Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zorn der Meere

Zorn der Meere

Titel: Zorn der Meere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Falconer,Colin
Vom Netzwerk:
verbliebenen Silbertruhen aufgebrochen worden. Franzosen und Holländer wühlten darin herum.
    »Jetzt sind wir reich«, lallte einer, der sich schwankend erhob und eine Hand voll Silber auf den Boden rieseln ließ.
    Allert Janz machte Anstalten, in eine der Truhen zu steigen.
    »Ich will mich drin suhlen«, grunzte er.
    Auch der Marschall hatte den Truhen mehrere Münzen entnommen. Gedankenverloren ließ er sie durch seine Hände gleiten. »Ein Beutel davon ist mehr, als ich jemals verdienen werde«, murmelte er. Er ergriff einen Krug mit Cognac und trank einen tiefen Schluck.
    Conrad van Huyssen stand mit zwei seiner Kameraden im Hintergrund und beobachtete das Treiben.
    »Ich werde den Teufel tun und gegen sie einschreiten«, erklärte er. »Wenn der Kommandeur die Flucht vorzieht, wüsste ich nicht, was mich das Geld der Gesellschaft interessiert.«
    »Der Wind hat sich gedreht«, stellte Jacobs fest. »Wir schaffen es nicht mehr bis auf die Insel.«
    Francois merkte auf. Vor sich nahm er schroffe, gräuliche Umrisse wahr, auf denen dunkle Gestalten standen und gestikulierten.
    -198-

    »Wir müssen es schaffen!«, erklärte er. »Nur aus diesem Grund habe ich das Schiff verlassen.«
    »Unmöglich«, brummte der Skipper. »Gegen den Wind kommen wir nicht an.«
    »Und was schlagt Ihr stattdessen vor?«
    »Wir steuern die kleine Insel dort an.« Jacobs deutete auf ein Gebilde, das linker Hand aufragte.
    Francois starrte ihn ungläubig an. »Ihr habt mich eben gedrängt, mit den Menschen zu reden! Was glaubt Ihr, welche Gefühle wir auslösen, wenn wir erst auftauchen und gleich darauf wieder verschwinden?«
    Der Skipper zuckte die Achseln.
    Francois fing einen Blick von Jan Everts auf und erkannte abermals den blanken Hass in dessen Augen. Er betrachtete die Mienen der anderen Männer im Boot. Sie starrten missmutig zurück oder schauten zu Boden.
    »Der Kapitän steuert das Boot«, knurrte einer.
    Ach so ist das, dachte Francois. Offenkundig hat man mich ohne großes Aufhebens meiner Funktion als Kommandeur enthoben.
    »Spart Euch den Atem«, bestätigte der Kapitän seinen Verdacht. »Die Flut geht zurück. Die Strömung zieht uns genau in die entgegengesetzte Richtung.«
    Jeronimus hatte den seidenen Morgenrock des Kommandeurs angelegt und in dessen rotem Samtsessel Platz genommen. Nun halte ich Hof, dachte er, während er sich einen erlesenen Cognac einschenkte. Mein Hofstaat lässt zwar noch zu wünschen übrig, doch sobald sie wissen, wer sie regiert, werden sie ganz schnell parieren.
    Um Jeronimus herum waren mehrere Betrunkene dabei, die Besitztümer des Kommandeurs zu durchforsten.
    -199-

    Die Dummheit des Kapitäns kennt wahrhaftig keine Grenzen, grübelte Jeronimus. Zuerst verliert er die Flotte, hernach verrechnet er sich um sechshundert Meilen und nun flüchtet er in einer Nussschale über das Meer. Na, sei's drum - für Feiglinge und Versager war ohnehin kein Platz in seinem Reich.
    In seiner Kajüte hatte Jeronimus einen Moment lang befürchtet, dass ihm vor Furcht die Sinne schwinden würden.
    Zuletzt hatte er jedoch begriffen, dass die Batavia vorerst festen Halt gefunden hatte und sicher auf ihrem Felsen saß. Das Grauen erregende Scheuern und Schaben hatte immerhin aufgehört und einem sanften Wippen und Wiegen Platz gemacht.
    Infolgedessen hatte Jeronimus sich aufgerappelt und zu der Kajüte des Kommandeurs aufgemacht, um dessen Wertgegenstände in Augenschein zu nehmen. Später waren die betrunkenen Soldaten zu ihm gestoßen. Sie hatten offenbar dieselben Absichten gehabt.
    Allert Janz hatte den Schreibtisch des Kommandeurs aufgebrochen und den Inhalt der Schubladen auf dem Boden ausgeleert. Derbe Stiefel trampelten nun über Briefe, Miniaturporträts von Pelsaerts Familie und Dokumente der Gesellschaft. Ein Soldat hatte sich Pelsaerts goldene Kette umgelegt und schickte sich an, den Kommandeur zu imitieren.
    »Männer!«, rief er mit gezierter Stimme. »Unterlasst augenblicklich das Plündern meiner Kostbarkeiten!« Er drohte neckisch mit dem Zeigefinger. »Sonst bezichtige ich euch der Meuterei!«
    Die Soldaten brüllten vor Lachen.
    Jeronimus bat sich Ruhe aus. »Alle mal herhören!«, rief er.
    »Ich habe hier das Handbuch des Kommandeurs gefunden.«
    Die Männer blökten und grunzten beifällig. Danach verstummten sie und blickten Jeronimus erwartungsvoll an.
    -200-

    »Hier steht ein Eintrag aus dem Monat März«, verkündete Jeronimus. »Ich glaube, den sollte ich laut vorlesen. An Bord

Weitere Kostenlose Bücher