Zorn: Thriller (German Edition)
sogar ein vollständiges Alarmsystem auf Nasino installiert.«
»Und es kann durchaus sein, dass er die Insel vermint hat«, meinte Chavez. »Zumindest teilweise.«
»Machen wir jetzt denselben Fehler noch einmal?«, fragte Svenhagen. »Hätten wir die Russen nicht doch besser informieren und sie mit ihrer schweren Artillerie anrücken lassen sollen?«
»Nein«, antwortete Söderstedt. »Das hier ist der Schlusspunkt. Er will es jetzt zu Ende bringen. Wenn er schwere Artillerie sähe, würde er abhauen. Wir müssen es genau so machen.«
»Und aus welchem Grund?«, fragte Svenhagen.
»Weil sowohl Larsson als auch ich einen Plan verfolgen«, antwortete Söderstedt und wich ihrem Blick aus.
»Und dein Plan dreht sich um das Schlauchboot?«, fragte Svenhagen.
»Ich fürchte schon«, antwortete Söderstedt. »Es handelt sich immerhin um eine verhältnismäßig große Insel, und sowohl das Boot als auch wir sind gut getarnt. Um uns zu entdecken, muss er sich schon anstrengen.«
»Du ahnst ja nicht, wie sauer ich auf dich sein werde, Arto, wenn dieser Larsson-Arsch irgendwo im Gebüsch liegt und auf unser Boot ballert.«
Arto Söderstedt lachte auf und strich Sara Svenhagen über den Arm. »Ihr kommt ja gar nicht mit«, entgegnete er.
»Wie bitte?«, rief Sara Svenhagen aus.
»Paul hätte mich nie allein herfliegen lassen«, erklärte Söderstedt. »Aber ich war auf seine Kontakte zur russischen Polizei angewiesen. Sie haben eine Gruppe von drei Personen zugelassen. Ich habe euch also lediglich als Geiseln benötigt. Aber ich lass euch gehen, sobald ihr mir geholfen habt, das Boot aufzupumpen. Ihr habt schließlich kleine Kinder. Ihr dürft gar nicht mitfahren. In der Opcop-Gruppe sind bereits zu viele Eltern von Kleinkindern getötet worden.«
»War es das, was du geplant hast, als du so lange bei diesem Militärarzt in Nowosibirsk gesessen hast?«, fragte Svenhagen.
»Du weißt, dass ich dich daran hindern werde, nicht wahr?«, sagte Chavez.
»Ich weiß, dass du es versuchen wirst«, entgegnete Söderstedt. »Aber das hier ist mein Baby. Er hat es schließlich auf mich abgesehen. Und ich werde derjenige sein, der ihn festnimmt. Nun kommt schon.«
Sie entfernten sich ungefähr zehn Meter vom Ufer, wo es zumindest einige Büsche gab, hinter denen man sich verstecken konnte. Tief gebückt näherten sie sich der Flussbiegung, und bald darauf wurde mitten im Strom eine Insel sichtbar.
Söderstedt zitierte: »›Ist dies Monte Christo?‹, fragte der Reisende mit ernster und von tiefer Sorge geprägter Stimme.«
Chavez schnaubte. Und dann waren sie angekommen. Sie konnten keinen Punkt ausmachen, von dem aus es nach Nasino hinüber näher gewesen wäre. Von hier aus musste die Überfahrt stattfinden.
Sie arbeiteten sich hinunter zum Fluss vor. Das Ufer war relativ leicht zugänglich; hier würden sie ein Schlauchboot zu Wasser lassen können. Auch wenn die Strömung ihnen extrem stark erschien.
Chavez zog das zusammengefaltete Schlauchboot aus seinem Rucksack. Svenhagen packte einen Druckluftbehälter aus. Und Söderstedt musste das Satellitentelefon aus seinem Rucksack nehmen, um an das zusammengeklappte Paddel zu gelangen. Das Aufblasen des Boots war innerhalb von zwei Sekunden geschehen, da der Druckluftbehälter extrem leistungsfähig war. Während Söderstedt versuchte, mit seiner brauchbaren Hand das Paddel aufzuklappen, warf Chavez ihm einen Blick zu.
»Lass nur«, sagte Söderstedt lediglich und schüttelte den Kopf.
»Ich werde nicht zulassen, dass du dich allein in dieses Boot setzt«, beharrte Chavez standhaft. »Und das hast du auch von Anfang an gewusst.«
Söderstedt richtete besonnen den Blick auf das Satellitentelefon, das auf einem mit Moos bewachsenen Stein lag. In dem Augenblick klingelte es.
Das Klingeln durchbohrte geradewegs die unwirtliche sibirische Abenddämmerung. Chavez war sich sicher, dass er es auf niedrigste Lautstärke gestellt hatte. Er erinnerte sich daran, dass er im Hubschrauber ganz bewusst den Schalter betätigt hatte. Er erinnerte sich außerdem daran, wie Söderstedt das Gerät entgegengenommen und es in seinem Rucksack verstaut hatte.
Während Sara Svenhagen erschrocken auf das Telefon starrte, betrachtete Söderstedt es mit äußerster Gelassenheit. Er richtete seinen Blick auf Chavez und fragte ruhig: »Darf ich rangehen?«
Chavez registrierte das Leuchten in Söderstedts Augen. Er war sich nicht sicher, ob er es schon jemals zuvor so stark gesehen hatte. Und
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