Zorn des Loewen
Mallory faßte ihn am Arm und zog ihn auf seinen Stuhl zurück.
»Lassen Sie es gut sein.«
Guyon schüttelte sich vor unterdrückter Wut: »Haben Sie gehört, was er gesagt hat?«
Fiona beugte sich vor und legte ihm ihre Hand auf den Arm: »Sei nicht wütend, Raoul. Sie haben ein bißchen zu viel getrunken, das ist alles.«
Der Schatten eines Mannes fiel auf den Tisch. Mallory schaute hoch in das Gesicht des Mannes, den Owen Morgan Marcel genannt hatte. Er war mittelgroß, trug eine grobe Baumwollhose und einen blauen Seemannspullover und schien ziemlich betrunken zu sein, so daß er sich an der Tischkante festhalten mußte, um nicht den Halt zu verlieren.
»Ich glaube, es wäre besser, Sie würden sich wieder hinsetzen«, redete Mallory ihm auf französisch zu.
Marcel beachtete ihn nicht, lehnte sich über den Tisch, wobei er ein Glas umstieß, und griff Anne am Arm. »Du tanzt jetzt mit mir?« maulte er in gebrochenem Englisch.
Mallory packte den rechten Arm des Mannes direkt oberhalb des Ellbogens und drückte seinen Daumen fest auf die Pulsstelle. Als der Mann herumschwang, den Mund zu einem Schmerzensschrei geöffnet, trat Guyon ihn unter die Kniescheibe des rechten Beines. Marcel taumelte rückwärts, verlor das Gleichgewicht und fiel der Länge nach auf den anderen Tisch. Jacaud schob ihn auf die Seite, stand auf und kam auf sie zu.
Er verharrte einen Augenblick, wankte leicht wie betrunken, aber seine schiefergrauen Augen schauten eiskalt und wachsam.
»Zwei gegen einen, Messieurs«, sagte er in hervorragendem Englisch. »Das war nicht fair.«
Owen Morgan kam hinter der Theke hervor. Er war bleich, doch seine Augen loderten. Der riesenhafte Franzose versetzte ihm einen einzigen verächtlichen Stoß, so daß Morgan rückwärts taumelte, dabei lachte Jacaud rauh.
»Marcel hat es so gewollt, Jacaud«, schaltete sich de Beaumont lauter Stimme ein. »Lassen Sie es dabei bewenden.«
Jacaud beachtete ihn nicht, und de Beaumont machte keine Anstalten in die Bar zu kommen, um zu zeigen, daß er die Situation in den Griff bekommen konnte oder wollte. Er blieb neben dem Feuer sitzen und blickte aufmerksam hinunter.
In diesem Augenblick erkannte Mallory, daß die ganze Szene arrangiert war, daß de Beaumont aus einem scheinbar unersichtlichen Grund die Situation absichtlich herbeigeführt hatte.
Guyon erhob sich, doch Mallory zog ihn zurück auf seinen Stuhl. »Das ist meine Sache.«
Jacaud stand schwankend vor ihm, immer noch den Anschein erweckend, daß er betrunken war. Seine kraftvollen Hände waren leicht gekrümmt. Jeder Muskel war angespannt. Er torkelte auf sie zu und baute sich vor ihrem Tisch auf.
»Mein Freund wäre selbstverständlich mit einem Drink zufriedenzustellen.« Er nickte zum Tisch hin. »Eine Flasche Champagner wäre in Ordnung.«
»Sofort, wenn wir Ihnen damit einen Gefallen tun können«, sagte Mallory ruhig.
Er ergriff die Flasche und legte die Hand umgekehrt um den Flaschenhals, hob sie hoch und ließ sie auf den Schädel des Franzosen nieder. Anne schrie auf. Jacaud taumelte und fiel auf die Knie. Mallory packte einen Stuhl und schlug ihn über die breiten Schultern des Mannes. Jacaud grunzte und versuchte, sich hochzurappeln. Mallory schlug mit dem zerbrochenen Stuhl wieder und wieder auf ihn ein, bis der Stuhl ganz zersplittert war. Er warf die Bruchstücke achtlos zur Seite und blieb abwartend stehen.
Langsam und mit schmerzverzerrtem Gesicht griff Jacaud nach dem Rand der Theke und zog sich daran hoch. Einen Moment lang stand er schwankend da, dann drehte er sich zu Mallory, wobei er sich gelassen Blut aus dem Gesicht wischte.
Dann griff er an, den Kopf nach vorn gebeugt wie ein verwundeter Stier und streckte seine mächtigen Pranken aus, um den Gegner damit zu vernichten. Mallory berechnete seine Bewegungen genau, warf sich zur Seite und ließ Jacaud an sich vorbei ins Leere laufen. Dann versetzte er ihm einen Karateschlag mit der Handkante auf die Nieren.
Jacaud schrie auf und fiel zu Boden. Eine ganze Weile hockte er da auf Hände und Füße gestützt. Als er endlich hochkam, sabberte er wie ein Tier. Er torkelte auf Mallory zu; der versetzte ihm einen Tritt von unten, und Jacaud fiel wieder zu Boden, rollte auf die Seite und blieb reglos liegen.
In der Stille, die nun folgte, kam de Beaumont langsam die Stufen herunter. Er ließ sich neben Jacaud auf die Knie nieder, untersuchte ihn und
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