Zorn des Loewen
Guyon saß im Heck des Bootes. Ein, zwei Meter neben ihm stand der Taucher bis zur Hüfte im Wasser auf dem leicht abfallenden Riff neben seinem Unterwasserschlitten und hielt das Harpunengewehr in den Händen. Es hatte den Anschein, als wären sie in ein Gespräch vertieft.
Mallory ließ die Griffe des Aquamobils los, tauchte wieder unter und schwamm auf die beiden zu. Mit einem gewaltigen Satz stieß er an die Oberfläche, legte seinen rechten Arm um den Hals des Mannes und ließ sich rückwärts fallen. Er zerrte ihn in tieferes Wasser und zog ihm den Luftschlauch aus dem Mund.
Sie sanken in das klare Wasser. Das Harpunengewehr löste sich und glitt kreisend in die Tiefe hinab. Mit seiner freien Hand packte Mallory den Kopf des Gegners und riß ihm die Maske herunter. Das vor Furcht verzerrte Gesicht des Mannes drehte sich nach oben.
Selbst als eine Hand nach hinten griff und Mallorys Luftschlauch packte und ihm aus dem Mund riß, ließ dieser nicht locker. Er preßte die Zähne aufeinander und verstärkte seinen Griff. Aus den Nasenlöchern des Froschmanns strömte in zwei Bahnen das Blut, und einen Moment später schwang sein Körper nur noch leblos gegen Mallorys Arm. Der lockerte den Griff und ließ den Körper davontreiben; er drehte sich zweimal um sich selbst, bevor er zu sinken begann.
In Mallorys Ohren dröhnte es, und seine Schläfen pochten heftig. Er stieß zur Oberfläche zurück und schlug gegen die Bootswand. Dort verharrte er und rang würgend nach Luft. Guyon streckte seine Hand aus, um ihm zu helfen. Mallory taumelte auf den abgeschrägten Felssims und kroch auf Händen und Knien, seine Brust hob und senkte sich schwer.
Guyon sprang in das knietiefe Wasser neben ihn und half ihm auf die Beine. Er zog ihm die Maske vom Gesicht, das angespannt und angstvoll ins Mondlicht starrte. Mallory wollte sprechen, aber seine Stimme war schwach und schien von weither zu kommen. Er schüttelte etliche Male den Kopf.
Das Dröhnen ließ plötzlich nach, und er keuchte: »Keine Zeit für Erklärungen. Ich bin in Schwierigkeiten geraten. Wir sollten schnell umkehren.«
»Hast du die Alouette gefunden?«
»Sie liegt tatsächlich dort unten am Anleger in der Insel vertäut, wie wir vermuteten. Platz für ein paar mehr, so wie es aussieht.«
Er schnallte die schwere Taucherlunge ab, warf sie ins Boot und kletterte dann selbst hinein. Während er den Außenbordmotor anwarf, löste Guyon die Leine vom Felsen und folgte ihm in das Boot. Sekunden später rasten sie wieder auf die Île de Roc zu, durch den verwinkelten Kanal zwischen den mächtigen Felsen, die durch den Gezeitenwechsel schon zu beiden Seiten aus dem Wasser herausragten.
»Was geschieht jetzt?« fragte Guyon.
»Sobald wir zurück sind, rufen wir Leviathan. Diese Torpedoboote werden von St. Helier hier eintreffen, ehe wir uns versehen.«
Das Beiboot schlingerte in einer Turbulenz, wurde zwischen den hohen, schwarzen Felswänden von einer starken Strömung erfaßt und auf die Landzunge zugetrieben. Hinter ihnen erfüllte plötzlich ein lautes Dröhnen die Nacht. Guyon hob das Nachtglas an seine Augen und schaute zurück. Als er es wieder absetzte, wirkte er sehr blaß.
»Es ist das verdammte Schnellboot von de Beaumont. Kommt mit ziemlicher Geschwindigkeit auf dieser Seite des Riffs hinter uns her. Das macht bestimmt seine vollen dreißig Stundenkilometer.«
Mallory warf einen Blick zurück und erhaschte einen kurzen Schimmer des dünnen Lichtstrahls, den der Scheinwerfer des Schnellboots aussandte. Er gab jetzt Vollgas. Die starke Strömung war gegenläufig, als sie versuchten, die Landzunge zu umfahren. Das leichte Boot wurde herumgeschleudert und das Wasser schwappte hinein.
»Wirf das Atemgerät über Bord«, rief Mallory.
Guyon krabbelte auf seinen Knien, griff die Trageriemen der Aqualunge, hob sie daran hoch und ließ sie über die Bordwand gleiten. Das zeigte sofortige Wirkung. Das Boot ritt über die nächste Welle und es gelang ihnen, um die Landspitze herumzukommen. Sie hätten nun in ruhigere Gewässer gelangen sollen.
Der Gezeitenstrom prallte hier jedoch ungestüm mit der normalen, küstennahen Strömung zusammen und riesige Flächen schäumenden Wassers tosten um sie herum heftig gegeneinander und ergossen sich in unregelmäßigen Wellen gegen die Klippen, während die ablandige Strömung das Boot wieder hinauszog.
Das Dingi schlingerte im Wellental zwischen zwei hohen
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