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Zorn des Loewen

Zorn des Loewen

Titel: Zorn des Loewen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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einer Bauersfrau verlieh.
    »Startklar?« erkundigte er sich.
      Sie nickte, und ihre Augen glänzten vor Aufregung. Mallory betätigte den Starter. Die Motoren keuchten kurz asthmatisch auf und verfielen dann in ein lebendiges Dröhnen. Er steuerte die Foxhunter in einer weitgezogenen, schwungvollen Kurve aus der kleinen Bucht heraus in die offenen Gewässer des Kanals.
      Das Topplicht schwang gleichmäßig von einer Seite zur anderen, als die Dünung das Boot zu heben und zu senken begann. Der Gischt prasselte gegen die Fensterscheibe. Ein paar Strich Steuerbord konnte er in circa einer Meile Entfernung die Positionslichter eines Dampfers ausmachen. Mallory drosselte die Geschwindigkeit auf zehn Knoten. Sie pflügten durch das Wasser in die Dunkelheit. Das gedämpfte Klopfen der Motoren wurde durch die Nachtluft getragen.
      Mallory schaute Anne in die Augen. »Scheint alles problemlos zu laufen. Mit ein wenig Glück werden wir eine glatte Überfahrt haben.«
    »Wann soll ich Sie ablösen?«
      »Keine Eile. Schlafen Sie ein wenig. Ich rufe Sie, wenn ich müde bin.«
      Die Tür schlug hinter ihr zu. Ein kurzer Windzug pfiff um das Ruderhaus und erstarb in einer Ecke. Mallory ließ den Klappsitz von der Wand herunter, zündete sich eine Zigarette an, lehnte sich behaglich zurück und beobachtete die Gischtwellen, die gegen den Bug schlugen.
    Das war genau das, worauf er sich bei jeder Reise so sehr freute: allein zu sein mit dem Meer und der Nacht. Die Außenwelt wurde immer mehr zurückgedrängt, während die Foxhunter ihren Weg in die Dunkelheit nahm. Mallory führte sich noch einmal die Anweisungen von Anfang bis Ende vor Augen, wo bei er sorgfältig jedes Detail durchdachte, bevor er zum nächsten Punkt überging.
      Gerade als er sich ins Gedächtnis zurückrief, daß de Beaumont in Indochina gewesen war, erinnerte er sich, daß auch Guyon dort gewesen war. Vielleicht gab es hier einen Zusammenhang, obgleich Adams sich über eine solche Möglichkeit ausgeschwiegen hatte. Andererseits war Guyon nicht in vietnamesischer Gefangenschaft gewesen. Das war ein Unterschied. Ein Höllenunterschied.
      Mallory überprüfte den Kurs, korrigierte ihn um ein paar Strich nach Steuerbord und ließ sich wieder auf seinem Stuhl nieder, wobei er den Kragen seiner Jacke hochschlug und sein Gesicht halb darin verbarg. Seine Gedanken wanderten auf alten, fast vergessenen Pfaden. Er dachte an Menschen, denen er begegnet war, an Lebenssituationen, in denen er gesteckt hatte, gute wie schlechte, und ihn überkam eine Art bewußter Traurigkeit. Sein Leben erschien ihm wie die schwarze See, die an das Ende der Welt mit hinzog.
      Er sah auf die Uhr und war überrascht, daß es schon nach Mitternacht war. Leise öffnete sich die Tür, während gleichzeitig ein Regenguß gegen das Fenster prasselte. Anne Grant kam herein. Sie trug ein Tablett.
      »Sie haben mir versprochen, mich zu rufen«, erinnerte sie ihn tadelnd. »Ich traute meinen Augen nicht, als ich aufwachte und auf die Uhr sah. Sie sind jetzt schon gute vier Stunden hier oben.«
      »Geht mir gut. Ich könnte die ganze Nacht hier bleiben«, sagte Mallory.
      Sie stellte das Tablett auf dem Kartentisch ab und füllte zwei Becher aus einem abgedeckten Topf. »Ich habe Tee gemacht. Der Kaffee zum Abendessen schien Ihnen nicht gerade zu behagen.«
    »Gibt es irgend etwas, was Sie nicht bemerken?« forschte er.
      Sie reichte ihm einen Becher und lächelte spitzbübisch. »Das Getränk der Soldaten.«
      »Worauf wollen Sie hinaus? Die blutrünstigen Einzelheiten?« Anne ließ den anderen Sitz hinunter. Sie reichte ihm ein Sandwich. »Nur was Sie erzählen wollen.«
      Mallory überlegte einen Augenblick lang und kam zu dem Schluß, daß ein halbe Wahrheit immer noch besser war als eine ganze Lüge. »Man hat mich 1954 rausgeworfen.«
    »Und weiter?« fragte sie.
      »Das Geld hat nie lange gereicht. Sie wissen, wie das ist. Ich war zu jener Zeit für die Messekasse verantwortlich. Daraus ›lieh‹ ich mir etwas Geld, um mich über Wasser zu halten. Unglücklicherweise erschienen die Kassenprüfer ziemlich früh in jenem Monat.«
    »Ich glaube Ihnen kein Wort«, sagte Anne nachdenklich.
      »Wie Sie wollen.« Er stand auf und streckte sich. »Ich habe den Autopiloten eingestellt, so daß Sie eine Weile Ruhe haben. Gegen Viertel vor vier bin ich wieder da, um den Kurs zu ändern.«
      Sie saß da und schaute ihn in dem Halbdunkel mit großen Augen

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