Zorn: Thriller (German Edition)
Gewahrsam. Die Personenschutzmaßnahmen werden weiterhin aufrechterhalten, schließen aber nun auch den Finanzier im Nachbarhaus mit ein.
Widmen wir uns nun dem soeben ausgeführten Auftrag. Die Tatsache, dass wir bei der Liquidation von Michael Dworzak auf derart starken Widerstand stießen, bedeutet eigentlich nur Gutes für den Plan B, der hiermit in Kraft tritt. Ws grenzenloser Fähigkeit, uns zu entfliehen, muss mit außergewöhnlichen Maßnahmen begegnet werden. Dementsprechend haben wir mit den Nachforschungen über eine Spezialeinheit begonnen, die es innerhalb der internationalen Polizeibehörde zu geben scheint – das Agieren des weiblichen Polizistenduos, mit dem wir in Andalusien konfrontiert wurden, lässt definitiv hohe polizeiliche Qualität vermuten. Kurzum, wir werden die Ermittlungsarbeit der besagten Polizeieinheit aus nächster Nähe verfolgen und ihr somit vorgreifen und W festnehmen können.
Da wir nun in die Schlussphase des Projekts eintreten, wird dies unser letzter Bericht sein. Wir werden uns in zwei Teams aufteilen, von denen eines offensiv und das andere defensiv agiert. Das defensive Team wird im Laufe des Tages auf dem Anwesen des Auftraggebers bei Morsiglia eintreffen. Das offensive Team wird ein Hauptquartier in Nizza einrichten und zwecks umfassender Überwachung zusätzlich ein paar Männer nach Den Haag beordern.
Wir werden unsere Nachforschungen über W natürlich mit unverminderter Intensität weiterbetreiben, doch aktuell besteht das Hauptziel darin, die Fortschritte der erwähnten Polizeieinheit zu verfolgen und Nutzen daraus zu ziehen.
Aufgrund der von uns durchgeführten Schutzmaßnahmen (und der erlittenen Verluste bei der Dworzak-Aktion, die im Übrigen in keiner Weise zulasten des Auftraggebers gehen werden) sind wir gezwungen, eine gewisse Anzahl weiterer Mitarbeiter zu verpflichten. Wir fügen hier ein zusätzliches Angebot für den Personenschutz des Finanziers im Nachbarhaus in Morsiglia an und erwarten umgehend eine mündliche Bestätigung. In unserer Branche herrscht zwar kein Mangel an fähigen Kräften, aber die Rekrutierung muss dennoch so schnell wie möglich initiiert werden.
Da wir uns in Kürze von Angesicht zu Angesicht gegenüberstehen werden, beenden wir unsere schriftliche Berichterstattung hiermit. Das Projekt UMI – Udo Massicotte Inkognito – kann als Erfolg verbucht werden, allerdings wissen wir nicht, ob W eventuell ahnt, dass der Auftraggeber gar nicht tot ist. Wahrscheinlich kann man aber davon ausgehen, dass in Ws Augen das Spiel zu Ende ist. Dass die Rache vollzogen wurde.
Zum aktuellen Zeitpunkt sind wir davon überzeugt, dass der Mensch, den die Sektion im Jahr 1979 erschaffen hat, sehr gefährlich ist. Zweifellos eine absolut kompetente Person, wenn nicht sogar »die perfekte Leitfigur«. Doch leider hat die Sektion die Kontrolle über sie verloren.
Wir können nur hoffen, dass das, was Sie jetzt gemeinsam mit Ihrem Finanzier Colin B. Barnworth erschaffen, von höherer Qualität sein wird.
Wir sehen uns in Kürze.
E 35
Den Haag, 31. Mai
Parallel zu einer grauenvollen Bildsequenz, die in einer Endlosschleife auf dem elektronischen Whiteboard lief, hallte ein aufgezeichnetes Telefonat durch die nachmittägliche Bürolandschaft. Einer der Telefonierenden war Paul Hjelm, auch wenn seine Stimme nur schwer wiederzuerkennen war. Laima Balodis’ Stimme hingegen klang vollkommen fremd:
Balodis: Sechs Tote.
Hjelm: Wovon zum Teufel redest du da?
Balodis: Sechs Tote und Miriam schwer verletzt. Hab ihr einen Druckverband am Kopf angelegt. Ich glaube nicht, dass die Kugel in ihr Gehirn eingedrungen ist, aber sie hat Knochensplitter aus dem Schädel geschlagen. Ich habe versucht, den größten wieder einzusetzen. Es blutet stark. Schick sofort einen Rettungshubschrauber. Ihr habt die genauen Koordinaten auf dem Handy. Man kann hier mit einem Hubschrauber landen.
Hjelm: »Sechs Tote«, das musst du erklären, Laima.
Balodis: Asterion war hier. Ich glaube, ich habe Christopher James Huntington ins Bein geschossen, aber ich bin mir nicht sicher. Ich weiß allerdings, dass er von hier weggefahren ist, denn ich habe ein Auto davonfahren hören.
Hjelm: Du glaubst also, dass du Christopher James Huntington ins Bein geschossen hast?
Balodis: Jawohl.
Hjelm: Was genau ist passiert?
Balodis : Michael Dworzak ist tot. Und sein Gärtner José auch. Sie haben die beiden erschossen.
Hjelm: Verdammt. Aber wer sind die anderen vier Toten?
Balodis: Wir
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