Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zorn: Thriller (German Edition)

Zorn: Thriller (German Edition)

Titel: Zorn: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
Vom Netzwerk:
Konturen erkennen.
    »Lassen Sie die Waffe fallen«, erklang plötzlich eine Stimme hinter seinem Rücken.
    Er senkte die Pistole, sodass der Lauf nach unten zeigte. Geradewegs in das dunkle Herz von Nasino. Dann ließ er sie fallen und drehte sich um.
    Viktor Larsson hielt ein Maschinengewehr mit Laservisier auf ihn gerichtet. Außerdem trug er eine Infrarotbrille, die er auf die Stirn hochgeschoben hatte.
    »Dort, wo Sie gerade stehen«, erklärte Larsson, »erhob sich der Mehlberg. Ich erinnere mich noch an Dedas Miene, als er mir von dem Mehlberg berichtete, von seinem ersten Ausflug quer über die Insel ans andere Ufer. Es war eiskalt, und er hatte vor, das absurd angehäufte Mehl mit Flusswasser zu mischen. Er hatte Faina versprochen, einen Versuch zu unternehmen. Ihre Füße waren über Nacht abgefroren, sie waren ganz blau, und als er zurückkam, waren nur noch ihre Füße übrig. Kapieren Sie? Der Rest ihres Körpers war aufgefressen worden.«
    »Ich kapiere«, entgegnete Söderstedt ruhig.
    »Tun Sie das wirklich?«, rief Larsson aus. »Ausgerechnet Sie? Schließlich waren es Leute wie Sie, die Deda und Faina hierher gebracht haben. Leute von Ihrem Typ.«
    »Sie dürften nicht gerade viel über ›meinen Typ‹ wissen«, entgegnete Söderstedt.
    »Gehen Sie«, befahl Viktor Larsson. »Wir müssen vom Ufer weg. Nicht, dass noch jemand auf die Idee kommt, von der anderen Seite aus zu schießen.«
    Sie gingen los. Söderstedt voran und Larsson, das Gewehr auf seinen Rücken gerichtet, wenige Meter hinter ihm.
    »Dort drüben stehen Stühle«, erklärte Larsson. »Und ein Tisch. Ich dachte, dass wir uns für einen Augenblick hinsetzen sollten. Um zu reden. Ich habe sogar russischen Wodka dabei, wenn Sie mögen.«
    »Das wäre gut«, antwortete Söderstedt.
    In einiger Entfernung standen in der Tat ein Campingtisch und zwei Campingstühle. Auf dem Tisch standen eine Flasche Wodka und zwei Gläser. Sowie eine Söderstedt wohlbekannte Tasche.
    »Setzen Sie sich«, forderte Viktor Larsson ihn auf. »Auf den rechten Stuhl.«
    Dieser stand, wie Söderstedt feststellte, ein Stück weit vom Tisch entfernt. Damit er ihn nicht würde umstoßen können. Sie nahmen Platz. Larsson hielt sein Gewehr in der rechten Hand, den Zeigefinger am Abzug, und schenkte mit der linken den Wodka in zwei Gläser. Dann reichte er das eine Söderstedt und nahm das andere selbst. Nicht für eine Sekunde ließ sein rechter Zeigefinger den Abzug los.
    »Sa wasche sdorowje«, sagte Viktor Larsson und erhob sein Glas.
    »Skål«, erwiderte Arto Söderstedt und erhob das seine.
    Beide nippten sie an ihren Getränken. Larsson registrierte Söderstedts Blick auf seine Waffe und erklärte: »Ja, ich habe ein Gewehr. Sie haben mir ja mein Messer weggenommen.«
    »Ich habe es in einen Müllcontainer geworfen«, entgegnete Söderstedt.
    »Ja, ja«, schnaubte Larsson. »Sie wissen ja, dass heute ein Jahrestag ist, nicht wahr, mein Polizeikommissar? Zwar kein runder, aber heute ist es genau siebenundsiebzig Jahre her, seit Deda von Nasino weggebracht wurde. Sie fragen sich bestimmt, was ich wohl vorhabe, oder?«
    »Nicht unbedingt«, antwortete Söderstedt. »Denn das ist kein besonderes Rätsel. Sie sind schließlich nicht gerade ein großer Denker.«
    »Also, ich bitte Sie«, rief Larsson empört aus. »Es geht um eine wichtige Frage. Wie kam es, dass alle Stalinisten, Maoisten und Trotzkisten weitermachen konnten? Wie haben diese antihumanistischen Gedankenmuster im Sozialismus weiterleben können, ohne durch ein Verbot wie beispielsweise das des Nationalsozialismus geächtet zu werden? Warum dürfen ausgerechnet sie weiter propagiert werden?«
    »Ich bin ganz Ihrer Meinung, dass es sich dabei um eine wichtige Frage handelt«, antwortete Söderstedt und nippte ein weiteres Mal an seinem Wodka. »Ich meine, sogar selbst ein recht ausgeprägtes Gespür für Empathiestörungen jeglicher Art entwickelt zu haben. Empathiestörungen finden sich bei überraschend großen Teilen der Linken, da bin ich ganz Ihrer Auffassung, Viktor. Denn ich habe mich selbst einige Zeit in gefährlicher Nähe zu dieser Art von Gedanken bewegt.«
    »Aber Sie haben sich nicht von Ihrer Formulierung distanziert, dass es in einer kapitalistischen Gesellschaft keine Unschuldigen gebe«, entgegnete Larsson. »Wenn man irgendwann einmal dieser Überzeugung gewesen ist, muss man Abbitte leisten.«
    »Sie sind schließlich selbst einmal dieser Überzeugung gewesen«, konterte

Weitere Kostenlose Bücher