Zorn des Loewen
ertönten. Das erste Boot wurde halb aus dem Wasser gehoben, als es die Fährtrossen rammte, die Tewak eine Stunde zuvor mit seinen Männern über den Fluß gespannt hatte.
Das Boot wirbelte herum und stieß gegen das andere. Dann folgten Gewehr- und Pistolensalven, die auf die Anlegestelle gerichtet waren.
Ein kurzer Befehl von Mallory schreckte die beiden Männer mit den Flammenwerfern auf. Das Feuer fraß sich durch die Nacht und ergoß sich über die Boote. Augenblicklich loderten die Aufbauten mit den Segeln auf, und Männer stürzten von unten herauf auf die Decks.
Aus den beiden Maschinengewehren schoß ein Kugelhagel, der die Guerillas zu Boden warf, sobald sie sichtbar wurden. Tewak stellte den Scheinwerfer ab, nahm sein Maschinengewehr zur Hand und eröffnete seinerseits das Feuer.
Innerhalb von Minuten war alles vorüber. Eine Handvoll Männer versuchte, dem brennenden Inferno zu entrinnen; sie sprangen ins Wasser und schwammen um ihr Leben. Die Flammenwerfer jedoch stöberten sie auf, und die Feuerzungen erfaßten sie einen nach dem anderen.
In der Zwischenzeit waren der Fluß und das Dorf hell erleuchtet. Mallory stand beobachtend dabei und nahm keinen Anteil an dem, was um ihn herum geschah. Er warf einen Blick auf seine Uhr: Es war gerade nach zwei Uhr morgens, und er fragte sich, wie wohl Harrison mit seiner Aufgabe zurechtkam.
Als er sich umdrehte, sah er Mary Hume einige Schritte entfernt. Er ging auf sie zu und bemerkte, daß sie weinte.
»Sie Schlächter«, wimmerte sie. »Sie Mörder. Dafür werde ich Sie hängen sehen.«
»Dessen bin ich mir sicher, Mrs. Hume«, sagte er schlicht und ging an ihr vorbei die Anlegestelle entlang.
Er hatte noch vierundzwanzig Stunden Zeit, bis das Flugzeug kam. Wenn er sich unverzüglich am Flußufer entlang auf den Weg machte, um sich mit Harrison und seinen Leuten, die nach Süden vorrückten, zu treffen, konnten sie sicher sein, daß sie auch die letzten Überlebenden des Angriffs auf das Kautschukgut aufreiben würden. Noch vierundzwanzig Stunden, und danach…
Als er am Ufer hochstieg, um zu seinem Kommandohaus zurückzukehren, versank das erste Fischerboot zischend im Wasser.
10
Ehrensache
Ein Streichholz flammte auf und sein Lichtschein zeichnete Hamish Grants kantige Gesichtszüge nach, als er sich eine Zigarre anzündete. »Und die Untersuchung?«
Es war inzwischen dunkel geworden, und tief unten schäumten die Wellen über die Felsen am Eingang der kleinen Bucht. Die Nacht war warm und angenehm. Sterne spannten sich über den Himmel bis zum Horizont. Eine Wolke schwebte um den Mond, der ein hartes, weißes Licht über die Terrasse legte.
Mallory wandte seinen Blick vom Meer weg und zuckte die Achseln. »Der Ausgang stand von vorneherein schon fest. Man gebrauchte Begriffe wie: ›vormals tapfere Dienste‹ etc. und wies darauf hin, daß die Tortur der zweijährigen Gefangenschaft in einem chinesischen Gefängnislager nicht ohne Wirkung geblieben war.«
»Man hat Ihnen also die äußerste Schmach einer Degradierung erspart?«
»Sie haben mich tatsächlich nicht rausgeschmissen, wenn Sie das meinen. Man könnte sagen, sie haben mir so unauffällig wie möglich den Abschied gegeben. Der Armee zum besten, natürlich.«
»Selbstverständlich«, stimmte der alte Mann zu. »Ein schlimmes Geschäft. Solche Dinge gehen an keinem von uns spurlos vorüber.«
»Li wäre mit mir genauso verfahren wie ich mit ihm«, erklärte Mallory. »Der Zweck des Terrorismus ist zu terrorisieren. Das hat Lenin gesagt. Es steht auf der ersten Seite jedes kommunistischen Handbuchs über revolutionäre Kriegsführung. Man kann diese Art Feuer nur mit Feuer bekämpfen. Sonst kann man sich gleich auf den Boden legen und die Wellen über sich zusammenschlagen lassen. Diese Einstellung habe ich aus dem chinesischen Lager mitgebracht, General.«
»Ein interessanter Standpunkt.«
»Unter den genannten Umständen der einzig richtige. Ich habe das getan, was getan werden mußte. Als ich meine Aufgabe beendet hatte, gab es nachts in Perak keinen Terror mehr. Keine Kota Banus mehr. Kein Abschlachten von jungen Mädchen mehr. Das sollte, weiß Gott, etwas wert sein.«
Es trat Stille ein. Annes Gesicht war blaß. Ihre Augen schienen dunkel und geheimnisvoll und ließen ihn im Unklaren. Als sich eine Wolke vor den Mond schob, erstarrte sie zu einer Silhouette. Sie wandte ihm ihr Gesicht zu, blieb aber immer noch
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