Zorn des Loewen
Flasche und nickte anerkennend.
»Heidsieck, 1952. Wie typisch für die Engländer, das Beste für sich selbst zu reservieren. Ich muß wohl etwas unternehmen, um gleichzuziehen.«
Er ging zur Bar. Hamish Grant zog ein braunes, ledernes Zigarrenetui aus der Jacke und hielt es Mallory hin: »Versuchen Sie mal so eine. Ekelhafte Dinger, aber es gibt nichts Vergleichbares. Habe damit in Indien angefangen.«
Mallory nahm eine und bot dem General Feuer an. Da kehrte Guyon zurück. »Unser Freund Owen räumt seinen Keller auf. Er kann nicht dafür garantieren, daß alles auf offiziellem Wege dorthin gefunden hat. Das macht aber auch nichts. Er gestand mir, daß der Steuerprüfer nur einmal im Jahr kommt und es nie versäumt, ihn rechtzeitig vorzuwarnen.«
»Verständlich«, warf der General ein, »die beiden waren zusammen bei der Marine.«
Owen Morgan erschien einen Augenblick später und kam an ihren Tisch. »Eis werden Sie nicht benötigen«, erklärte er Guyon, als er ihm eine Flasche zur Prüfung reichte. »Wo die herkommt, war's kalt genug.«
»Ausgezeichnet«, lobte Guyon. »Ich werde sie öffnen, besorgen Sie ein paar Gläser.«
Seine Ausgelassenheit war ansteckend, und einige Augenblikke später brachen sie alle in Gelächter aus, als er ihnen eine ungeheuerliche und ziemlich unwahre Begebenheit aus seinem Leben erzählte.
Mallory bemerkte einige Male, wie die drei Männer in der Ecke hin und wieder zu ihnen herüberstarrten, offensichtlich durch das laute Lachen von Fiona oder Guyon irritiert. Einer schlug auf den Tisch und Verlangte lauthals nach mehr Cognac.
Mallory beugte sich zu Anne: »Der Mann links mit den kurzen Haaren, der heute nachmittag de Beaumonts Boot gesteuert hat, wer ist das?«
»Sie nennen ihn Jacaud«, antwortete sie. »Das ist alles, was ich weiß. Er scheint de Beaumont überallhin zu begleiten. Ich glaube, die anderen haben ziemliche Angst vor ihm.«
»Das wundert mich nicht«, meinte Guyon. »Der hat sicher fünfundneunzig Kilo Knochen und Muskeln, so wie er aussieht aber mehr Muskeln.«
Jacaud erhob sich, durchquerte den Raum und stieg die wenigen Stufen hinauf. Er beugte sich über de Beaumonts Tisch, und sie wechselten ein paar Worte miteinander. Mallory beobachtete sie über den Rand seines Glases hinweg. Einmal drehte sich de Beaumont um und blickte in ihre Richtung. Er starrte Mallory an und wandte sich wieder Jacaud zu.
Der hünenhafte Franzose ging zu seinen Kollegen zurück. Owen Morgan schaltete das Radio an, und Musik erfüllte den Raum.
»Komm, laß uns ein wenig Leben in die Bude bringen«, forderte Guyon Fiona zum Tanzen auf.
Sie waren ein attraktives Paar, als sie so durch die Bar schwebten, das schöne junge Mädchen an der Schwelle zur Frau und Guyon mit seinem sonnengebräunten Gesicht, das voller Leben war.
Anne Grant beobachtete sie wehmütig und errötete, als sie bemerkte, daß Mallory sie anschaute. »Fionas Anblick erinnert mich immer an mein Alter«, versuchte sie eine Erklärung.
»Zum Tanzen bist du noch lange nicht zu alt.« Mallory wandte sich zum General: »Sie entschuldigen uns, Sir?«
Hamish Grant berührte leicht die Champagnerflasche und hob sein Glas: »Vergnügt euch, solange ihr es könnt. Ich werde hiermit zurechtkommen.«
Sie tanzten zur Mitte des Raumes hin. Anne legte einen Arm um seinen Hals und tanzte mit ihrem Kopf an seiner Schulter. Ihr Körper preßte sich so eng an ihn, daß er sie von der Brust bis zu den Oberschenkeln spürte.
Einen Augenblick lang vergaß er alles um sich herum. Ihm war nur bewußt, daß er mit einem warmen, aufregenden Mädchen tanzte, deren Parfüm in seine Nase drang und ein angenehmes brennendes Verlangen schürte.
Es war schon so lange her, daß er mit einer Frau geschlafen hatte; doch das erklärte nicht alles. Daß Anne Grant ihn anzog, war nicht zu leugnen; aber da war noch etwas mehr, etwas Tieferes, das er im Moment nicht zu erklären wußte.
Die Musik war zu Ende, und noch ehe ein neues Stück ertön
te, gingen sie an ihren Tisch zurück. Die beiden anderen folgten bald danach. Als Fiona sich setzte, brachen Jacaud und seine beiden Freunde in ein lautes Gelächter aus, dem eine zotige, spitze Bemerkung auf französisch folgte, die man hier nicht wiedergeben kann.
Guyon schwang herum, und sein Gesicht wurde hart. Die drei Männer erwiderten herausfordernd seinen Blick. Er machte einen Schritt auf sie zu, doch
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