Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zorn des Loewen

Zorn des Loewen

Titel: Zorn des Loewen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
Vom Netzwerk:
Verwunderung stellte er fest, daß er dieses Mädchen dorthin mitnehmen wollte, um gemeinsam mit ihm den alten, grauen Hof, der inmitten der Bäume in eine Senke gebettet lag, wiederzusehen, mit ihr das vertraute Land, das er so sehr liebte, zu durchstreifen.
      »Es könnte natürlich noch jemanden anderes geben«, sagte sie. Ihre Stimme klang unbeschwert, und doch lag eine leichte Bitterkeit darin. Es schien, als ob ihr bewußt wäre, wie nahe sie daran war, ihn zu verletzen. Er zog sie unwillkürlich an sich.
      »Es gab da mal ein Mädchen, Fiona, vor langer Zeit in Algier. Sie gab mir Ruhe, als ich sie dringender brauchte als irgend etwas anderes auf der Welt. Sie bezahlte dafür mit ihrem Leben. Ein hoher Preis! Ich versuche seither, von ihr loszukommen.«
      Eine kurze Stille trat ein. Dann sagte sie weich: »Hast du jemals daran gedacht, daß es vielleicht Algerien ist, wovor du wegläufst? Daß dieses Mädchen all das symbolisiert, was dort geschehen ist?«
      In diesem Augenblick wurde ihm klar, daß sie recht hatte, daß sie durch ihre hervorragende Auffassungsgabe den Kern des Problems sofort erkannt hatte.
      »Ich weiß, ich bin jung, Raoul, und im großen und ganzen habe ich nur die unbeschwerteren Seiten des Lebens kennengelernt; aber eines weiß ich: Der Algerienkrieg war nicht der erste, aus dem die Männer mit blutigen Händen heimkehrten, und es wird auch nicht der letzte gewesen sein. Aber so ist das Leben. Es hat eben gute und schlechte Seiten. Die Menschen kommen immer durch.«
    Er küßte sie leidenschaftlich. Sie legte ihre Hände um seinen Nacken und preßte sich an ihn. Später rollte sie sich zur Seite und blieb auf dem Rücken liegen.
      »Was ist nun, glaubst du, daß ich euren Hof in der Bretagne zu sehen bekomme?«
      Er zog sie hoch auf die Füße und hielt sie mit ausgestreckten Armen vor sich fest. »Habe ich noch die Wahl?«
      Sie reckte ihren Kopf hoch und küßte ihn. Dann lief sie behende den Hang hinunter. Guyon gab ihr etwa zwanzig Meter Vorsprung, bevor er ihr nacheilte. Zum ersten Mal seit Jahren drang spontane Freude aus seinem Innern.

    Die Hotelbar war ein länglicher, gemütlicher Raum, dessen Wände weißgetüncht waren. Die Fenster boten einen freien Blick auf das Meer. Zwei große Öllampen hingen an einem der Eichenbalken, die die niedrige Decke trugen.
      Jacaud und zwei weitere Männer saßen an einem Tisch in der Ecke und spielten Karten. Owen Morgan, ein kleiner, ergrauender Mann mit feurigen, walisischen Augen und einem Gesicht, das durch den lebenslangen Aufenthalt am Meer verwittert war, lehnte an der Bar neben ihnen und schaute beim Spiel zu.
      An einem offenstehenden Fenster saßen sich Anne und Mallory an einem kleinen Tisch gegenüber und rauchten. Weit draußen auf See glitten die Lichter eines Schiffes am Horizont entlang. Sie schienen aus einer anderen Welt zu kommen. Anne seufzte.
    »Ein großer Pott. Wo der wohl hinfahren mag?«
    »Tanger, Azoren. Suchen Sie sich was aus.«
    »Eine Aufforderung?«
    »Eine sehr unpassende sogar«, meinte er lächelnd.
      »Das sollten Sie öfter tun«, forderte sie ihn auf. »Das steht Ihnen.«
    Ehe er antworten konnte, fiel ein Schatten auf den Tisch. Juliette Vincente stand vor ihnen mit einem Tablett, auf dem sich zwei Gläser und eine kleine Flasche Champagner befanden. Ju liette Vincente war etwa fünfunddreißig Jahre alt, eine unscheinbare, einfache Frau, leicht rundlich um die Hüften, und sie trug ein blaues Wollkostüm. Ihre Haut war von einer klaren Frische, ihre Wangen leicht gerötet.
      »Von dem Herrn Grafen, Madame«, sagte sie schlicht und stellte die Gläser und die Flasche auf den Tisch.
      Am hinteren Ende der Bar führten zwei, drei breite Stufen in einen angrenzenden Raum, wo sich de Beaumont neben einem wohltuenden Feuer niedergelassen hatte. Anne nickte hinüber, und er erhob sein Glas.
    »Kleine Anerkennung für ein großartiges Abendessen.«
    »Soll ich ihn herüberbitten?« fragte Mallory.
    Sie schüttelte den Kopf: »Nein, es sei denn, Sie möchten es.«
      Kurze Zeit später bremste draußen ein Kombiwagen. Raoul Guyon und Fiona entstiegen dem Auto und halfen dem General heraus. Der alte Mann ging ihnen voran die Treppe hinauf und betrat die Bar.
      »Hierher, Hamish!« rief Anne. Er folgte ihrer Stimme und trat an ihren Tisch.
      Mallory erhob sich und schob ihm einen Stuhl unter. Fiona schlüpfte auf den Fensterplatz neben Anne, und Guyon griff nach der

Weitere Kostenlose Bücher