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Zorn des Loewen

Zorn des Loewen

Titel: Zorn des Loewen
Autoren: Jack Higgins
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Den einzigen Ankerplatz bildete eine Bucht am Südende der Insel. Der gesamte Bereich war umgeben von einem ganzen Netzwerk von Unterwasserriffs. Es gab nur zwei tiefere Fahrrinnen, die eine einigermaßen sichere Durchfahrt ermöglichten.
      »Ich werde das Boot übernehmen, wenn sie wollen«, sagte Anne. »Ich kenne die Gegend wie meine Westentasche, und das ist auch nötig.«
      »Das ganze Gebiet sieht eher wie eine Todesfalle aus. Ich möchte jedenfalls nicht in einer trüben Nacht auf diese Küsten zugetrieben werden«, meinte Mallory respektvoll.
      »Eine Menge guter Schiffe hat eben genau das Schicksal ereilt. Sehen Sie St. Pierre dort drüben, eine Meile in nördlicher Richtung? Wenn in früheren Jahren ein Sturm vom Atlantik hereinbrach, wurden häufig Schiffe zwischen die beiden Inseln getrieben. Sie liefen dann auf das Unterwasserriff auf, das die Inseln miteinander verbindet. Bei Ebbe fällt der Wasserspiegel um mehr als zehn Meter, und dann werden einige dieser gesunkenen Wracks sichtbar.«
    »Gefährliche Gewässer zum Schwimmen.«
      »Ja, und vor allen Dingen zur falschen Zeit. Gerade erst kürzlich ertrank der Barkeeper von Owen Morgans Hotel. Seine Leiche wurde am Abend vor meiner Abreise ans Ufer gespült.«
    »Nicht so schön.« Mallory brachte das Gespräch schnell auf etwas anderes. »Auf St. Pierre sehe ich ein Schloß eingezeichnet?«
      »Ein gotisches Mausoleum. Es ist von einem französischen Grafen, Philippe de Beaumont, auf zwanzig Jahre gepachtet.«
    »Die Gegend scheint geschäftiger zu sein, als ich annahm.«
      Sie widersprach: »Wir sehen ihn selten. Er ist eher häuslich, und wir kriegen selten Besuch auf der Insel. Das Hotel verfügt nur über sechs Zimmer, und die sind den Sommer über natürlich ausgebucht. Aber Owen schließt gewöhnlich sein Hotel Anfang September, weil er das schöne Wetter selbst genießen will.«
    »Er beschäftigt demnach wenig Personal?«
      »Nur in der Saison, und meistens holt er Mädchen von Guernsey herüber. Er hat eine französische Köchin, die das ganze Jahr über bei ihm gearbeitet hat und zum Ende der Ferienzeit abreisen sollte. Aber sie ist geblieben.«
    »Sieht wie eine abgemachte Angelegenheit aus.«
      »Das ist ihre Sache. Sie ist jedenfalls ein nettes Mädchen. Ich hoffe, er wird sie heiraten.«
      Der Nebel lichtete sich ein wenig und gab den Blick frei auf das von beiden Seiten umschäumte Riff. »Ich glaube, jetzt sollten Sie Ihre Arbeit tun«, bemerkte Mallory.
      Sie übernahm das Ruder und änderte den Kurs um einen halben Strich. Einen Augenblick später riß der Nebel jäh auf, und die steilen Klippen türmten sich drohend vor ihnen auf. Dann fiel der graue Vorhang wieder herab.
      Mallory drosselte die Maschinen, während Anne die Jacht durch den Nebel steuerte. Sie schien vollkommen ruhig und gelassen, und Mallory ergab sich fatalistisch in sein Schicksal. Er ließ sich auf einem der Stühle nieder und zündete sich eine Zigarette an.
    Plötzlich wurde das Boot von einem heftigen Ruck geschüttelt, und Anne und er wurden auf die andere Seite des Ruderhauses geschleudert. Die Foxhunter wich beängstigend vom Kurs ab. Mallory schob das Mädchen beiseite und kroch hinüber zu dem herumwirbelnden Ruder. Er riß das Schiff zurück auf Kurs. Anne stellte sich neben ihn, und gemeinsam spähten sie in den Nebel hinaus. In etwa einhundert Meter Entfernung bemerkte er etwas Riesiges, das sich durch das Wasser bewegte. Eine mächtige Welle rollte heran und schüttelte das Boot erneut. »Und was, zum Teufel, war das?« rief er.
      »Vermutlich ein Riesenhai. Die gibt es häufig genug in diesen Gewässern. Dieser muß aber sehr groß gewesen sein, um eine solche Blasenspur zu hinterlassen.«
      Mallory starrte mit finsterem Blick in den Nebel und versuchte, sich die Gewalt dieser Welle zu erklären. Hätte ein Hai – wie groß auch immer er sein mochte – ein solches Aufwallen des Wassers erzeugen können?
      Er war noch immer in Gedanken versunken, als sie aus dem letzten Nebelfeld auftauchten und etwa eine Viertelmeile vor sich die Île de Roc aus dem Meer ragen sahen.
      Im Westen lag St. Pierre, wesentlich kleiner und ein bißchen verschwommen, da die Sicht in die Ferne immer noch nicht so gut war. Zwischen den Inseln schäumte und toste das Meer über die unter dem Wasser gelegene Felsbrücke.
      »Wir sind jetzt in offenen Gewässern«, sagte Anne. Mallory drehte die Maschine voll auf und jagte durch
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