Zorn des Loewen
oberen rechten Schublade des Schreibtisches finden«, erklärte der General. »Irgendwo dahinter auch eine halbvolle Schachtel mit Munition. Außerdem müßte da auch eine schon geladene Luger sein.«
Guyon öffnete die Schublade und kam mit dem Revolver in der einen und der Luger in der anderen Hand zurück. »Sie können die Luger haben«, bot Grant an. »Ich werde den Webley für mich behalten, wenn Sie nichts dagegen haben.«
Guyon steckte die Luger in seine Tasche und machte sich daran, den Webley zu laden. Anne und Fiona kehrten wieder zurück. Beide trugen dicke Schaffellmäntel, und Anne hatte sich nach Art der Bäuerinnen ein Tuch um den Kopf gebunden.
Sie lächelte Mallory an: »Wir sind soweit, wenn ihr bereit seid.«
Er schüttelte leicht den Kopf: »Nicht um alles in der Welt. Ihr bleibt schön hier.«
Eine kleine Falte erschien zwischen ihren Augen, und Fiona wollte zu einem Protest anheben, da schnitt ihr Hamish Grant scharf das Wort ab: »Sie werden genug mit sich selbst zu tun haben, auch ohne euch zwei.«
Fiona wandte sich zu Anne, doch ihre Schwägerin seufzte und schüttelte den Kopf: »Er hat recht, Fiona. Wir wären nur im Wege.« Sie lächelte Mallory zu. »Dann werden wir also hier sitzen und warten. Wie lange?«
»Mit ein wenig Glück können wir die Angelegenheit bis zum Frühstück erledigt haben. Und ich sage euch schon jetzt: Ich werde einen ungeheuren Appetit haben.«
»Ich nehme dich beim Wort.«
Mallory strich Anne zärtlich über die Hand; dann ging er voran in den Flur. Der Wagen war mit laufendem Motor am Fuß der Treppe geparkt. Mallory setzte sich hinter das Steuer und wartete auf Guyon. Der Franzose stand mit Fiona oben an der Treppe, Anne dahinter in der Tür. Das junge Mädchen reckte ihm ihren Kopf entgegen, küßte ihn und verschwand im Haus. Guyon stieg die Treppe hinunter und setzte sich mit grimmiger Miene auf den Beifahrersitz.
Mallory fuhr unverzüglich los, bog hinter dem Tor in die hell erleuchtete Straße ein, die den Hügel hinab zum Hafen führte. Das Hotel war in Dunkelheit gehüllt, und die Bucht lag noch genauso da, wie sie sie verlassen hatten: die Foxhunter auf der einen Seite der Mole vertäut, Guyons Mietboot auf der anderen.
Mallory brachte den Wagen vor der Anlegestelle zum Stehen, stellte den Motor ab und stieg aus. Der Mondschein lag silbern auf dem Wasser, und der Nachthimmel erschien wie ein warmes, dunkles Samtkissen, das mit verstreuten Diamanten besetzt war.
»So weit, so gut«, bemerkte er zu Guyon gewandt und schritt voran auf die Mole.
Er sprang an Deck der Foxhunter und lief zum Deckhaus. Dort schaltete er das Licht an und… fluchte: Das Funkgerät war aus seiner Verankerung an der gegenüberliegenden Wand gerissen und lag völlig zertrümmert in der Ecke, daneben lag eine Axt.
»Sind sie uns doch zuvorgekommen.«
Er stürzte an Guyon vorbei, lief den Kabinengang hinunter durch den Salon zur hinteren Kabine, kniete sich neben das Schränkchen unter seiner Schlafstelle und durchstöberte es.
»Suchen Sie das hier, Colonel Mallory?« fragte Guyon schlicht.
Mallory sprang auf die Beine und drehte sich um. Guyon stand auf der anderen Seite des Tisches, eine Schublade geöffnet und hielt den kleinen elektronischen Sender, der Mallorys einzige Verbindung mit seinen Leuten war, in der Hand.
»Guter Junge«, rief Mallory aus und tat einen Schritt nach vorn.
Guyon ließ das Gerät zu Boden fallen und trat zweimal fest mit dem Absatz darauf. Gleichzeitig zog er die Luger aus seiner Manteltasche.
Mallory blieb wie erstarrt stehen und schaute ihn ungläubig an. Da vernahm er eine Stimme: »Ausgezeichnet, Captain Guyon. Ich war schon nahe daran, an Ihnen zu zweifeln.«
Als sich Mallory umwandte, trat de Beaumont aus dem Schatten der dunklen Küche, neben sich Jacaud, der ein Maschinengewehr in den Händen hielt.
12
Zum finsteren Turm
Sie waren nun dicht an die Insel herangekommen. Marcel drosselte den Motor auf halbe Kraft und führte die Foxhunter langsam auf die dunkle Öffnung zu. Das Schnellboot war an einem dicken Tau am Heck festgebunden. Mallory schaute auf das Meer hinaus und gewahrte den Schatten, der vom Horizont her am Himmel aufzog und die Sterne verdeckte.
Guyon stand ein paar Schritt entfernt an der Reling und unterhielt sich leise mit de Beaumont, während Jacaud am Ruderhaus lehnte und immer noch das Maschinengewehr im Anschlag hielt. Ein Auge war
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