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Zorn: Thriller (German Edition)

Zorn: Thriller (German Edition)

Titel: Zorn: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
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Namen Watkin getauft, ›den Anführer aller Armeen‹. Und dann wurde aus ihm Watkin Berner-Marenzi. Wer hat mit einem solchen Namen schon etwas zu verlieren? Aber dann kam Udo, dieses Aas, auf die Idee, unsere gesamten Anstrengungen zu privatisieren. Und dem jungen Watkin die ganze Geschichte zu erzählen, um ihn auf seine Seite zu ziehen. Aber was wusste der geldgeile Udo schon von dem, was Pierre und Larsey und Andy und Dick erschaffen hatten? Ein Arzt für plastische Chirurgie? Er hat nicht begriffen, dass er die Waffe gegen sich selbst gerichtet hat, gegen uns alle.«
    In dem Augenblick wurde Sir Michael Dworzak der Kopf abgerissen. Man hätte den dumpfen Aufprall auf dem Boden hören können, wenn nicht ein ohrenbetäubender Lärm eingesetzt hätte. Salven aus Maschinengewehren pulverisierten den kleinen Schuppen. José fiel mit einem Ausdruck ewigen Erstaunens im Gesicht und mindestens zehn Kugeln im Körper um.
    Hershey und Balodis warfen sich auf den Boden. Hershey spürte, wie ein entsetzlich starker Schmerz ihre Existenz durchbohrte. Sie schaute zu Balodis hinüber, die reglos zwischen José und Dworzak auf dem Rücken lag, in einer riesigen Blutlache. Mühsam kroch Hershey auf die halb offene Tür zu. Auf der Lichtung registrierte sie eine Bewegung und schoss sofort. Ein Mann ging zu Boden, eingerahmt von aufblitzenden Mündungsfeuern der Maschinengewehrsalven wie von einem Heiligenschein.
    In dem Augenblick trat jemand auf Hersheys Pistole. Ihr Finger, der sich noch am Abzug befand, wurde am Boden festgeklemmt. Menschliche Schatten glitten in die Ruinen des Schuppens. Nur einer von ihnen bewegte sich nicht. Es war derjenige, dessen Fuß Hersheys Hand zu Boden drückte. Sie war gerade noch so weit Herr ihrer Sinne, um an dem in Militärkleidung steckenden Körper hinaufzuschauen bis zum Gesicht des Mannes. Es war ziemlich profillos, mit einer kräftigen Kieferpartie und einem stechenden Blick aus braunen Augen.
    Der Mann sagte höflich: »Seien Sie unbesorgt, liebe Frau, wir töten keine Polizisten.«
    In dem Augenblick erfasste Hershey eine Welle vollkommener Resignation. Nun war alles zu spät.
    »Zeit für ein Gespräch«, erklärte der Mann mit der kräftigen Kieferpartie ruhig. »Übernimmst du das hier, Greg?«
    Ein weiterer Mann in Militärkleidung tauchte auf und nahm Hershey die Waffe aus der Hand, nachdem der andere seinen Fuß angehoben hatte.
    Der Mann mit dem breiten Kiefer wählte eine gespeicherte Nummer auf seinem Handy und sagte dann: »Hier ist Chris. Die Hütte ist beschlagnahmt. Dworzak ausgeschaltet.«
    Der Mann, der sich Chris nannte, ging mit langsamen Schritten aus dem Schuppen und sprach weiter mit ruhiger Stimme in sein Handy. Hershey spürte, wie die Schmerzen sie bis an den Rand der Bewusstlosigkeit trieben. Sie schaute zu Balodis hinüber, die noch immer zwischen José und Dworzaks kopflosem Körper unbewegt in der Blutlache lag. Über Balodis standen zwei weitere Männer in Militärkleidung.
    Miriam Hershey glitt immer wieder in die Bewusstlosigkeit hinüber. In den wachen Momenten wirkte alles um sie herum merkwürdig verzerrt. Durch den Türspalt sah sie den Mann mit der kräftigen Kieferpartie wieder telefonieren, aber sie konnte nichts verstehen, in ihrem Inneren erklang eine eigentümliche schrille Musik.
    Sie lag auf dem rauen Holzfußboden in Josés Schuppen und sah, wie sich die Welt um sie herum veränderte, bizarre rote Farbnuancen und asymmetrische Formen tauchten auf. Mitunter sah sie, wie ihr Vater, der jüdische Kleinkünstler im Londoner East End, mit einem kleinen Mädchen an der Hand den Leuten in der U-Bahn fingerfertig die Portemonnaies entwendete. Dann wiederum sah sie eine junge schweißgebadete Frau mit einem Selbstmordgürtel um den Bauch geschnallt auf einen Marktplatz in Manchester zugehen, danach sah sie, wie dieselbe Frau den pechschwarzen nackten Körper eines jungen Mannes betrachtete, und schließlich war sie sogar wieder bei New Scotland Yard und öffnete ohne jede Vorsicht die Tür zum Zimmer eines Kommissars. All diese unverarbeiteten Erlebnisse drangen an die Oberfläche, um sich mit den restlichen Ungereimtheiten der Welt zu vereinen.
    Über ihr stand, die groben Stiefel rechts und links von ihrem Kopf, ein Mann mit Maschinengewehr und eisigem Blick. Höchstwahrscheinlich Greg, kam es ihr in den Sinn. Der Mann mit dem breiten Kiefer hatte ihr den Rücken zugewandt und sprach draußen vor dem Schuppen noch immer in sein Handy. Irgendwann

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