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Zorn der Meere

Zorn der Meere

Titel: Zorn der Meere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Falconer,Colin
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auf und machte einen Schritt auf sie zu. »Wer war es? Bitte, sag es mir!
    Wer hat dir etwas angetan?«
    »Ich weiß es nicht. Es war zu dunkel.«
    Francois spürte, dass er am ganzen Körper zu beben begann.
    Er taumelte in seinen Sessel zurück. »Das ist unglaublich«, murmelte er.
    Zum ersten Mal seit zwei Tagen hatte Lucretia das Bedürfnis, zu lachen. Unglaublich? War das der Begriff für diese Tat? Sie hatte stundenlang nach dem rechten Wort gefahndet, es mit abartig, niederträchtig und ungeheuerlich versucht und eins wie das andere als unzulänglich verworfen. Doch nun hatte Francois das Geschehen für sie eingeordnet. Unglaublich. Warum nicht?
    Sie hatte es zuerst ja selbst nicht fassen können.
    Doch es hatte stattgefunden, und seitdem lahmte sie ein unglaubliches Entsetzen. Lucretia biss sich auf die Unterlippe, um nicht ungehemmt loszuprusten.
    »Zu welcher Zeit fand dieser Vorfa ll statt?«, hörte sie Francois fragen.
    Richtig, dachte Lucretia. Wir müssen das Unglaubliche ja noch ein wenig eingrenzen.
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    »Ich weiß es nicht«, erwiderte sie. »Ich sagte doch, dass es dunkel war. Erst nachher habe ich einen Streifen Mondlicht auf dem Fußboden gesehen.«
    »Warst du denn zu dieser Stunde noch unterwegs?«
    Er meint das nicht so, beschwichtigte Lucretia sich. Er will mir gewiss keinen Vorwurf machen. Dennoch gehen seine Gedanken in eine Richtung, der auch andere folgen werden. Der Fehler muss bei der Frau gelegen haben - sie hat etwas falsch gemacht, sie hat die Sache provoziert.
    »Nein«, antwortete sie fest. »Ich war nicht unterwegs. Ich lag in meinem Bett. Dann wurde an der Tür geklopft. Ich stand auf, öffnete und blickte in den Gang. Ich dachte, dir ginge es nicht gut.«
    »Jacobs«, murmelte Francois tonlos vor sich hin.
    Lucretia betrachtete ihn abwesend. Der Name des Kapitäns war ihr selbst auch schon in den Sinn gekommen. Sie hatte sich gefragt, ob Zwaantie dahinter steckte, ihn angestachelt hatte, seine Handlanger auf sie zu hetzen, um sich an ihr zu rächen.
    Aus irgendeinem Grund leuchtete ihr die Sache dennoch nicht ein. Irgendetwas daran passte nicht zu ihm, wenngleich sie nicht wusste, was es war.
    Weinen, so wie eben, würde sie nicht mehr, beschloss Lucretia. Das war nicht mehr nötig. Das, was sie halb verrückt gemacht hatte, war benannt und bewertet worden. Nun fühlte sie sich plötzlich leer. Wie tot.
    »Warum schilderst du mir nicht, was vorgefallen ist?«, bat Francois sie nach einer Weile.
    Und Lucretia erzählte ihre Geschichte - oder zumindest einen Teil davon. Sie erwähnte, dass man ihr das Nachtkleid zerrissen, sie beschmutzt und schließlich fast ohnmächtig liegen gelassen hatte. Die Vergewaltigung selbst ließ sie aus. Es war nicht notwendig, etwas zu beschreiben, was Francois sich ohnehin vorstellen konnte.
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    »Und du weißt wirklich nicht, wer die Männer waren?«
    »Ich weiß nur, dass ich mich gewehrt und einen von ihnen gebissen habe. Ob davon noch Male sichtbar sind, kann ich dir nicht sagen.«
    Francois bedachte sie mit einem Blick, wie man ihn für einen todkranken Freund übrig hat. Unglücklich, doch auch bereits den Abschied akzeptierend. »Arme, liebe Lucretia«, sagte er.
    Lucretia spürte, dass er sich von ihr entfernte. Für einen Moment tat ihr das unendlich weh. Kein Wort des Mitgefühls, kein Wort des Trostes, grämte sie sich innerlich, doch gleich darauf begann sie, ihm zu zürnen. Wie undankbar er ist, schoss es ihr durch den Sinn. Wie wenig ihn meine Person interessiert!
    Er ist lediglich empört, weil etwas Ungesetzliches geschehen ist.
    Wie hart sein Blick geworden ist! Gewiss hat er gleich ganz selbstsüchtig und kleinlich erkannt, dass ich nicht mehr anbetungswürdig bin. Wie flüchtig seine Liebe doch war!
    »Arme, liebe Lucretia«, wiederholte Lucretia leise. Sie schaute Francois an. »Ich mag diesen bedauernden Tonfall nicht«, erklärte sie kühl. »Er ist nicht notwendig. Tu einfach deine Pflicht und finde heraus, wer es war.«
    Sie stand auf.
    »Du kannst dich auf mich verlassen«, versprach Francois.
    Doch sie hatte sich bereits abgewandt.
    »Habt ihr gehört, was Lucretia van der Mylen zugestoßen ist?«, flüsterte eine der Frauen. »Sie wurde vor ihrer Kabine überfallen. Es waren mindestens fünf Männer, die ihr das Nachtgewand herunterrissen und anschließend nach Gutdünken mit ihr verfuhren.«
    Die anderen Frauen stießen zischend den Atem aus und sahen sich an. »Sie hat ja geradezu darum gebettelt«, bemerkte

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