Zorn: Thriller (German Edition)
haben vier von Asterion, oder wie sie inzwischen verdammt noch mal heißen, umgenietet.
Hjelm: Was sagst du da, Laima? Ihr habt vier von denen umgenietet?
Balodis: Ja, vier Scheißlegionäre.
Parallel zu diesem außergewöhnlichen Dialog lief die Bildsequenz auf dem Whiteboard, die sowohl das Innere der vollkommen zerstörten Jagdhütte in den Bergen hinter Estepona in Andalusien zeigte als auch die Lichtung davor. Die lokale spanische Opcop-Gruppe hatte die Fotos aus wechselnden Perspektiven aufgenommen. Natürlich rief das Bild des enthaupteten Sir Michael Dworzak etliche entsetzte Reaktionen hervor, aber es war ein anderes Foto, dessen Anblick der Opcop-Gruppe am meisten Schwierigkeiten bereitete. Jedes Mal, wenn es vorbeiglitt, schien es, als würde sich der Luftdruck in der Bürolandschaft verändern. Das Atmen fiel plötzlich weitaus schwerer. Das Bild zeigte eine Person, die in einen Rettungshubschrauber befördert wurde. Auch wenn es schon extrem schwer auszuhalten war, Miriam Hershey mit einem Druckverband um den Kopf auf einer Krankenbahre zu sehen, war es dennoch weitaus erschütternder, die Gestalt im Hintergrund zu betrachten. Sie war von oben bis unten voll Blut, und in ihrer Hand hing immer noch eine Schusswaffe, von der halb geronnenes Blut tropfte. Aber das Gesicht von Laima Balodis bot den allerschlimmsten Anblick. Obwohl blutverschmiert, leuchtete es kreidebleich, und Laima sah vollkommen erledigt aus. Ihr Blick war irgendwohin weit in die Ferne gerichtet, und die Kombination aus absoluter Resignation und entsetzlichem Zorn, die wie ein Schatten auf ihrem Gesicht lag, war für den Betrachter nur schwer auszuhalten.
»Nun schalte es doch endlich ab!«, rief Jutta Beyer schließlich.
Angelos Sifakis ließ sich nicht lange bitten. Er stoppte die Bildsequenz unmittelbar. Im Raum breitete sich eine intensive dumpfe Stille aus.
Schließlich brach Paul Hjelm das Schweigen: »Wir müssen begreifen, womit wir hier konfrontiert werden.«
»Neuigkeiten aus dem Krankenhaus?«, fragte Marek Kowalewski.
»Miriam und Laima werden im Hospital Universitario Virgen de la Victoria in Málaga behandelt. Laima ist körperlich in Ordnung, ein paar Splitterverletzungen im linken Unterarm. Und Miriam wird nach wie vor operiert. Es ist immer noch unklar, ob Knochensplitter bis ins Gehirn vorgedrungen sind.«
»Verdammt«, rief Jutta Beyer aus.
»Und sie sind diesem Christopher James Huntington tatsächlich begegnet?«, fragte Marek Kowalewski.
»Es scheint, als hätten wir in dem Punkt recht gehabt«, antwortete Hjelm. »Im Augenblick deutet alles darauf hin, dass Asterion, oder wie wir dieses Sicherheitsunternehmen nennen sollen, sowohl von Udo Massicotte als auch von Sir Michael Dworzak beauftragt worden ist. Sie haben Massicotte geholfen unterzutauchen, indem sie seinen Selbstmord vorgetäuscht und sein Geld an einen sicheren Ort transferiert haben. Es war seine persönliche Art, dem Racheengel W zu entkommen. Etwas später hat auch Dworzak Asterion beauftragt, um Watkin unschädlich zu machen, allerdings deutlich panischer. Aber Massicotte hat ihn wohl ausgestochen. Offenbar sieht er gewisse Vorteile darin, dass Ws Aktionen die Wahrheit über die Sektion verschleiern. Deshalb durfte Dworzak nicht mit der Polizei sprechen und musste eliminiert werden.«
»Damit stehen wir vor einer Anzahl akuter Fragen«, sagte Arto Söderstedt. »Erstens: Wo befindet sich Udo Massicotte? Zweitens: Wo befindet sich W – ist er auf dem Weg zu Massicotte, weiß er also, was wir wissen, nämlich dass der Professor keineswegs tot ist? Drittens: Was ist das für eine Firma, die Massicotte auf der Basis der ehemaligen Sektion gegründet hat? Und viertens: Warum hat uns Asterion – und damit wohl Massicotte – diese vier Berichte zukommen lassen? Oder waren sie gar nicht an uns gerichtet?«
»Ich würde auch gerne noch die russische Frage hinzufügen«, sagte Angelos Sifakis, woraufhin ihn die anderen verblüfft anstarrten und er ergänzte: »Fünftens: Wo ist die Schwester, Vera Berner-Marenzi, und ist sie noch am Leben? Und in diesem Punkt haben wir tatsächlich einen Erfolg zu verbuchen. Ich habe nämlich ein russisches Sicherheitsunternehmen mit der Suche nach ihr beauftragt. Die arbeiten sehr viel schneller als die russische Polizei.«
»Ein russisches Sicherheitsunternehmen ist wohl gleichbedeutend mit der Mafia«, mutmaßte Hjelm.
»Wahrscheinlich«, pflichtete Sifakis ihm bei. »Es ist eine Gruppe ehemaliger
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