Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zorn: Thriller (German Edition)

Zorn: Thriller (German Edition)

Titel: Zorn: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
Vom Netzwerk:
und in dem winzigen Badezimmer hatte man sogar eine Deckendusche installiert.
    Die geringe Größe bereitete den fünf Anwesenden jedoch gewisse logistische Probleme. Und sie hatten nicht mehr als eine halbe Stunde Zeit, um die Observierung der Dozentin Marina Ivanova zu organisieren. Sie musste sich allein im Zimmer aufhalten – es gab dort keine Möglichkeit, sich zu verstecken –, und im Badezimmer war maximal Platz für zwei Personen. Aber eben nicht für vier Polizisten. Sie buchten kurzfristig ein weiteres Zimmer – der nächste freie Raum war allerdings zwei Zellen entfernt – und installierten eine Miniaturkamera mit einem Sender an der Decke der »Einzelzelle«. Jorge Chavez stellte im zweiten Zimmer auf seinem Laptop den Kontakt her und übergab ihn Kerstin Holm und Sara Svenhagen.
    »Jetzt könnt ihr alles sehen, was dort drinnen geschieht«, sagte er und umarmte seine Sara.
    Sie erwiderte seine Umarmung und mahnte: »Geh bloß kein unnötiges Risiko ein.«
    Dann machte Chavez sich auf den Weg. Holm und Svenhagen setzten sich mit dem Laptop zwischen sich auf die Bettkante und sahen Chavez das Zimmer betreten, in dem Arto Söderstedt und Marina Ivanova bereits warteten.
    Söderstedt warf einen Blick auf seine Armbanduhr und sagte: »Noch fünf Minuten. Gutes Timing.«
    Chavez betrat das kleine Badezimmer, wo er einen weiteren Laptop aufklappte, den er auf der Kante des Waschbeckens platzierte. Auf dem Bildschirm erschien ebenfalls das Kamerabild. Jetzt konnte er sich im Bad aufhalten und alles beobachten, was auf der anderen Seite der geschlossenen Badezimmertür vor sich ging.
    Söderstedt half Ivanova, eine Kletterkonstruktion zu errichten, bestehend aus einem Stuhl mit Kissen sowie einer kleinen Leiter, die an der Wand hing. So konnte Ivanova zum hoch gelegenen Fenster klettern und relativ bequem auf den ehemaligen Gefängnishof hinausschauen, der inzwischen als Parkplatz für die Hotelgäste diente.
    Er half ihr auch hinaufzuklettern, reichte ihr die Taschenlampe und sagte: »Zweimal kurz, einmal lang.«
    »Danke, ich weiß Bescheid«, entgegnete Ivanova und nahm die Taschenlampe an sich.
    Söderstedt ging zu Chavez ins Bad und schloss die Tür hinter sich. Das Bild auf dem Bildschirm war sehr deutlich. Sie sahen Ivanova auf der Kletterkonstruktion balancieren, während sie sich mit der freien linken Hand am Fenstergitter festhielt. In der rechten hielt sie die Taschenlampe.
    Söderstedt blickte sich im Bad um. Eine gläserne Duschkabine mit Deckendusche, ein eleganter Badezimmerschrank, Vintage-Waschbecken, ein dezent blinkender Feuermelder an der Wand neben dem Badezimmerschrank und schließlich ein verchromter Handtuchhalter. So hatte die Toilette in all den Jahren, in denen das Gebäude als Gefängnis diente, vermutlich nicht ausgesehen.
    Sie standen jeweils an einer Seite des Waschbeckens und beobachteten auf dem Bildschirm des Laptops, wie Ivanova die Taschenlampe zum Fenster hinaushielt. Dann sahen sie die Dozentin mit der Lampe blinken.
    Zweimal kurz, einmal lang.
    Die Prozedur wiederholte sich ein paarmal, bis Ivanova geschmeidig von der Kletterkonstruktion herunterglitt und auf die Badezimmertür zuging.
    Sie öffnete sie und sagte: »Ich glaube, Sie sollten das Licht hier drinnen ausschalten. Und seien Sie so gut und beeilen Sie sich, wenn er kommt.«
    »Wir sind bereit«, entgegnete Söderstedt, machte das Licht aus und zückte seine Dienstwaffe.
    Ivanova schloss die Tür wieder.
    Söderstedt warf Chavez einen Blick zu, dessen Gesicht lediglich vom bläulichen Schein des Bildschirms erhellt wurde. Die Leuchtdiode des Feuermelders blinkte in regelmäßigen Abständen genau über Chavez’ Kopf.
    Chavez begegnete Söderstedts Blick und legte die Hand an sein Achselhalfter.
    Sie atmeten so lautlos wie möglich. Und sahen Ivanova in der kleinen »Einzelzelle« hin und her wandern.
    Die Zeit verging. Kein Geräusch, keine Bewegung. Nichts, außer Ivanovas Hin- und Herwandern.
    Stille.
    Dann gab der Feuermelder ein Geräusch von sich, einen kurzen Knall, der Chavez geradewegs ins Ohr dröhnte. Irgendeine Substanz drang mit voller Kraft aus dem kleinen Gerät heraus. Söderstedt sah Chavez im selben Augenblick umfallen, als auf der anderen Seite der Badezimmertür die Eingangstür zur »Einzelzelle« geöffnet wurde. Söderstedt selbst spürte, wie er auf dem Weg zur Tür urplötzlich erstarrte, wie er noch nie erstarrt war, und dann mit einem Mal erschlaffte, wie er noch nie erschlafft war.

Weitere Kostenlose Bücher