Zorn: Thriller (German Edition)
Furchtbar nervige Warteschlange.«
»Kehrt wieder um. Fliegt stattdessen nach Stockholm. Sie ist abgehauen. Wir versuchen in der Zwischenzeit mehr herauszufinden.«
»Oh«, rief Sara Svenhagen aus. »Das wird dauern. Ihr werdet es vermutlich schneller schaffen.«
»Nicht unbedingt«, entgegnete Holm. »Bittet Navarro, die Umbuchung zu koordinieren. Aber eine Frage noch: Wie hieß deine Kontaktperson im Institut in Göteborg?«
»Eigentlich war es keine Kontaktperson«, antwortete Sara Svenhagen. »Ich glaube, er saß am Empfang. Viktor Larsson.«
Holm und Chavez machten sich auf den Weg zum Institut für Philosophie, Linguistik und Wissenschaftstheorie. Am Empfang trafen sie auf einen etwa dreißigjährigen, etwas steif wirkenden Mann mit Brille.
»Viktor Larsson?«, fragte Kerstin Holm und zeigte ihm ihren Ausweis, während sie Chavez seitlich in einen Korridor verschwinden sah.
»Ja?«, fragte der Mann irritiert.
»Ich glaube, Sie haben schon mit meiner Kollegin Sara Svenhagen gesprochen«, erklärte Holm. »Hätten Sie sie nicht darüber aufklären müssen, dass Marina Ivanova heute zu einer Konferenz nach Stockholm reist?«
Viktor Larsson war völlig perplex und antwortete schließlich: »Wenn sie zu einer Konferenz müsste, würde ich es wissen.«
»Sie hat ihre letzte Vorlesung vorzeitig verlassen. Wissen Sie etwas davon? Autodidaktisches Arbeiten für die Studenten?«
Larsson schüttelte stumm den Kopf.
Da rief Chavez aus der Tiefe des Korridors: »Kerstin!«
Sie lief los und erreichte einen Raum, in dem alle Regale mit Büchern angefüllt waren und der dennoch nahezu klinisch rein zu sein schien. An der Tür hing ein Namensschild, »Marina Ivanova, Dozentin«. Chavez hatte bereits den Computer eingeschaltet. Das Gerät fuhr langsam hoch.
»Noch antiker geht’s wohl nicht«, brummte Chavez ungeduldig.
Die Wartezeit ermöglichte es ihnen, sich im Raum umzusehen. Chavez begann, diverse Schubladen herauszuziehen, während Holms Blick auf ein uraltes Buch mit französischem Einband fiel, das neben der beinahe ebenso alten Computermaus lag. Sie ergriff das Buch. Schlug es auf und atmete den unverkennbaren Geruch alter Bücher ein. Dann las sie: »Alexandre Dumas père. Le Comte de Monte-Cristo «.
Irgendetwas in ihr ließ sie vollkommen ruhig werden. Sie hielt Chavez das Buch hin, der mitten im Ausleeren einer Schublade innehielt. Ihre Blicke begegneten sich.
»Ja, verdammt«, rief Kerstin Holm aus und ging auf das Bücherregal zu. Zwischen diversen Lehrbüchern für Philosophie hoben sich einige Reihen mit einheitlichen Buchrücken ab, mindestens hundert identische Publikationen. Sie zog eine heraus und las auf der Titelseite über einem alten Kupferstich, der einen bärtigen ausgezehrten Mann zeigt, der an einem Gitter rüttelte: »Marina Ivanova«. Darunter stand in etwas größeren Buchstaben der Titel: Eiskalt, taub und stumm .
Auf der nächsten Seite folgte der Untertitel des Buches: »Die unbewusste revolutionäre Struktur im Grafen von Monte Christo «.
Kerstin Holm hielt Jorge Chavez die Titelseite hin.
Er verzog das Gesicht zu einer vielsagenden Miene und sagte: »Eindeutig ein Bestseller.«
Holm lachte auf.
Doch Chavez erklärte ungerührt: »Wenn dieser verdammte Computer endlich hochgefahren ist, wird er bestimmt durch ein Passwort geschützt sein, jede Wette.«
Holm machte sich auf den Weg, zurück zu Viktor Larsson am Empfang. Sein Erstaunen schien sich noch nicht ganz gelegt zu haben. Er stand da und starrte geradewegs ins Leere.
»Ich benötige das Passwort für Frau Ivanovas Computer«, sagte Holm.
»Es ist ein persönliches Passwort«, entgegnete Larsson unwillig.
»Außerdem muss es aber noch einen Zugangscode geben«, beharrte Kerstin Holm. »Für Administratoren.«
Viktor Larsson starrte sie mit leeren Augen an. »Es ist geheim«, antwortete er tonlos.
»Nicht für die Polizei. Nun kommen Sie schon.«
»PlatonSymposion«, sagte Larsson noch tonloser. »Großes P und großes S, keine Leerzeichen.«
»Doch nicht so ganz unüberwindbar, oder?«, meinte Kerstin Holm, bevor sie zurückrannte.
Als sie wieder in Marina Ivanovas Raum kam, stand Jorge Chavez neben der herausgezogenen untersten Schreibtischschublade und hielt etwas hoch, das wie ein blauer Stoff mit Löchern darin aussah. Kerstin Holm trat näher und befühlte ihn. Es war Wachstuch. Blaues Wachstuch durchlöchert von ausgeschnittenen Rechtecken. Sie zählte sieben.
In dem Augenblick war der Computer
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