Wenn das Kind ihn artig gebeten oder still abgewartet hätte, hätte Conrad womöglich anders reagiert. Doch ihr Geschrei und ihr Gehüpfe versetzten ihn in Wut.
    -119-

    Judith warf einen Blick zu Hilletjes Mutter hinüber, die den Vorfall mit steinerner Miene beobachtete.
    »Meine Güte, nun gib ihr den Kreisel schon zurück!«, murmelte Judith vor sich hin, wenngleich sie bereits wusste, dass Conrad sich anders entscheiden würde.
    »Findest du nicht, die kleinen Fische sollten auch ein bisschen mit deinem Kreisel spielen können«, hänselte Conrad die Kleine.
    Hilletje starrte ihn an. Dann wurde ihr die Bedeutung seiner Worte bewusst, und sie schrie, als würde sie gehenkt.
    Mittlerweile waren auch einige Offiziere aufmerksam geworden und beobachteten das Geschehen aus der Ferne.
    Judith warf ihrem Vater einen auffordernden Blick zu, doch er schaute weg.
    Conrad war inzwischen dazu übergegangen, dem Kind den Kreisel abwechselnd hinzuhalten und ihn wieder wegzureißen, wenn es danach schnappte.
    Die Jankers schütteten sich aus vor Lachen, wenn Hilletje ins Leere griff.
    Mit einem Mal bog Conrad sich zurück und tat so, als würde er den Kreisel weit hinaus in die Fluten werfen.
    Hilletje heulte abermals laut auf und begann, wie verrückt vor ihm auf und ab zu springen.
    Nach einer Weile wurde den Jonkers die Angelegenheit leid.
    »Das reicht nun, van Huyssen«, sagte einer.

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