Zorn der Meere
hinschaute. Es gab offenbar irgendetwas, das sich heimlich ausbreitete, das den Menschen unter die Haut zu schlüpfen schien. Francois hätte
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nicht gewusst, worauf er den Finger legen sollte, er spürte lediglich das Wirken einer anderen Macht.
Es gibt Orte, an die der menschliche Geist sich zurückzieht, wenn er wie ein verwundetes Tier Zuflucht suc ht, um seine Wunden zu heilen. Lucretia blieb für zwei ganze Tage und Nächte in ihrer Kabine. Die Speisen, die man ihr brachte, gingen unangetastet zurück.
Während der meisten Zeit lag sie stumm auf ihrem Bett.
Bisweilen stand sie auf, um sich mit dem Wasser aus dem irdenen Krug auf ihrem Tisch zu waschen. Irgendwann zog sie sich auch ein frisches Nachtgewand an. Doch nach diesen Verrichtungen legte sie sich immer wieder auf ihr Lager, starrte an die hölzernen Deckenstreben und murmelte vor sich hin. Hin und wieder schluchzte sie auf. Jemand, der sie beobachtet hätte, hätte befürchten müssen, sie wäre nicht bei Verstand.
Francois machte sich Sorgen um Lucretia, doch er hielt ihr Leiden für eine normale Unpässlichkeit. Einmal sandte er Frau Bastians zu ihr. Später erklärte Frau Bastians ihm jedoch empört, Lucretia habe sich zur Wand gedreht und sie gebeten, sich zu entfernen.
Als Francois erfuhr, dass Lucretia ihre Mahlzeiten nicht anrührte, sondern seltsam apathisch wirkte, bat er Aris Lanz, sich ihrer anzune hmen. Allerdings kehrte auch dieser unverrichteter Dinge zurück. Lucretia habe ihm keine Untersuchung gestattet, verkündete er.
Danach beschloss Francois, selbst nach dem Rechten zu sehen, und machte sich auf den Weg zu Lucretias Kabine.
Nachdem er für eine Weile vor ihrer Tür auf und ab gewandert war, verwarf er indes sein Unterfangen. Es ging nicht an, sie persönlich zu besuchen, sagte er sich, das gäbe bestenfalls erneut Anlass zu Gerede. Er machte kehrt und eilte über den Gang zurück.
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Kurz darauf betrat er das Quarterdeck und stieß dort auf den Kapitän, der, die Arme vor sich verschränkt, nachdenklich ins Nichts zu starren schien.
»Was steht Ihr hier herum und träumt?«, fuhr Francois ihn unwillkürlich an. »Versucht lieber, die Buren zu finden!«
»Wir stoßen noch früh genug auf sie«, gab Jacobs zurück.
»Das Meer ist groß und die Buren im Vergleich dazu eher klein.«
»Wir hätten sie längst entdecken müssen«, beharrte Francois.
Jacobs zuckte die Achseln und wandte Francois den Rücken zu. Dann stützte er sich mit den Ellbogen auf der Reling ab und vergrub sein Kinn in den Händen. Seine Blicke wanderten gelangweilt in die Ferne.
Nun, dieses Spiel können auch zwei Menschen spielen, dachte Francois verärgert. Wir wollen sehen, wer dabei den Kürzeren zieht. »Da wir gerade so nett beieinander stehen«, begann er,
»könnten wir eigentlich die Gelegenheit nutzen, um uns nochmals mit Frau van der Mylens Mädchen zu befassen.«Na endlich, eine Reaktion, triumphierte er innerlich, als er sah, wie sich das Gesicht des Kapitäns verzog.
»Was ist mit Zwaantie?«, knurrte Jacobs.
»Ihr habt Euch unschicklich verhalten und gegen die Regeln an Bord verstoßen.«
»Demnach gäbe es also unterschiedliche Regeln für Euch und für die Übrigen.«
Francois starrte ihn an. »Wie bitte?«
»Mann, jeder hier weiß doch, was Ihr mit der piekfeinen Dame treibt.«
Francois glaubte, nicht richtig gehört zu haben. Was erlaubte dieser Kerl sich eigentlich? An derartigem Geschwätz hatte er sich doch bereits einmal die Zunge verbrannt!
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»Das ganze Schiff redet darüber«, setzte der Kapitän hinzu, als habe er Francois' Gedanken erraten.
»Dann hat sich das ganze Schiff geirrt«, erwiderte Francois kalt.
»Das Gleiche könnte ich auch in meinem Fall behaupten.«
»O freilich«, höhnte Francois, »das könntet Ihr. Nur, dass es in Eurem Fall gelogen wäre.« Er machte eine kleine Pause.
Dann holte er tief Luft. »Ich will es kurz machen, Herr Kapitän.
Ihr bleibt dem Mädchen ein für alle Mal fern. Ich hoffe, Ihr habt mich verstanden, denn hierbei handelt es sich um einen endgültigen Befehl.«
Ihre Blicke kreuzten sich wie scharfe Schwerter und hakten sich ineinander fest.
Zu seinem eigenen Kummer schaute Francois als Erster fort.
Jacobs ist entweder gefährlicher oder verrückter, als ich annahm, sagte er sich. Doch angesichts der Abwesenheit der Buren wäre es töricht, ihn noch weiter zu provozieren. Jacobs war eindeutig nicht gewifft, sich ein zweites Mal zu beugen.
Ich sollte die
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